Meine Strategie zur Online-Vernetzung (Stand: Anfang 2024)

Im Laufe des Jahres 2023 musste ich mir mehr und mehr eingestehen, dass mir meine Online-Vernetzung oft zu wenig war. Mir war es nicht gelungen, alle aus der früheren pädagogischen Twitter-Bubble ins Fediverse zu mobilisieren, wo ich nach dem Weggang von Twitter meine neue Online-Heimat aufbaute. Viele zogen sich – meiner Wahrnehmung nach – frustriert zurück, d.h. waren insgesamt einfach sehr viel weniger online aktiv. Manche versuchten es doch irgendwie weiter bei X. Das wollte ich definitiv nicht mehr. Andere registrierten sich bei Bluesky – und warben dann oft auch im großen Stil für einen gemeinsamen Umzug dorthin. Das wollte ich für mich nicht, weil ich nicht noch einmal den gleichen Fehler wie zuvor bei Twitter machen wollte. Andere wurden aktiver auf LinkedIn. Da hatte ich auch noch einen Account, den ich nutzte, aber nicht wirklich zufriedenstellend fand. Dann gab es noch viele ganz andere Plattformen wie Facebook, TikTok, Instagram und andere, wo ich nicht mehr aktiv war. Manche entdeckten Matrix-Channels, Signal- und Telegram-Gruppen, Reddit oder Newsletter. Als dann auch noch Threads auf der Bildfläche erschien (und eine Föderation mit dem Fediverse in Aussicht stellte), merkte ich, dass ich für mich erst einmal nachdenken musste …

Im Ergebnis sind hier jetzt meine Überlegungen und Aktivitäten, wie ich den Eindruck habe, dass ich (Stand Anfang 2024) eine persönlich und politisch vernünftige Online-Vernetzung für mich hinbekomme. Ob das so auch für dich passt, kannst nur du selbst entscheiden. Vielleicht kann dir meine Darstellung dabei ein bisschen helfen 🙂

Was habe ich überlegt?

Um zu entscheiden, was ich in Bezug auf meine Online-Vernetzung konkret tun sollte, war es mir zunächst wichtig, meine eigenen Anforderungen zu klären, mir dann ein Leitbild zur Orientierung zu entwickeln und schließlich eine realistische Einschätzung zur Gesamtsituation zu haben. Diese drei Vorüberlegungen kann ich sehr weiterempfehlen, wenn du auch für dich auf Strategiesuche bist.

1. Bedürfnisse klären

Am wichtigsten war für mich zunächst die Frage: Welche Online-Vernetzung möchte und brauche ich für mich? Ich wollte für mich herausarbeiten, ob es sich bei meiner Wahrnehmung des ‚zu wenig‘ einfach nur um ein diffuses Gefühl handelte, etwas zu verpassen, oder ob mir wirklich etwas fehlte.

Entscheidend zur Klärung waren meine berufliche Situation und meine weiteren Interessen. Ich arbeite freiberuflich als Pädagogin, setze mich auch außerhalb von bezahlten Aufträgen sehr viel für gute Bildung ein und lebe eine Kultur des Teilens. Vor diesem Hintergrund muss Online-Vernetzung für mich mehrere Funktionen erfüllen:

