Geschäftsmodell des Teilens – konkret

Bereits im Dezember letzten Jahres habe ich über das Geschäftsmodell des Teilens gebloggt, nach dem ich im eBildungslabor arbeite. Hier gelangst Du zu diesem Blogbeitrag. Kurz zusammengefasst bedeutet Geschäftsmodell des Teilens, dass ich Ergebnisse meiner Arbeit offen (d.h. unter einer Creative Commons Lizenz) allen Interessierten zur Verfügung stelle. Das hat aus meiner Sicht den großen Vorteil, dass von einem Auftrag nicht nur die jeweils auftraggebende Organisation profitiert, sondern potentiell viel mehr Menschen. Denn alle können die entstandenen Materialien weiternutzen und mit aus den gemachten Erfahrungen lernen. So wird Bildung für alle besser! Zum anderen profitiere auch ich selbst, weil Ergebnisse meiner Arbeit sich verbreiten, was wiederum zu neuen Anfragen führt.

Somit stehe ich beim Geschäftsmodell des Teilens immer vor einer doppelten Herausforderung:

  1. Wie kann ich so teilen, dass es möglichst vielen hilft und somit Bildung besser macht? (Das sorgt für Motivation, Freude und Begeisterung bei meiner Arbeit, weil ich das Gefühl habe, etwas Sinnvolles zu tun)
  2. Wie kann ich so teilen, dass mein Geschäftsmodell des Teilens dadurch in Bewegung bleibt? (Das sorgt für das erforderliche Einkommen)

Der heutige Blogbeitrag ist ein bisschen eine Fortsetzung des Blogbeitrags vom Dezember: Ich möchte ganz praktisch 5 Ideen und Handlungsroutinen vorstellen, mit denen ich das Geschäftsmodell des Teilens umsetze. Gerade wenn Du selbst auch freiberuflich arbeitest, kann Dir das vielleicht Inspiration zum Nachmachen geben.

1. Mikro-Content enwickeln und teilen

Viele Aufträge haben einen relativ großen Umfang: ein Online-Selbstlernkurs soll erstellt, ein Konzept geschrieben, eine Veranstaltung konzipiert werden … Im Sinne des Geschäftsmodell des Teilens sind die Ergebnisse daraus dann offen für alle weiternutzbar. Noch hilfreicher kann ich aber teilen, wenn ich zugleich auch Mikro-Content aus diesen Aufträgen ‘herauslöse’ und dann extra zur Verfügung stelle. Gerade auch vermeintliche ‘Pille Palle Sachen’ werden meiner Erfahrung sehr gerne weitergenutzt – oft auch viel häufiger, als das eigentliche große und umfangreiche Ergebnis eines Auftrags.

Praktisch kann das so aussehen, dass ich im Rahmen eines Online-Kurses eine H5P-Übung erstelle, auf die ich dann auch unabhängig von dem Kurs verweise. Oder dass ich im Rahmen eines Design Thinking Workshops, ein ‘Ideen-Generierungstool’ entwickle, das auch für Menschen hilfreich sein kann, die nicht den ganzen Workshop brauchen (siehe hier). Oder dass ich für eine Veranstaltung eine Kennenlernmethode entwickle und ausprobiere und über die Erfahrungen separat blogge (siehe hier).

2. Selbst Lernende sein

Ich kann nur dann teilen, wenn ich etwas zum Teilen habe. Das ist eine Binsenweisheit – aber im Ergebnis sehr prägend für meine Arbeit. Man könnte deshalb einwenden, dass man sich die Arbeit mit einem Geschäftsmodell des Teilens unnötig schwer macht: Geld würde sich leichter verdienen, wenn man einmal etwas erstellt – und das dann nicht freigibt, sondern es immer wieder anbietet und verkauft. Das mag sein – aber mindestens für den Bereich der Pädagogik, in dem ich tätig bin (und wahrscheinlich ist das in sehr vielen anderen Bereichen heutzutage ähnlich), finde ich es weder sinnvoll noch angemessen geschweige den zufriedenstellend über längere Zeit auf dem gleichen Stand zu verbleiben. Geschäftsmodell des Teilens bedeutet für mich in diesem Sinne, dass ich selbst immer Lernende bin. Das bedeutet, interessiert zu sein, Sachen neu zu erkunden, anders zu machen oder weiterzuentwickeln. Nur dann kann ich aus meiner Sicht auch eine gute lehrende Person sein.

Wie ich versuche, als lehrende Person immer auch eine lernende Person zu bleiben, habe ich hier aufgeschrieben. Ich ergänze noch, dass ‘Lernroutinen’ hier nützlich sein können. Wenn ich mir meine anstehenden Aufgaben und Termine ansehe, dann nehme ich mir immer ein bisschen Zeit, um zu überlegen: Wo könnte ich hier etwas neu oder anders gestalten, um daraus selbst etwas zu lernen? (Und in der Folge dann eben mit dazu beizutragen, dass wir alle etwas lernen.)

3. Das Rad nicht neu erfinden

Zu einem Geschäftsmodell des Teilens gehört es nicht nur, meine eigenen erstellten Inhalte offen zu teilen, sondern auch auf den Inhalten und Erfahrungen von anderen aufzubauen. Wenn ich diesen Grundsatz ernst nehme, dann erhalte ich auch darüber, ganz viele Sachen, die ich teilen kann. Und zwar nicht, weil ich sie selbst erstellt, sondern weil ich sie gefunden habe. In dieser Woche war ich z.B. auf der Suche nach offen nutzbaren Icons für einen Online-Kurs. Fündig wurde ich hier – und konnte diesen Fund auch direkt teilen, d.h. in diesem Fall twittern. Viele haben sich darüber gefreut. Auch diese Sketchnote-Avatare habe ich gestern entdeckt – und hier in diesem Blogbeitrag sind auch diese jetzt geteilt.

