Zwei Übungen zum Prompting – seriös und quatschig!

Ich bin auf der Rückfahrt von Güstrow, wo ich heute als Referentin bei der insgesamt dreitägigen Medienakademie des Schabernack e.V. war. Das Thema lautete ‚Mensch, Maschine! KI in der Medienpraxis!‚. Die Veranstaltung richtet sich an Haupt- und Ehrenamtliche in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Mein Part war es, ganz zu Beginn in das Thema KI einzuführen und anschließend dann auch eine kritische Reflexion zu begleiten. Da ich weiß, dass die einladenden Kolleg*innen in M-V eine großartige Arbeit machen und dabei immer auch sehr experimentierfreudig sind, habe ich diesen Einstieg sehr interaktiv konzipiert.

In diesem Blogbeitrag möchte ich vor allem über meine Einführung zum Prompting berichten. Hier habe ich mit den Teilnehmer*innen sowohl eine ’seriöse‘ Variante mit viel Kollaboration ausprobiert, als auch eine eher quatschige Variante.

Einordnung

Ich finde, dass man in Einstiegsworkshops zu KI zu Beginn klären sollte, was überhaupt mit KI gemeint ist (= KI ist eher gesellschaftliches Narrativ, denn treffende technische Bezeichnung. In der aktuellen Debatte geht es vor allem um die neuen technologischen Möglichkeiten von großen Sprachmodellen.)

Eine so definierte KI lässt sich dann auf mehreren Ebenen betrachten: als Werkzeug für Lehrende, als Werkzeug für Lernende, als Impuls zur Veränderung der Lernkultur, als Lerngegenstand und als Teil von nötigem Bildungsaktivismus. Meinen eigenen Lernweg zu KI habe ich so begonnen, dass am Anfang Erkundungen – insbesondere mit ChatGPT – standen. Daraus ergaben sich dann die weiteren Ebenen und Reflexionen. Dies Art und Weise vom Erkunden zum Reflektieren zu kommen, kann ich sehr weiter empfehlen.

Für die am Anfang stehenden Erkundungen mit Sprachmodellen ist grundlegend, sich mit dem Prompting zu beschäftigen. In diesem früheren Blogbeitrag habe ich bereits dazu argumentiert, dass ich ein ‚Zauberspruch-Prompting‘ nicht für hilfreich erachte. Unter ‚Zauberspruch-Prompting‘ verstehe ich, dass bestimmte ‚Formeln‘ für gute Prompts isoliert gelernt und dann angewandt werden. Hilfreicher finde ich stattdessen, zu verstehen, warum Prompts auf solch eine Art und Weise am besten geschrieben werden – und auf dieser Basis dann auch seine eigenen ‚Formeln‘ für gute Prompts entwickeln zu können. Genau das habe ich mit den folgenden beiden Übungen versucht.

Übung 1: Trockenübung ‚kollaboratives Prompting‘

Um überhaupt zu verstehen, um was es beim Prompting geht, lohnt es sich sehr, mit dem folgendenVideo einzusteigen. Es geht darin noch gar nicht um KI, sondern erst einmal nur um die Frage, wie man eine präzise Anleitung für etwas schreibt. In dem Video fordert ein Vater seine beiden Kinder heraus, ihm eine genaue Anleitung für die Zubereitung eines Erdnussbutter-Marmeladen-Sandwich zu schreiben. Er führt nur genau die Handlungen aus, die auch in der Anleitung der Kinder drinstehen. Schnell wird deutlich, dass von vielen Sachen sehr intuitiv ausgegangen wird, also z.B. dass man erst den Deckel eines Gefäßes öffnet, bevor man das Messer reinsteckt.

Von diesem Video lässt sich ableiten, dass eine präzise Anleitung für eine Maschine all solche ‚blinden Flecken‘ berücksichtigen muss. Das gilt auch, wenn man Prompts für einen KI-Chatbot wie z.B. ChatGPT schreibt. Hier gibt es vor allem um inhaltliche blinde Flecken. Das bedeutet: ChatGPT kennt als Bot nicht den Kontext zu einer Anfrage, den wir selbst sehr selbstverständlich in unserem Kopf haben.

Die ‚Trockenübung kollaboratives Prompting‘ greift genau diese Herausforderung aus. Sie ist vom Brainwriting inspiriert, bei dem jede Person zunächst für sich Ideen aufschreibt, die dann in den weiteren Runden durch andere Personen kommentiert und so weiter qualifiziert werden.