  • Inspiration: Die meisten Inspirationen für meine Aktivitäten erhalte ich über Online-Vernetzung. Ich scrolle durch Social Media Timelines, lese in Blogs, chatte in Messenger-Gruppen … Vieles davon geschieht nebenbei und fast unbewusst. Wenn ich aber vor Herausforderungen stehe, merke ich immer wieder, dass ich mich irgendwie daran erinnere, was irgendwer mal irgendwo gepostet hat … Die erste Herausforderung für meine Online-Vernetzung besteht also darin, dass ich viele, für mich relevante Inspirationen in relativ kurzer Zeit erscrollen möchte – und dabei im besten Fall auch noch Freude habe.
  • Einblicke: Ich habe das große Glück, dass ich sehr viel sehr selbstbestimmt arbeiten kann. Insbesondere kann ich häufig Themen z.B. für Lernangebote oder Online-Kurse vorschlagen. Und in meiner ehrenamtlichen Zeit kann ich ja ohnehin selbst entscheiden, worüber ich z.B. blogge. Das funktioniert dann gut, wenn ich spüre, dass etwas getan werden muss, dass Hilfe benötigt wird, dass es Fragen zu klären gibt … Daraus ergibt sich die zweite Herausforderung meiner Online-Vernetzung: Ich möchte schnell und komprimiert Einblicke bekommen, was im pädagogischen Kontext gerade so diskutiert wird, wo Herausforderungen liegen und was zukünftig relevant werden könnte. Social Media ist in diesem Sinne wie ein Seismograph, der natürlich in beide Richtungen funktioniert. Das bedeutet: Einblicke erhalte ich nicht nur dadurch, dass ich lese, was andere schreibe, sondern auch dadurch, dass ich etwas teile und schaue, auf welche Resonanz es stößt.
  • Team-Gefühl: Ich bin Solo-Selbstständige. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich alles allein mache. Im Gegenteil: Ich habe sehr viel mit anderen Menschen und Organisationen zu tun. Trotzdem findet sehr viel Arbeit einfach für mich statt: Ich schreibe Konzepte, entwickle Ideen, gestalte Bildungsmaterialien, blogge oder podcaste, nehme Videos auf … All das geschieht in den meisten Fällen allein an meinem Schreibtisch. Durch Online-Vernetzung habe ich aber das Gefühl, Teil eines (wenn auch diffusen) ‚Teams‘ zu sein. Dadurch, dass ich mitverfolgen kann, was andere gerade schreiben, womit sie sich beschäftigen oder auch wie sie prokrastinieren und dadurch, dass ich all das auch mit anderen teilen kann, fühle ich mich nicht allein, sondern als Teil eines Teams. Das sorgt für viel Motivation.
  • Intelligente Reichweite: Ich muss von meinen Aktivitäten leben können. Und meine bezahlten Aufträge erhalte ich zum allergrößten Teil über meine Online-Vernetzung. Darum bin ich auf eine gewisse ‚Reichweite‘ angewiesen. Für mich muss diese Reichweite aber gar nicht super groß sein. Stattdessen brauche ich ‚intelligente Reichweite‘. Es ist mir wichtig, dass die Menschen mich online finden, mit denen ich potentiell zusammenarbeiten kann. Und auch außerhalb der direkten Auftragsarbeit ist es mir wichtig, dass Menschen finden, was ich teile. Denn ich teile Inhalte, Ideen und Konzepte ja deshalb, damit sie für andere Relevanz entfalten können. Auch in diesem Fall geht es aber nicht um Masse, sondern um intelligente Reichweite, denn niemand muss etwas von mir finden, das für ihn gar nicht relevant ist …
  • Austausch: Bei meiner Online-Vernetzung, geht es mir um Vernetzung in beide Richtungen: Ich möchte also sowohl nehmen, als auch geben. Diese beiden Aspekte sind durch den Austausch miteinander verknüpft. Denn so kann ich zu Menschen Kontakt aufnehmen, Feedback geben, Fragen stellen, Antworten geben, diskutieren …

Beim Aufschreiben dieser Bedürfnisse ist mir bewusst geworden, dass mir meine Online-Heimat im Fediverse vieles davon bietet. Die Lücke, die ich empfinde, entsteht vor allem dadurch, dass viele pädagogische Akteur*innen, die mir wichtig sind, dort aktuell nicht oder nur wenig aktiv sind und dass Pädagogik dort insgesamt nicht so sehr als Thema stattfindet, wie ich mir das wünschen würde. Das liegt nicht am Fediverse, sondern daran, dass mir viele Menschen aus meiner früheren Pädagogik-Bubble fehlen. Oder ich bin einfach noch so zu wenig im Fediverse vernetzt und habe für mich potentiell interessante Accounts noch nicht gefunden.

2. Leitbild entwickeln

Bei der Frage der Online-Vernetzung kann man nicht nur individuell von sich selbst ausgehen, sondern muss auch den gesamtgesellschaftlichen Kontext berücksichtigen. Nötig ist also die Entwicklung eines Leitbildes im Sinne der Frage: Welche Art der Online-Vernetzung finde ich gesamtgesellschaftlich wünschenswert?

