Lernphasen im ‚Hype-Zyklus‘

Der :Hype-Zyklus ist ein Modell, das die Veränderung der öffentlichen Aufmerksamkeit, die sich auf eine neue Technologie richtet, im Zeitverlauf beschreibt. Kurz gefasst steigt die Aufmerksamkeit gleich zu Beginn rasant an, um kurz darauf abzufallen, dann wieder anzusteigen und sich schließlich auf mittlerem Niveau zu stabilisieren. Gekennzeichnet sind diese Phasen durch überzogene Erwartungen, dann folgende Enttäuschungen und schließlich dem ‚Plateau der Produktivität‘.

So sehen die einzelnen Phasen des Hype-Zyklus aus:


Idotter, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Was bedeutet das für die Bildung?

Spannend an diesem Hype-Zyklus finde ich, dass sich zu diesen Stufen immer auch idealtypische Schritte des individuelle Lernens zuordnen lassen:


Idotter, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons – mit Ergänzungen in dunkelblau von Nele Hirsch

So lassen sich die Lernphasen beschreiben:

  1. Faszination & Begeisterung: Zu Beginn gibt es eine große Faszination und Begeisterung. Vieles erscheint spannend und vielversprechend bei der neuen Technologie, aber man kennt sie eigentlich noch fast gar nicht.
  2. Ausprobieren & Fehler machen: Im nächsten Schritt startet das Ausprobieren und Erkunden. Diese Phase ist davon geprägt, dass man auch sehr viel macht, sagt und überlegt, was sich im Rückblick vielleicht als Fehler oder sehr oft als zu oberflächlich herausstellt. (Ein bisschen ist diese Phase, wie die digitale Pubertät : in diesem Video für das NLQ)
  3. Erkunden & reflektieren: Je mehr man neugierig ausprobiert, desto mehr erhält man Anstubser zum genaueren Erkunden und Reflektieren.
  4. Implementieren & nutzen: Schließlich hat man für sich eine Orientierung mit der neuen Technologie erarbeitet – und kann sie produktiv zum Lernen und Lehren nutzen.

Wenn ich mein eigenes Lernen beobachte, dann stelle ich fest, dass ich diesen ‚Hype-Zyklus‘ recht häufig durchlaufe. Zuletzt seit der Veröffentlichung des Tools ChatGPT im November 2022 – aktuell bin ich hier wahrscheinlich auf Stufe 3 🙂

Ich bin allerdings nicht nur lernende, sondern auch lehrende Person. Aus letzterer Perspektive stellt sich die Frage, wie vor dem Hintergrund der Lernphasen im Hype-Cycle erfolgreiches Lernen gestaltet werden kann.

Wie helfen diese Lernphasen beim Lehren?

Folgende Punkte finde ich dazu auf individueller Ebene als Pädagogin wichtig:

  1. Selbst Lernende sein und damit Vorbild für kontinuierliches Lernen. Dazu gehört es z.B. Begeisterung und Faszination zu teilen über neue Technologie.
  2. ‚Laut Lernen‘, d.h. über das eigene Lernen erzählen und darüber reflektieren – und so auch anderen Lust machen zum Lernen und die Angst vor ‚Fehlern‘ nehmen.
  3. Nicht versuchen, das Lernen anderer abzukürzen, aber Lernräume gestalten und wo möglich Impulse geben. Das kann insbesondere in der Phase des Erkundens und Reflektierens hilfreich sein.

Auf einer strukturellen Ebene sind noch weitere Aspekte wichtig:

  1. Zeit und Freiraum ermöglichen, um sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen und dazu ermutigen (bzw. wo nötig das auch formal ‚erlauben‘)
  2. Strukturen schaffen für Räume des Lernens und des Austauschs. Das kann im Kleinen eine Peer-to-Peer Lerngruppe im Kollegium sein oder im größeren offenen Lernformate wie Barcamps und Co.
  3. Auf eine positive Fehlerkultur hinwirken. Das kann z.B. bedeuten, Fehler wertzuschätzen.

Wenn diese Aspekte berücksichtigt werden, sind wichtige Schritte getan, damit neue Technologie im Bildungskontext produktiv aufgegriffen werden kann. Wie so etwas konkret aussehen kann, zeigen z.B. die Richtlinien zum Umgang mit ChatGPT aus NRW, die explizit zur Berücksichtigung des Tools im Unterricht auffordern. Ein anderes Beispiel ist das von mir organisierte Ausbaldowercamp Anfang Februar. In Form eines Online-Barcamps haben wir hier versucht, allen einen Raum zum Austausch und zum gemeinsamen Lernen zu geben. Ein passendes Beispiel für die letzten beiden Phasen des Hype-Lern-Cycles (erkunden & reflektieren und implementieren & nutzen) ist ein Lernangebot des NLQ, das ich gemeinsam mit Niels Winkelmann gestaltet habe: Lehrkräfte erhalten hier einen Rahmen, mit dem sie für ihre Schule und in ihrem Kollegium eine spezifisch passende Lösung entwickeln können. Ausführlich habe ich den Kurs in diesem Blogbeitrag vorgestellt. Inzwischen ist auch das Thema KI-Sprachmodelle ergänzt.

Fazit

Das Modell des Hype-Zyklus und die Ergänzung um Lernphasen hilft mir, sowohl mit mir selbst bei meinem eigenen Lernen geduldiger zu sein, als auch als lehrende Person für Lernangebote mit dem nötigen Freiraum zum selbst Erkunden einzutreten und diese zu gestalten.


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