So nutze ich ChatGPT zum Lernen und Arbeiten

Ich schreibe den folgenden Blogbeitrag als Momentaufnahme Mitte Februar 2023 und bewusst nicht als Anleitung im Sinne von ‚Die 10 besten ChatGPT Hacks zum Lernen & Arbeiten‘. Stattdessen möchte ich über meine bisherigen Erfahrungen mit diesem KI-basierten Sprachmodell berichten und zugleich darüber reflektieren. Ich bin mir bewusst, dass das eine eher banale Ebene der Reflexion über KI ist – und es sehr viele große und grundsätzliche Fragen dazu gibt. Für mich beginnt Auseinandersetzung mit relativ neuen Themen und Technologien aber oft erst einmal sehr konkret durch eigenes Erleben, Erkunden und Ausprobieren …

Was für mich gut funktioniert …

ChatGPT wurde im November 2022 veröffentlicht. Zu Beginn habe ich das Tool einfach neugierig und eher als Spielerei nebenbei ausprobiert. Mehr und mehr merke ich inzwischen aber, dass sich Nutzungsroutinen in meiner täglichen Arbeit etabliert haben, bei denen ChatGPT selbstverständlich in einem Tab auf meinem Laptop mit dabei ist – und bei denen ich den Eindruck habe, dass mir das beim Lernen und Arbeiten hilft – ganz besonders in den folgenden 6 Bereichen:

1. ‚Erster Schritt‘-Unterstützung

Die wichtigste und wahrscheinlich häufigste Verwendung des Tools ist bei mir für eine Unterstützung für den ersten Schritt. Wenn ich bei einer Herausforderung noch nicht weiß, wie ich sie angehen soll, dann hilft es fast immer, bei ChatGPT nachzufragen. In den allermeisten Fällen ist in der erhaltenen Antworten nichts dabei, was ich übernehme oder weiternutze, aber es wirkt ganz wunderbar als eine Art Initialzündung bzw. Anschupser für den eigenen Denkprozess. Diese ‚Erster Schritt‘-Unterstützung klappt eigentlich bei fast allen Herausforderungen, die bei mir auf dem Schreibtisch liegen und mit denen ich neu beginne: ein Konzept schreiben, einen Blogbeitrag formulieren, eine Mail schreiben … Mein Vorgehen sieht so aus, dass ich die jeweilige Herausforderung an ChatGPT weitergebe, die Antworten lese – und dann selbst anfange :-)

2. Zusammenfassungen

Richtig gut finde ich ChatGPT darin, mir Zusammenfassungen zu einem Thema zu liefern. Oft benötige ich zum Beispiel eine kurze Zusammenfassung zu einer Methode oder eine Übersicht über mehrere Schritte in einem bestimmten Konzept. Ich benötige so etwas kurz zusammengefasst, weil ich es kurz und prägnant in einem Beitrag aufnehmen will oder auch auf Folien für Präsentationen.

Mein Vorgehen sieht hier so aus, dass ich ChatGPT entweder direkt danach frage. Das mache ich in den Fällen, in denen ich das gesuchte Thema sehr gut kenne und deshalb sofort sehe, wenn ChatGPT Blödsinn dazu zusammen würfelt und ich noch einmal nachhaken muss. Im anderen Fall und oft besser funktionierend gehe ich so vor, dass ich irgendwo im Netz eine ausführliche Darstellung suche, diese dann in den Chat reinkopiere mit der Aufforderung, diesen Text möglichst kurz und übersichtlich zusammenzufassen. Manches muss ich dann noch etwas anpassen, aber vieles kann ich auch direkt übernehmen.

