Kontext-Prompting: Wer x mag, dem könnte auch y gefallen!

Letzte Woche habe ich für Kolleg*innen in Hessen einen Online-Vortrag zu verändertem Lehren, Lernen und Prüfen gestaltet. Ein Teil davon war eine Murmelrunden-Phase als ‚Inspirationsdusche‘ zu Praxisideen zu diesem Thema. Die Teilnehmer*innen konnten sich diese per Zufall anzeigen lassen und dann mit Kolleg*innen darüber ins Gespräch kommen. Die Website dazu findest Du hier. Die angezeigten Praxisideen habe ich überwiegend mit ChatGPT generiert und dann nur noch leicht angepasst, was ich auch transparent dargestellt habe. Vor diesem Hintergrund meinte einer der Teilnehmer im abschließenden Feedback, dass die angezeigten Ideen trotzdem eigentlich mehr wie Nele und weniger wie ChatGPT gewirkt hätten. Daraus ergab sich dann die Frage, wie so etwas gelingt. Mein Vorgehen dazu möchte ich gerne in diesem Blogbeitrag erklären.

(Mir erscheint es inzwischen recht normal, so vorzugehen und somit ist der Inhalt dieses Beitrags wahrscheinlich auch für viele andere nichts Besonderes bzw. Überraschendes. Ich finde es aber hilfreich, auch immer wieder für sich selbst zu reflektieren, welche Praktiken man sich bei der Nutzung von Tools wie ChatGPT angewöhnt hat und warum. Dazu kann so ein Aufschreiben ja gut helfen. Und vielleicht ermutigt es andere ebenfalls, von ihren Erkundungen zu berichten.)

ChatGPT benötigt Kontext

Sprachmodelle wie ChatGPT werden darauf trainiert, Muster in großen Datenmengen zu erkennen und darauf aufbauend zu einem eingegebenen Prompt die wahrscheinlich am besten passenden Antworten zu generieren. Wir kennen solche Funktionen wahrscheinlich alle von anderen Online-Anwendungen, bei denen angesichts eines bestimmten Verhaltens versucht wird, eine möglichst gut passende Anzeige zu generieren. Wenn ich zum Beispiel bei Amazon ein bestimmtes Produkt in den virtuellen Einkaufswagen lege, dann werden mir weitere Produkte vorgeschlagen, die andere Käufer*innen dieses Produkts interessiert hatten. Wenn ich mir bei Youtube ein bestimmtes Video anschaue, dann erhalte ich Vorschläge für Videos, die für andere Zuschauer*innen dieses Videos ebenfalls interessant waren. Und wenn ich in der TikTok Timeline immer bei den Rezepte-Hacks hängen bleibe, dann wird meine ‚For You‘ Page bald aus noch viel mehr Rezepte-Hacks bestehen … Technisch gesehen gibt also immer ein großes Cluster mit bestimmten Inhalten, die eng miteinander zusammenhängen. Und wenn ich einen dieser Inhalte herausgreife, ist es einfach, mir auch andere aus diesem Cluster dazu passend anzuzeigen.

Dieses Prinzip ‚Wer x mag, dem könnte auch y gefallen‘, lässt sich auch beim Prompting mit ChatGPT nutzen. Allerdings ist es dazu erforderlich, im Prompt den Kontext herzustellen, der bei den skizzierten anderen Online-Anwendungen durch die direkte Nutzer*innen-Interaktion geschieht. Bei ChatGPT muss ich das in den Prompt aufnehmen.

Drei Möglichkeiten zur Kontextualisierung

Es gibt sicherlich sehr viele Möglichkeiten, wie sich solch ein Kontext herstellen lässt. Ich mache mit den folgenden drei Wegen gute Erfahrungen.

1. Kontext als Keywords: Mir ist xy wichtig. Was schlägst Du vor?

In dieser ersten Variante der Kontextualisierung versuche ich, im Prompt mithilfe von gut gewählter Schlagwörter deutlich zu machen, was mir wichtig ist. Anstatt also z.B. zu schreiben: Gestalte eine Liste mit 10 Ideen für digitales Lernen in der Erwachsenenbildung, würde ich meinen Kontext voranstellen. Das könnte z.B. so aussehen: Mir ist selbstgesteuertes Lernen, Kreativität und Kollaboration beim Lernen sehr wichtig. Gestalte eine Liste mit 10 Ideen für digitales Lernen in der Erwachsenenbildung. Wenn ich merke, dass die Liste immer noch nicht wirklich passt, kann ich mit weiteren Schlagwörtern beliebig ’nachprompten‘ und verfeinern.