Ich kann hier das Gefühl sehr gut nachvollziehen, dass man sich gerne um all das Drumherum gar nicht kümmern will, sondern einfach nur eine Plattform finden will, auf der man sich mit Gleichgesinnten vernetzen kann … Aber so einfach kann man es sich aus meiner Sicht nicht machen. Denn die Art und Weise der Online-Vernetzung lässt sich nicht isoliert vom gesamtgesellschaftlichen Kontext betrachten.

Im Kern hat man hier zwei gegensätzliche Prinzipien zur Auswahl: Zum einen kann man sich für proprietäre, geschlossene Modelle entscheiden, die oft hohe Usability bieten und bei denen man Konsument*in ist und mit seinen Daten für eine ansonsten kostenfreie Nutzung bezahlt. Zum anderen kann man sich für offene und dezentrale Modelle entscheiden, die in eigener Verantwortung der Nutzer*innen gestaltet werden.

Für mich war die Antwort hier im Kern klar, darüber habe ich im letzten Jahr viel nachgedacht. Kurz zusammengefasst finde ich eine demokratische Gestaltung von Online-Vernetzung grundlegend für eine funktionierende Demokratie. Dazu braucht es Dezentralität und Offenheit, wie es im Fediverse umgesetzt wird. Mit Bluesky und Threads wurde die ganze Sache aber noch etwas komplizierter, denn beide Plattformen werben genau wie das Fediverse mit Offenheit und Dezentralität. Hier musste ich also einen genaueren Blick darauf werfen:

  • Bluesky ist angeblich Open Source und dezentral. Allerdings bleiben zentrale Bereiche (insbesondere die Art und Weise wie Nutzerdaten verwertet werden) geschlossen. Es fehlt also genau in dem wahrscheinlich wichtigsten Bereich an Transparenz und Mitgestaltungsmöglichkeiten. Und die versprochene Dezentralität ist immer noch nicht wirklich weitergekommen.
  • Threads stellt dagegen schon sehr konkret eine Föderation mit dem Fediverse in Aussicht, indem es das vorherrschende Schnittstellen-Protokoll des Fediverse nutzt. Allerdings geschieht das wahrscheinlich weniger, weil das Unternehmen Meta jetzt plötzlich das Herz für das Fediverse entdeckt hat, sondern eher, weil solch eine ‚Umarmungsstrategie‘ als einzig möglicher Weg gesehen wird, um ein Konkurrenz-Projekt, das sich nicht aufkaufen lässt, weil es allen gehört, aus dem Weg zu räumen. Mit einer Föderation könnte Threads so übermächtig werden und z.B. eine Weiterentwicklung der Fediverse-Software behindern oder irgendwann auch einfach die Föderation ‚kappen‘, was zu einer plötzlichen sehr großen Leerstelle führen würde, wovon sich das Fediverse vielleicht nicht wieder erholen würde. (Sehr gut und ausführlich ist das im Artikel How to kill a decentralised Social Network beschrieben.)

Das Fazit ist also: Wer das Prinzip der Offenheit und Dezentralität als Leitbild richtig und unterstützenswert findet, hat weiterhin nur das Fediverse zur Auswahl – auch wenn das zum Teil nicht mehr so direkt ersichtlich ist, weil ‚Openwashing‘ betrieben wird.

3. Realistische Einschätzung: Vielfalt akzeptieren

Nach der Klärung meiner Bedürfnisse und der Vergewisserung zu meinem Leitbild war mir schließlich noch ein ‚Realitätscheck‘ wichtig. Ich stellte fest, dass eine große Vielfalt der Plattformen und Dienste (auch solcher, die nicht miteinander kommunizieren können, wie es im Fediverse der Fall ist) auf absehbare Zeit in der pädagogischen Bubble Realität sein werden. Denn viele Akteur*innen hatten im letzten Jahr sehr unterschiedliche Entscheidungen für einen bestimmten Dienst oder eine Plattform getroffen – und in der Konsequenz findet pädagogischer Austausch aktuell oft isoliert voneinander auf unterschiedlichen Plattformen statt. Das bedeutete für mich konkret, mich von der Hoffnung zu verabschieden, dass alle direkt meinen Rufen ins Fediverse folgen und sich dort vernetzen würden 😉. Das Fediverse wächst zwar beständig, aber eben nicht so schnell, wie ich das gerne hätte. Ich habe im Fediverse sehr viele neue und spannende Kontakte gefunden, aber insbesondere viele aus dem pädagogischen Bereich haben sich auch erst einmal gegen das Fediverse entschieden …

Diesen Realitätscheck werden andere vielleicht ebenso, nur von einer anderen Plattform aus machen: Auch wer auf Threads, auf Bluesky oder anderswo aktiv ist, wird nicht mehr mit all den Akteur*innen von ‚früher‘ vernetzt sein …

Was habe ich für mich als Strategie entwickelt?