3. Mini-‚Programmierung‘

Ich habe schon lange viel Spaß mit Code-Schnipseln rumzuspielen und ‚Mini-Tools‘ zu erstellen. In diesem Bereich finde ich ChatGPT sehr hilfreich – wohl wissend, dass das keine ‚richtige‘ Programmierung ist und der erhaltene Code durchaus auch suboptimal sein kann. Ich habe über diese Nutzungsvariante hier ausführlicher gebloggt. Kurz gefasst gehe ich so vor, dass ich im Chat beschreibe, was ein gewünschter Code machen soll und dass ich eine Umsetzung als HTML-Website möchte. Den erhaltenen Code kopiere ich dann zu Glitch oder Github und schaue mir an, ob der ChatGPT-Vorschlag so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe. Wenn nicht, dann konkretisiere ich den Prompt noch weiter. Damit das Ergebnis etwas schicker aussieht, verbinde ich den Code noch mit dem PicoCSS oder einem anderen CSS-Framework und passe auch den Code dahingehend an. Oft muss man auch noch Eingabefelder oder andere Texte anpassen. Dabei habe ich dann den Eindruck, dass es manuell schneller geht, als wieder und wieder zu chatten. Aber den ersten großen Teil kann ich wie gesagt meist direkt übernehmen.

(Ich bin früher ohne ChatGPT sehr ähnlich vorgegangen. Damals habe ich z.B. einen Code-Schnipsel für einen Zufallsgenerator im Internet gesucht. Dann musste ich aber danach erst noch mühsam meine eigenen Sätze, die bei der Zufallsanzeige genutzt werden sollen, Schritt für Schritt übertragen. Jetzt bekomme ich mit dem Prompt „Zufallsgenerator für die folgenden 20 Sätze …“ alles fertig angezeigt)

4. Aha-Effekte

Ich habe manche Sachen, die ich mir nie richtig merken kann. Zum Beispiel, wann ich in einem Code einen Backslash vor einen Link setzen muss und wann nicht. Oder wie man ein bestimmtes Wort schreibt und wie nicht. Oder was noch einmal der Unterschied zwischen x und y war. Das sind in fast allen Fällen Banalitäten, die fast zu nichtig sind, um sie aufzuschreiben. Früher hätte ich das im Internet recherchiert – und dann direkt danach wieder vergessen. Wenn ich ChatGPT ohnehin gerade geöffnet habe, kann ich so etwas jetzt am besten als Vergleich in einen Chat posten. Und dazu die fragende Aufforderung stellen, welche der beiden Varianten richtig sei und warum. Die Antworten waren bis jetzt immer zufriedenstellend – und ich habe den Eindruck, dass eine erhaltene erklärende Antwort dann eher zu einem Aha-Effekt bei mir führt und ich mir das dann besser merken kann – und das nächste Mal dann nicht wieder direkt nachschauen muss.

5. Brainstorming

Ich gestalte immer wieder Methoden oder schreibe Texte, für die ich eine ‚Liste‘ von bestimmten Sachen brauche. Zum Beispiel Personas für ein Design Thinking Projekt, Checkout Fragen für einen Workshop oder Begriffe, die mit Bildung und Digitalisierung zu tun haben für ein Kennenlernspiel. Für all solche Herausforderungen nutze ich ChatGPT als Tool, welches mit mir gemeinsam brainstormt. Ich frage im Chat also z.B. nach möglichen CheckOut Fragen. Was ich angezeigt bekomme, bringt mich auf weitere Ideen. In den meisten Fällen kopiere ich nichts direkt (nur ca. 1 von 10 Fragen scheint mir direkt brauchbar), aber immer wenn ich im eigenen Brainstorming nicht weiterkomme, schreibe ich ’10 weitere Möglichkeiten‘ o.ä. in den Chat – und kann daran dann direkt weiterdenken.

Sehr cool funktioniert das für mich übrigens, wenn ich als Prompt zu einer Fortsetzung einer von mir begonnenen Liste auffordere. Dann erhalte ich direkt Vorschläge, die in mein aktuelles Schreibmuster passen – und die dann sehr einfach anpassbar sind.