Beim kollaborativen Prompting wird auf ähliche Art und Weise geschrieben und dann weitergegeben. Zunächst schreibt jede Person für sich auf, welche Herausforderung sie als Prompt an den Chatbot geben will. Das kann zum Beispiel die Gestaltung eines Workshopkonzepts, eine Einstiegsmethode für ein Lernangebot, ein Kochrezept ein inhaltlicher Text zu den Herausforderungen von KI in der Pädagogik oder irgend eine andere Herausforderung sein. Danach wird das Blatt weitergegeben – und die zweite Person liest sich die gewünschte Herausforderung durch und ergänzt, wo aus ihrer Sicht ‚blinde Flecken‘ sein könnten. Beispielsweise wären also Kommentare denkbar wie: für welche Zielgruppe genau soll es sein, wie lange soll es dauern, was genau soll die Ausgabe sein, welche Materialien stehen Dir dabei zur Verfügung … Für solch eine Kommentierung gibt es insgesamt drei Runden. In jeder Runde wird die Herausforderung weiter qualifiziert. Am Ende erhalten alle ihre ursprünglichen Zettel zurück und können nun praktisch testen, wie sie – mithilfe der Berücksichtigung der in dem kollaborativen Schreibprozess gefundenen ‚blinden Flecken‘ – zu einem guten Prompt, weil mit einer für sie hilfreichen Ausgabe kommen. Dazu geben sie ihren Prompt mit den dann folgenden Konkretisierungen als Prompts bei ChatGPT ein und beobachten, wie die Ausgabe auf diese Weise immer spezifischer wird.

Wir haben dazu die folgende Vorlage verwendet. Nutze sie gerne weiter. (Lizenz CC0 1.0 = es braucht keinen Lizenzhinweis)

Übung 2: Knick-Quatsch-Prompts

Im Anschluss oder auch unabhängig davon lohnt sich dann eine auch quatschige Betrachtung der Thematik. Diese ist inspiriert von dem Kinderspiel des Monstermalens mit ‚Knickbildern‘. Wahrscheinlich kennst Du das Spiel. Wenn nicht, hier eine kurze Anleitung: Eine Person startet, zeichnet den Kopf eines Monsters, knickt die eigene Zeichnung nach hinten und gibt an die nächste Person weiter. Diese zeichnet den Körper (ohne den zuvor gezeichneten Kopf zu sehen), knickt wieder um und gibt weiter. Es folgen noch Beine und Füße. Am Ende kann man das Blatt auffalten und sich über die entstandene Monsterfigur kaputt lachen. Sehr häufig entstehen nämlich tatsächlich sehr lustige, weil in ihren einzelnen Bestandsteilen so gar nicht zusammen passende Monsterfiguren …

Bei ‚Knick-Quatsch-Prompts‘ macht man im Kern das Gleiche – nur dass am Ende quatschige und oft auch sehr spaßige Prompts dabei herauskommen. Wir haben das Spiel heute in der folgenden Variante gespielt:

  1. Jede Person schreibt zunächst einen Satz mit ‚Ich möchte …‘ auf (z.B. ein Rezept für Weihnachtsplätzchen, eine Workshopmethode zum Einstieg, eine Erklärung zum Klimawandel …)
  2. Nach dem Umknicken und weitergeben, schreibt die nächste Person (ohne den ersten Satz zu kennen) weiter mit: Das Ziel ist … (z.B. anderen Menschen eine Freude zu machen, Teilnehmer*innen eines Workshops zu aktivieren, anderen einen guten Einstieg zu bieten …)
  3. Weiter geht es dann mit: Ein Beispiel könnte … sein. (Vanillekipferl, eine Vorstellungsrunde, das Buch xy …)
  4. Schließlich wird noch festgehalten, in welchem Format geschrieben werden soll (als Gedicht, als Liste mit 10 Punkten, als Text mit 400 Zeichen …)
  5. Abschließend kann noch irgend etwas weiteres ergänzt werden. Der Satzanfang lautet: Beachte dabei … (Beispiele wären: sehr freundlich formulieren, auch skeptische Menschen ansprechen, vegane Ernährung berücksichtigen …)

Anschließend wird der Zettel aufgefaltet, geht an die ursprüngliche Person zurück. Diese kann den Prompt bei ChatGPT oder einem anderen ChatBot eingeben. Der Output ist dann oft nochmals mindestens genau so lustig, wie der entwickelte Quatsch-Prompt.