Nach dieser Reflexion war für mich klar: Angesichts der bestehenden Vielfalt bzw. Zersplitterung der pädagogischen Bubble, meines Leitbilds der Offenheit und der Dezentralität im gesamtgesellschaftlichen Kontext und meinen herausgearbeiteten Bedürfnisse, muss ich meine Online-Vernetzung selbst in die Hand nehmen. Eine ‚App‘ oder eine Plattform, die all das bietet, ist angesichts dieser Anforderungen weder wünschenswert noch möglich. Zugleich konnte ich aber auch nicht einfach nur so weitermachen, wie bisher, denn das reichte mir für meine Bedürfnisse nicht aus. Insbesondere fehlte mir der Kontakt zu vielen Menschen, die früher Teil meiner Online-Vernetzung gewesen waren und mir fehlte es an grundlegender pädagogischer Diskussion. Einfach aber noch ein ‚zweites Standbein‘ auf Bluesky oder Threads aufzubauen, kam aber auch nicht wirklich infrage, denn das wäre im Widerspruch zu meinem Leitbild gewesen. Außerdem habe ich auch nur begrenzt Zeit zur Verfügung. Und ob ich da wirklich finden würde, was ich suchte, wusste ich auch nicht.

Vor diesem Hintergrund habe ich mich für drei Aktivitäten entschieden, die ich nicht als abschließend betrachte, aber die für mich erst einmal hilfreich sind.

1. Gemeinsam mit verlässlichen Menschen und Organisationen das Fediverse weiter aufbauen

Mir erscheint das Fediverse weiterhin als die bestmögliche Art und Weise der Online-Vernetzung – sowohl gesamtgesellschaftlich als auch für mich individuell. Ich fühle mich im Fediverse auch ’sicher‘, weil ich mich für eine Instanz entschieden habe, zu deren Betreibern ich großes Vertrauen habe, deren Gestaltung von Moderation und ‚Regeln‘ ich richtig finde und die mir eine sehr sinnvolle Selbstgestaltung ermöglichen. d.h. mich selbst entscheiden lassen, mit wem ich mich vernetzen will sowie was mir angezeigt wird und was nicht.

Deshalb bleibe ich dabei, weiter für das Fediverse zu werben und bringe mich weiter aktiv ein. Dazu gehört auch, dass ich weiter an meiner dortigen Vernetzung arbeiten möchte und noch ein bisschen aktiver als bisher nach spannenden, pädagogischen Accounts suchen will. Zudem unterstütze ich auch weiter gerne alle beim Einstieg ins Fediverse, die daran Interesse haben. Dazu gehört die Erstellung von Online-Materialien wie diese Mikrofortbildung oder das Angebot von Sessions bei Barcamps. Außerdem gestalte ich meine eigene Online-Präsenz mit einem bewussten ‚Nudging‘ in Richtung Fediverse. Dazu gehört z.B. dass ich mein Mastodon Social Media Profil immer an erster Stelle prominent benenne oder dass die Beiträge auf meiner Website nur mit einem Account im Fediverse kommentiert werden können.

Ich fühle mich auf meiner jetzigen Instanz bei Digitalcourage sehr wohl. Perspektivisch überlege ich aber, mir auch eine eigene Instanz zu gestalten. Am liebsten wäre mir das gemeinsam mit einer Handvoll Menschen, mit denen ich sehr vertrauensvoll zusammenarbeite. Solche kleinen Instanzen basierend auf Vertrauen und persönlicher Beziehung erscheinen mir als sympathischste Perspektive zur Entwicklung des Fediverse – und somit kann ich das ja auch selbst für mich so in die Hand nehmen (Melde dich, wenn du dich angesprochen fühlst und Interesse daran hast 🙂)

Bei alledem bin ich mir zugleich im Klaren darüber, dass sehr viele trotzdem nicht den Weg ins Fediverse gehen werden (aus welchen Gründen auch immer). Deshalb braucht es auch Schritt 2 und 3.