6. Selbstüberprüfung

ChatGPT ist ja gut darauf trainiert, relativ klug klingende und sinnvoll formulierte Texte vorzuschlagen. Oft merkt man dann erst beim nochmaligen Lesen, dass das inhaltlich nur ziemlich viel heiße Luft ist … Vor diesem Hintergrund nutze ich ChatGPT nun häufig zur Selbstüberprüfung meiner eigenen geschriebenen Texte. Das bedeutet: Ich gebe meinen Text in den Chat ein – mit der Aufforderung, ihn besser zu formulieren. Ich erhalte dann einen Vorschlag darauf, der sich in den meisten Fällen tatsächlich besser liest – und den ich dann Schritt für Schritt nutzen kann, um meinen eigenen ursprünglichen Text zu überprüfen. Konkret schaue ich mir also an, was die Alternative von ChatGPT ist – und überlege dann, ob das tatsächlich eine auch inhaltlich treffendere Formulierung ist bzw. warum ich das ursprünglich anders formuliert hatte. In den meisten Fällen komme ich dann zum Schluss, dass mein eigener Text zwar vielleicht ’schwerfälliger‘ klingt, aber inhaltlich deutlich besser das enthält, was ich aussagen will – und ich kann durch die erfolgte Selbstüberprüfung für mich dann auch besser begründen, warum ich etwas so und nicht anders geschrieben habe bzw. was mir an diesem Text besonders wichtig ist. Diese Nutzungsvariante kommt bei mir vor allem zum Einsatz, um z.B. Workshopbeschreibungen oder ähnliches gegen zu checken und für mich stimmig zu formulieren.

… und was für mich nicht funktioniert

Neben all diesen positiven Erfahrungen kann das Tool auch oft Bremsklotz statt Booster sein. Ich finde es wichtig, auch darüber bewusst zu reflektieren – wenn man zu einer guten und hilfreichen Nutzung gelangen will. Mir fallen vor allem diese drei Aspekte manches Mal schwer.

  1. Ich verbringe zuviel Zeit mit dem Tool. Ich finde Ausprobieren und spielerisches Erkunden sehr wichtig. Immer mal wieder merke ich aber, dass ich zu viel Zeit für irgendwelchen Blödsinn aufwende – und dann danach denke: „Das hätte ich mal besser schnell selbst gemacht.“
  2. Ich nehme das Tool zu wichtig: Ich habe ChatGPT nach mir bekannten Personen aus meinem Netzwerk und auch über mich selbst befragt – und war dann an manchen Stellen fast beleidigt, was das Tool für einen Blödsinn zusammenschreibt. Mit etwas mehr Abstand ist das ziemlich albern – vor allem, wenn man merkt, wie schnell man das Tool austricksen kann und es irgend etwas zusammen fabuliert. Vor allem fällt mir dann auch auf, dass es deutlich spannender wäre, sich damit auseinanderzusetzen und darüber nachzudenken, was Menschen aufschreiben, die damit ein Anliegen verbinden – als mit irgendwelchen zusammengewürfelten Textschnipseln.
  3. Ich lasse mich verwirren: Das passiert mir inzwischen nicht mehr so häufig, wie im Anfang, aber es kann immer noch passieren, dass meine erste Reaktion auf eine Antwort im Chat ist: ‚Oh, das klingt ziemlich gut.‘ Erst danach merke ich dann, dass es vielleicht gut klingt – aber inhaltlich doch sehr mittelmäßig ist ;-)

Und Du?

Vielleicht hast auch Du Lust von Deinen Erfahrungen mit ChatGPT oder anderen KI-basierten Tools zu berichten. Ich bin neugierig, wie das gemeinsame Lernen dazu weitergeht.


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3 Kommentare

@nele Danke für die Anregungen. Punkt eins u zwei teile ich. Texte modalirisieren und zuspitzen lassen bringt zuweilen interessante Ergebnisse.Prosatexte erscheinen mMn eher auf dem Niveau von 5. Klasse.