Wie immer bei Quatsch ist das aber natürlich nicht nur Blödelei, sondern kann bei der Nutzung von KI-Chatbots sehr weiterhelfen:

  • Die Beteiligten erkennen durch den kollaborativen Prozess, was überhaupt alles an Angaben in einem Prompt möglich ist (Beispiel: ‚Das ist ja cool; ChatGPT kann ja auch in Reimform schreiben‘)
  • Die Beteiligten werden zu einer spielerischen Beschäftigung mit KI ermutigt und fangen einfach mal an, etwas einzugeben – und erleben, was dann passiert.
  • Die Beteiligten erleben Grenzen und Potentiale von KI, denn zum einen ist es oft erstaunlich, was ChatGPT auf solch einen eingegebenen Quatsch hin ausspuckt – und macht Lust auf weitere Erkundungen. Zum anderen ist es oft aber auch einfach ziemlich ‚dumm‘

Außerdem stecken gerade in Quatsch-Prompts oft auch richtig coole Ideen, die quasi nebenbei erschlossen und weiter verfolgt werden können.

Hier sind ein paar Beispiele, die heute entstanden sind:

Wenn Du Lust hast, kannst Du ja auch mal etwas davon für Dich bei ChatGPT eingeben. Hier ist z.B. das Pfannkuchen-Rezept als Lied für den Weltfrieden unter Berücksichtigung des Wetters ;-)

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Die beiden dargestellten Methoden sind nur ein Ausschnitt von dem, was ich heute gestaltet habe. Eingestiegen sind wir mit einem Kennenlern-Kartentausch zu KI-Zitaten, den ich hier beschrieben und inklusive weiternutzbarer Materialien geteilt habe. Für die Reflexion zu den Konsequenzen von KI in der Pädagogik habe ich diese vier Reflexionsanstöße in die Gruppe gegeben. (Wir haben dazu eine Art Gruppenpuzzle gemacht.

Für die kritische Reflexion am Nachmittag habe ich vor allem meine unter Ki-Orientierung veröffentlichten Widerspruchskarten genutzt. Hier ging es darum, in einem Entwicklungsprozess in Kleingruppen mithilfe einer bunten Mischung aus haptischen Methoden und Chatting mit ChatGPT zu konkreten Ideen zu kommen, wie mit ausgewählten Widersprüchen umgegangen werden kann, d.h. wie sie sich durch kluge pädagogische Tätigkeit konstruktiv auflösen lassen.

Außerdem noch ein Pro-Tipp für Zwischendurch: Ganz ausgezeichnet funktioniert dieser Prompt als Energizer nach dem Mittagessen.

„Schreibe mir eine Liste mit 10 Ideen für Bewegungen, die Teilnehmer:innen eines Workshops gemeinsam nach der Mittagspause machen können. Die Liste soll von sehr normal und einfach zu Beginn bis hin zu immer lustiger und auch kreativer am Ende sein. Es soll aber nicht zu anstrengend sein, so dass alle mitmachen können. Jede Bewegung soll nur 30-60 Sekunden lang dauern.“

Ich habe daraufhin diese wirklich nahezu perfekte Zusammenstellung bekommen, die wir dann heute gemeinsam genutzt haben:

Fazit

Aus meiner Sicht haben die dargestellten Methoden sehr gut funktioniert. Vielen Dank an die Kolleg*innen in MV für die Einladung! Jederzeit gerne wieder :-)
Und wenn Du jetzt Lust bekommen hast, diese Methoden oder auch Abwandlungen und Weiterentwicklungen davon einmal in eigenen Lernangeboten auszuprobieren, dann wünsche ich Dir dabei viel Freude und Erfolg. Berichte dann gerne, was Du für Erfahrungen damit machst.

Einen Tipp nehme ich vom heutigen Tag für mich auch noch mit (Danke, Uwe!) und teile ihn direkt auch gerne weiter: Via gandalf.lakera.ai kann man mit Gandalf chatten, der den Auftrag hat, ein Passwort geheim zu halten. Es gibt mehrere Levels. Zu Beginn lässt sich das Passwort noch relativ leicht herausfinden. Mit jedem Level wird es schwieriger. Man lernt dabei vor allem, dass man nicht einen anderen Menschen überzeugen, sondern eine Maschine überlisten will.


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