2. Kontext als Alternative: Was wäre ähnlich wie …?

Eine weitere Möglichkeit ist es, eine bestimmte Methode oder ein Thema aufzugreifen und dann nach Alternativen zu fragen, die so ähnlich sind. Das geht gut in zwei Schritten. Also zum Beispiel: Was ist die Marshmallow Challenge?. Und wenn dann als Ausgabe korrekt kommt, dass es eine Kreativitätsmethode zum Einstieg ist, die vor allem auch viel Kollaboration erfordert, könnte ich weiter fragen: Was wären ähnliche Ideen, wie die Marshmallow Challenge, die ich zum Einstieg in einen Workshop machen könnte? Schreibe eine Liste mit 10 Ideen‘. Ich bekomme dann nicht allgemein eine Sammlung an Einstiegsmethoden, sondern sehr spezifisch Methoden, die ähnliche Intentionen verfolgen, wie die Marshmallow-Challenge bzw. ebenso spielerisch sind.

(Spätestens jetzt merkst Du auch, dass ich Listen als Ausgabe von ChatGPT sehr gerne mag. Das ist für mich am hilfreichsten, um schnell viele Ideen vor mir zu haben, die ich dann weiter entwickeln kann.)

3. Kontext als Ergänzungsaufgabe: Hier sind drei Einträge in einer Liste zu xy. Ergänze die Liste um weitere 10 passende Einträge.

Im oben geschilderten Fall des Online-Vortrages, zu dem ich eine Liste mit Praxisideen für einen Zufallsgenerator brauchte, habe ich eine dritte Variante zur Kontextualisierung genutzt. Und zwar habe ich zunächst selbst drei erste Einträge aufgeschrieben, die mir zu verändertem Lehren, Lernen und Prüfen wichtig sind. Der anschließende Prompt lautete dann: Hier sind drei Einträge zu diesem Thema. (…) Schreibe weitere 10 dazu passende Einträge.

Wenn ich merke, dass die Einträge ungefähr in die richtige Richtung gehen, prompte ich gar nicht mehr genauer nach, sondern lasse mir eine große Anzahl von Vorschlägen generieren, d.h. fordere immer wieder 10 weitere Listeneinträge an. Alles, was nicht passt, sortiere ich dann später aus. Mit dem Rest konnte ich in diesem Fall meinen Zufallsgenerator gestalten, aber die Vorschläge lassen sich natürlich auch auf viele andere Arten weiternutzen.

Dieses Verfahren hat den großen Vorteil, dass für die Listeneinträge nicht nur inhaltliche Passung/ Nähe erreicht wird, sondern auch das Format der Einträge so gestaltet ist, wie ich es mit den ersten drei Einträgen vorgegeben habe.

Fazit: ChatGPT als Werkzeug

Das war ein Blogbeitrag, in dem ich darüber reflektiere, wie ich ChatGPT als Werkzeug in meiner Arbeit nutze. Natürlich ist das nicht die einzige Ebene, die bei der Reflexion über ChatGPT und anderen Sprachmodellen in der Bildung wichtig ist. Weitere für mich wichtige Ebenen sind die Betrachtung als Lerngegenstand, als Lernkulturveränderungsimpuls und auch als Teil von nötigem Bildungsaktivismus. Darüber habe ich in anderen Blogbeiträgen geschrieben.

Das Beitragsbild ist mit dem Bildgenerierungstool Midjourney generiert („a person writing a prompt for chatgpt sketchnote style –ar 16:9“ – mit ein paar Anläufen und Variation beim Hintergrund). Ich gebe es gerne unter CC0 1.0 frei.


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2 Kommentare

@nele Liebe Nele, Danke für deinen tollen Beitrag Ich mache das praktisch genau so wie du das beschreibst. Ich finde ChatGPT als Sparringpartner in der Ideenentwicklung echt brauchbar. Spannend finde ich außerdem, dass ich damit z.B. auch Gegenargumente aus bestimmten Sichtweisen erzeugen lassen kann. z.B. Agiere als Controller / Bedenkenträger / Vorgesetzter / Elternteil / … und versuche Argumente zu finden, die gegen meinen Ansatz sprechen.

@nele Danke für diesen klugen Beitrag, wie mit dem Prompting-Prozess ungegangen werden kann – bisher fühlte ich mich da eher hilflos wie ein Ochs vorm Scheunentor, weil meine Prompts für mein Empfinden unterkomplexe Ergebisse zur Folge hatten !

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