Immer wieder habe ich in den letzten Monaten über eine strategische Herangehensweise in der KI-Debatte gebloggt. Zuletzt mit meinem Beitrag mit der bewusst rhetorischen Frage „Brauchen wir eine KI-Revolution in der Bildung?“ (Spoiler: Wir sollten vom Lernen ausgehen!).
Vor diesem Hintergrund habe ich mich sehr gefreut am Donnerstag im Rahmen einer GEW-Veranstaltung auf der Leipziger Buchmesse Joscha Falck zu treffen (nachdem wir uns schon gefühlt ewig online kennen). Ich schätze viele seiner Beiträge, weil er versucht, Zugänglichkeit und Verbreitung von Themen der digitalen Bildung mit zugleich auch kritischem Weiterdenken und grundlegenden Fragen von Schulentwicklung zu verbinden. Vor diesem Hintergrund fanden wir im Gespräch sehr viele Übereinstimmungen auch bei der Art und Weise, wie wir auf die aktuelle KI-Debatte in der Bildung blicken. Insbesondere Faszination und Begeisterung beim Ausprobieren und Erkunden von vielfältigen KI-Tools, zugleich aber auch ein Hadern mit einigen Entwicklungen und Tendenzen, die wir beide zunehmend beobachten. Genau dieses Hadern haben wir nun versucht, genauer zu fassen, zu verschriftlichen und möchten es nun auf eine unfertige und sehr fragende Weise teilen und zur Debatte stellen.
Womit wir in der KI-Debatte hadern …
Hier sind unsere 6 ‚Hader’-Punkte in der bildungsbezogenen KI-Debatte:
1.
In der KI-Debatte geht es zu viel um digitale Tools und um das Zeigen von Anwendungen, die an sich nicht besonders schwer zu bedienen sind. Dazu werden oft ganze Fortbildungstage veranschlagt. Es fehlt damit an Fortbildungszeit für Themen, die pädagogisch und gesamtgesellschaftlich angesichts der Krise unseres Bildungssystems und unserer Gesellschaft deutlich wichtiger wären.
2.
Der Fokus auf KI als Werkzeug steht dem Fokus auf Lernen im Weg. Aspekte der Kompetenzorientierung werden ebenso (zu) wenig in den Blick genommen wie fachdidaktische Fragen.
3.
Aufgrund der Omnipräsenz von KI und der erwünschten raschen Anwendung/Implementierung gerät die dringend nötige Veränderung der Lernkultur und Lehr-/Lernkonzepte wie beispielsweise das selbstgesteuerte Lernen oder Individualisierung in den Hintergrund. Die Verknüpfung mit KI scheint oft mehr „pädagogisches Feigenblatt“ als tatsächlicher Veränderungswille zu sein.
4.
Der empirische Beleg der Wirksamkeit von KI-Tools im Unterricht steht noch aus, weshalb didaktische Empfehlungen und angepriesene Tools aus unserer Sicht mehr Skepsis vertragen könnten.
5.
Die mit KI einhergehende (zurückgekehrte?) Toolifizierung in der Bildung versperrt den Blick auf die viel wichtigere Frage, wie wir gutes Lernen in einer zunehmend von KI-geprägten Welt gestalten können.
6.
Im Fokus stehen sehr oft Tools profitorientierter internationaler Konzerne, deren Geschäftsmodelle von Intransparenz geprägt sind. Auch mangels Alternativen fließt derzeit viel öffentliches Geld in privatwirtschaftliche Firmen anstelle Investitionen in eine demokratisch kontrollierte, öffentliche KI-Infrastruktur zu tätigen.
Einladung zur Blogparade
Unter dem Hashtag #KIBedenken möchten wir gemeinsam zu einer Blogparade zu diesen Punkten aufrufen. Uns interessiert, was ihr darüber denkt, und laden euch ein, eure Überlegungen ebenso zu teilen und zur Diskussion zu stellen. Wir richten uns dabei explizit an alle Bildungsbereiche, weil uns bildungsbereichsübergreifender Austausch zu diesem Thema sehr produktiv erscheint und vielfältige Perspektiven uns hier sicher gemeinsam weiterbringen können.
Bei Euren Beiträgen könnten folgende Fragen eine Rolle spielen:
- Wie erlebt ihr die angesprochenen Punkte?
- Was leitet sich aus eurer Sicht daraus ab?
- Wie könnten Perspektiven für Fortbildungen aussehen?
- Woran sollte sich die pädagogische KI-Debatte stattdessen orientieren?
- Welche Merkmale weist eine Bildung auf, die zum eigenverantwortlichen und verantwortungsvollen Leben in einer KI-geprägten Welt führen kann?
- Was beschäftigt dich darüber hinaus an den aktuellen Entwicklungen?
Hintergrund und Anleitung
Der Aufruf zur Blogparade ist als gemeinsamer Text von Joscha und mir entstanden und erscheint in leicht abgewandelter Form ebenso auf seinem Blog. Weitere Beiträge werden wir entsprechend aufnehmen und unter dem Ausgangs-Post auf unseren Seiten verlinken – am einfachsten geht das mit Pingback, wenn ihr auf unsere Beiträge verlinkt. Und/oder ihr teilt sie an eurem bevorzugten Ort für Online-Vernetzung mit dem Hashtag #KIBedenken.
Wir freuen uns auf eure Beiträge!
„Hader“-Punkte zum Weiternutzen
In diesem H5P-Inhalt (Lizenz CC0) findest Du die Bilder von oben zum einfachen Weiternutzen.
Update: Eingehende Beiträge
Joscha und ich freuen uns sehr, dass die Blogparade auf so große Resonanz stößt. Du kannst die Diskussion mit dem Hashtag KIBedenken im Fediverse und auf Social Media Plattformen verfolgen. Ich sammle hier erst einmal vor allem Pingbacks (siehe unten in den Kommentaren). In Joschas Blog gibt es eine Zusammenstellung und Zusammenfassung aller Beiträge.
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Wenn du Unterstützung bei der Konzeption und Durchführung von Veranstaltungen, der (Um)gestaltung von Bildungsarbeit im Kontext der Digitalisierung oder der Entwicklung von Lernmaterialien suchst, dann sende mir gerne eine Anfrage. Ich freue mich!
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6 Kommentare
[…] Blogpost folgt einem Aufruf von Nele Hirsch und Joscha […]
[…] Text von Nele und mir entstanden und erscheint in leicht abgewandelter Form auch auf ihrem Blog. Weitere Beiträge werden wir entsprechend aufnehmen und unter dem Ausgangs-Post auf unseren Seiten […]
[…] zu beachten? Darüber habe ich mir im Rahmen der Blogparade #KIBedenken von Joscha Falck und Nele Hirsch aus einer eher geschichtsdidaktischen Perspektive Gedanken […]
[…] Aufruf und Statement von Nele Hirsch: https://ebildungslabor.de/blog/aufruf-zur-blogparade-kibedenken/. […]
[…] Falck und Nele Hirsch haben zu einer Blogparade aufgerufen. Hintergrund ist, dass bei den beiden […]
[…] Aufruf zur Blogparade #KIBedenken von Joscha Falk– Aufruf zur Blogparade #KIBedenken von Nele […]