2. Meinen eigenen ‚Vernetzungsdienst‘ via RSS gestalten

Ich habe das gute alte RSS für mich wieder entdeckt. Kurz gefasst funktioniert das so, dass ich mithilfe eines Feedreaders die Feeds (= die Inhalte) von Blogs, Podcasts, Newslettern und z.B. auch Bluesky-Accounts abonnieren kann. Immer wenn jemand etwas auf einer von mir abonnierten Plattform veröffentlicht, kann ich das in meinem Feedreader abrufen und dort lesen. Das funktioniert bisher wunderbar. Ich fühle mich nicht mehr ‚abgeschnitten‘ von Diskussionen, wie das vor einiger Zeit noch war. Und durch die Feedreader-Benachrichtigungen lässt sich ähnlich wie durch eine klassische Timeline scrollen. (Ich nutze Feedbin als Feedreader, weil offen, tracking- und werbefrei und mit schönem Layout und auch als App verfügbar. Das ist mir die knapp 5 Euro im Monat dafür wert. Es gibt aber auch viele kostenfreie Feedreader.)

Was ich von anderen für mich nutze, möchte ich natürlich auch für andere ermöglichen. Wer nicht im Fediverse ist, aber meinen Mastodon-Account dort gerne lesen will, konnte diesen ohnehin schon immer per RSS abonnieren. Das geht mit jedem Mastodon-Account. Vor allem aber habe ich meine Website so umgestaltet, dass Inhalte logisch in unterschiedliche Kategorien abrufbar und so auch per RSS abonnierbar sind. Gleiches gilt auch für meinen Newsletter, die Edumail, die natürlich weiterhin auch einfach per Mail abonniert werden kann.

Wenn Du RSS noch nicht kennst oder nutzt, dann kann ich dir sehr empfehlen, dir das Prinzip anzuschauen. Insbesondere, wenn du ‚Zersplitterung‘ als Problem empfindest, kannst du dir damit sehr leicht eine Art ‚eigene App‘ gestalten, die unterschiedliche Plattformen und Diskussionsstränge für dich zusammenführt.

3. Neues erkunden, Widersprüche aushalten und echte Beziehungen aufbauen

Die Verankerung im Fediverse und der Fokus auf RSS und meine eigene Website ermöglichen mir eine sehr große Gelassenheit, was weitere Plattformen und Dienste anbelangt. Ich habe mich (eher zufällig) auf Threads registriert, weil ich mir diese neue Plattform mal ansehen und die Verbindung ins Fediverse testen wollte. Bluesky ist inzwischen auch ohne Registrierung zugänglich und ich konnte mich dort erstmalig selbst umschauen. Mir haben diese Einblicke geholfen, dass ‚FOMO‘-Gefühl, das ich vorher doch immer mal wieder hatte, zu verlieren. Zukünftig hoffe ich über diesen Weg (= mal kurz reinschauen ohne selbst richtig aktiv zu sein, d.h. eher so wie ich aktuell LinkedIn nutze) die oben beschriebenen Einblicke und Inspirationen in pädagogische Diskussionen beim schnellen Durchscrollen zu bekommen. Ich weiß, dass das angesichts meines Leitbilds eigentlich ziemlich widerspüchlich ist, aber ganz ohne Widersprüche geht es zumindest bei mir wahrscheinlich nicht. Von Twitter habe ich mich allerdings sehr endgültig verabschiedet. Und eine ‚Bluesky‘-Timeline richte ich mir vielleicht auch als RSS-Schlagwort in meinem RSS-Reader ein.