4. Teilen zur Gewohnheit machen

Sich für ein Geschäftsmodell des Teilens zu entscheiden, ist das eine. Das dann auch praktisch umzusetzen, ist das andere. Mir hilft dabei, dass ich mir Teilen zu einer festen Gewohnheit mache.

Dazu dient mir zum einen mein Twitter-Account und meine ca. monatliche Edumail. Beides sind Kommunikationsorte, die ich regelmäßig bediene – und mich auf diese Weise selbst dazu ‘zwinge’, immer etwas zum Teilen zu haben bzw. zu entwickeln. Vor allem der anstehende Versand der Edumail ist für mich immer ein fester Anlass, um durch meine Notizen und meine erfolgten Aktivitäten durchzugehen und mir zu überlegen: Was davon könnte ich wie aufbereiten, um es möglichst gewinnbringend zu teilen?

Zum anderen habe ich mir den Anspruch des Teilens zu einem festen Bestandteil meiner Kommunikation gemacht. So steht in meinen Angeboten für Materialerstellung inzwischen standardmäßig der Satz: “Die Ergebnisse werden unter der Lizenz CC BY 4.0 oder CC0 1.0 veröffentlicht.” Und bevor ich eine Mail versende oder eine Nachricht verschicke, überlege ich immer ganz kurz, ob ich etwas in Bezug auf das Geschäftsmodell des Teilens vergessen habe. Das sind dann oft nur Kleinigkeiten, die aber meist völlig unproblematisch sind – und dafür sorgen, dass etwas offen bleibt bzw. wird, was sonst geschlossen wäre:

Hier sind ein paar Beispiele, wie so etwas aussehen kann:

  • Würden Sie einen Beitrag für unsere Publikation beisteuern? -> Sehr gerne. Voraussetzung hierfür wäre, dass Sie den Beitrag unter einer OER-Lizenz (z.B. CC BY 4.0) veröffentlichen.
  • Dürfen wir Ihren Diskussionsbeitrag bei der Veranstaltung aufzeichnen? -> Ja, damit bin ich einverstanden. Wichtig wäre mir dann, dass die Aufzeichnung später unter einer offenen Lizenz geteilt wird. (Wenn Sie das Video auf Youtube einstellen, dann ist das z.B. ganz einfach, indem Sie von der Standard-Youtube Lizenz auf CC BY 4.0 wechseln.) (Zuletzt hat das z.B. wunderbar geklappt mit einem Beitrag für die Deutsche Schulakademie.
  • Hast Du Lust, Dich als Gesprächspartnerin in meinem Podcast zu beteiligen? -> Danke für die Anfrage. Das klingt spannend. Veröffentlichst Du den Podcast dann unter einer offenen Lizenz?

Im besten Fall führt solch ein Nachfragen dazu, dass Menschen zum ersten Mal konkreter in Kontakt mit Offenheit kommen – und das dann vielleicht auch als Idee in Ihre Organisation mitnehmen und dort z.B. die Frage aufwerfen: Warum stellen wir eigentlich nicht alle unsere Youtube Videos unter CC BY ein?

5. Prozesse und Konzepte teilen

Genau wie es oft hilfreich ist, Mikro-Content zusätzlich zu umfangreicheren Inhalten zu teilen, so kann es auch hilfreich sein, nicht nur Inhalte offen zu teilen, sondern auch Erfahrungen/ Ideen/ Reflexionen/ Konzepte. Das kann z.B. so aussehe, dass ich über meine Learnings aus einem durchführten Webinar blogge. Das ist dann nicht mehr der übliche Bereich von OER. Denn solch ein Bericht kann zwar unter einer offenen Lizenz stehen, aber die meisten Menschen werden wohl nicht den Bericht als Inhalt/ Material weiternutzen, sondern stattdessen die darin aufgeführten Ideen, Konzepte und Erfahrungen aufgreifen und für sich weiternutzen.

Damit mir dieser Weg der offenen Reflexion über ein durchgeführtes Projekt offen steht, habe ich mir inzwischen angewöhnt, dass ich bei größeren Projekten das schon zu Projektbeginn ankündige. Bei meinen ersten Versuchen stieß das immer auf große Zustimmung. Im nächsten Schritt möchte ich gerne versuchen, das zu einem Bestandteil von Angeboten zu machen. Ähnlich wie es dort z.B. oft einen Posten gibt für ‘allgemeine Kommunikation’ oder ‘Projektmanagement’ würde ich dann ‘Abschlussreflexion zum Projekt’ mit aufnehmen. So wäre dann auch dieser Teil Bestandteil des Projekts und mit finanziert.

Für eine Weiterentwicklung in der Bildung fände ich es toll, wenn es noch viel mehr solcher ‘öffentlicher Reflexionen’ gäbe. Bislang habe ich das nur selten gesehen.

Deine Ideen und Erfahrungen?

Das waren 5 Ideen von mir. Was denkst Du dazu? Hast Du andere/ weitere Erfahrungen? Diskutieren und ergänzen kannst Du z.B. unter diesem Tweet.


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