Wichtig ist mir bei alledem, meine Verankerung im Fediverse und meine eigene Gestaltung als Grundlage zu behalten. Denn so kann es mir ein bisschen egal sein, ob nun Bluesky oder Threads das Rennen macht, ob manche der Plattformen doch wieder die Geschäftsstrategien ändern und unbenutzbar werden oder ob in der Twitter-Nachfolge doch noch etwas ganz anderes entsteht. Ich habe sowohl eine verlässliche Online-Heimat im Fediverse als auch über meinen RSS-Reader die Hoheit über meine weitere Vernetzung. Meine eigenen Inhalte stelle ich ohnehin immer auf auch meiner eigenen Domain ein. Außerdem habe ich eine klare Orientierung, für was ich mich grundsätzlich einsetze.

Übergreifend ist mir wichtig, dass ich mich mehr um den Aufbau und die Pflege von nicht nur flüchtigen Kontakten kümmere. Das ist etwas, was ich im Fediverse gelernt habe: Sehr viele Follower und Likes sind im Endeffekt sehr viel weniger zufriedenstellend, als wirklicher Austausch. Ich nehme mir in diesem Sinne z.B. vor, wieder mehr direkt auf Blogs zu kommentieren oder auch direktere Austauschmöglichkeiten wie Matrix oder Messenger zu nutzen. Ich freue mich in diesem Sinne sehr über das Vorhaben in der Lehrkräfte-Bubble wieder zu mehr Blogparaden aufzurufen. Vielleicht lässt sich so etwas ja auch noch ein bisschen mehr bildungsbereichsübergreifend gestalten oder auch im Erwachsenenbildungs-Kontext anstoßen. Unter anderem ‚der Linkshänder‘ hat hier bereits einen Aufschlag gemacht. Und vielleicht werden dadurch auch mehr Menschen neu oder wieder zum Bloggen ermutigt. Ich kann mir gut vorstellen, dass solch echter Austausch und intensivere Beziehungen das ‚Leere-Gefühl‘, das ich in Bezug auf die aktuelle pädagogische Online-Vernetzung empfinde, gut beheben lässt.

Fazit

Fürs erste scheint die Strategie ‚Fediverse-Aufbau + Erweiterung um RSS für mehr Vernetzung gegen Zersplitterung + mehr Erkunden und echter Austausch‘ für mich ein guter und praktikabler Weg in der Online-Vernetzung zu sein. Dabei gilt natürlich immer, dass diese ‚Strategie‘ ganz sicher nicht der Weisheit letzter Schluss ist, sondern ich daran sicher noch viel weiter erkunden und ausprobieren werde. Darum steht auch ganz bewusst: ‚Stand Anfang 2024‘ dabei 🙂

Ich freue mich über deine Gedanken zu dem Thema, Anregungen zum Weiterdenken und Austausch! Und wenn du einen RSS-Feed hast, der für mich spannend sein könnte, dann freue ich mich über einen Hinweis. Was ich zu Beginn abonniert habe, steht hier. Gleiches gilt, wenn ich dich im Fediverse vielleicht noch nicht gefunden habe, aber du pädagogisch aktiv bist.

Das Beitragsbild stammt vom OERcamp im Oktober 2022. Twitter war noch vorherrschend, aber die Vielfalt der Plattformen und Dienste bereits erkannt …

PS. Dieser Blogbeitrag hatte einen etwas mühseligen Entstehungsprozess. Darüber schreibe ich in diesem Beitrag in meiner neuen Kategorie ‚Hinter den Kulissen‚, in der ich Einblicke in den Prozess meines Lernen, Lehrens und Arbeitens gebe und meine Aktivitäten dadurch wie in einer Art Lerntagebuch für mich reflektiere.


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1 Kommentar

@nele Danke für diesen Text! Auf ihn werde ich in den nächsten Wochen bestimmt noch häufiger verlinken/hinweisen :)

2 Gedanken:
1) Beim Bereitstellen von Mastodon-/Fediverse-Instanzen sehe ich v.a. bestehende Verbände/Vereine 'in der Pflicht' – so ist a) das 'Publikum' bereits da und b) Resilienz gegeben (vgl. #TroetCafe gerade). Siehe z.B.:
https://dig-hum.de/aktuelles/ein-jahr-fedihumorg-die-mastodon-instanz-des-dhd-verbands-hat-geburtstag
(bin da Teil des Moderationsteams)

2) RSS-Feeds lassen sich seit kurzem super in die TL einbinden:
https://rss-parrot.net/

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