Digital Sandbox Time

Beim Online-Barcamp der #OERcamp SummOERschool habe ich gestern in einer Session die Methode ‘Digital Sandbox Time’ vorgestellt. Wer die Session verpasst hat, kann die Methode hier kennenlernen. Die Überlegungen der gemeinsamen Diskussion in der Session habe ich direkt ergänzt.

TL;DR: Die Methode ‘Digital Sandbox Time’ setzt auf offenes Ausprobieren ud Erkunden von Tools. Auf diese Weise ist Kompetenzentwicklung hin zu digitaler Souveränität möglich

Wer lieber zuhört und schaut statt liest, findet den Blogbeitrag hier als kurzen Clip:

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Sandbox = Sandkiste

Digital Sandbox Time lässt sich ins Deutsche am besten mit digitaler Sandkisten-Zeit übersetzen. Ich finde diese Bezeichnung sehr treffend, denn im Rahmen der Methode werden drei wichtige Elemente realisiert, die vom Spielen in der Sandkiste bekannt sind:

  • Freies Spiel: Kinder spielen in der Sandkiste meist ohne Anleitung. Sie beginnen einfach so, den Sand hin- und herzuschaufeln, Burgen zu bauen oder Sandkuchen zu backen. Förmchen und Schaufel geben Anregungen – und zum Teil gesellen sich auch Erwachsenee dazu, die Vorschläge zum Spielen machen. Der Fokus liegt aber auf dem eigenen Ausprobieren und Erkunden.
  • Kollaboration: Kinder sitzen in der Sandkiste meist nicht allein. Mindestens beobachten sie andere Kinder. Oft wird auch gemeinsam ein Plan überlegt und dann umgesetzt (‘Wir bauen eine riesige Burg mit Graben drum herum’)
  • Kreative Ideen: Beim Spielen in der Sandkiste entstehen die meisten Ideen durchs Ausprobieren. Indem Kinder bauen, fällt ihnen ein, was sie sonst noch bauen könnte. Oft entstehen Dinge, die sie sich vorher gar nicht überlegt hatten.

Übertragen auf das Lernen zu digitalen Tools bedeutet ‘Sandkiste’, dass Lernende auch in diesem Bereich nicht mit einer Anleitung im Sinn einer klassischen Tool-Schulung konfrontiert werden. Stattdessen werden sie dazu eingeladen, das Tool gemeinsam mit anderen zu erkunden und sich Einsatzszenarien zu überlegen.

Schritt-für-Schritt Vorgehen

Die Methode Digital Sandbox Time beinhaltet 5 Schritte:

  1. Tool auswählen oder vorschlagen lassen: Es ist hilfreich, wenn es sich um ein offenes Tool handelt, das vielfältige Einsatzszenarin bietet. Ebenso ist es aber auch möglich, ein Tool mit einem sehr offensichtlichen Einsatzzweck zu wählen und zu überlegen, ob man es vielleicht noch für etwas ganz anderes nutzen könnte.
  2. Zeit und Leitfrage festlegen: Lernende sollten vorab wissen, wielange die Zeit zum Erkunden ist. Ich finde 15 Minuten hierzu einen guten Richtwert. Die Leitfrage sollte möglichst einfach gestellt sein. Ich formuliere meist: Was ist das und was könnten wir damit machen?
  3. Ausprobieren und austauschen: Der dritte Schritt ist die eigentliche Erkundungszeit. Lernende sollten hier ausdrücklich zu Austausch ermutigt bzw. von vorne herein in Kleingruppen eingeteilt werden.
  4. Gemeinsame Reflektion: Im Anschluss an das Ausprobieren wird gemeinsam im Plenum über das Tool reflektiert. Wichtig ist hier, dass es nicht eine ‘richtige’ Lösung gibt, sondern alle Ideen und Überlegungen zum Tool zunächst willkommen sind.
  5. Schlussfolgerungen: Abschließend können gemeinsame und/ oder individuelle Schlussfolgerungen gezogen werden: We wollen wir/ wie will ich dieses Tool zukünftig einsetzen?

Potentiale

Die Methode Digital Sandbox Time hat aus meiner Sicht viel Potential für zeitgemäße Bildung. Insbesondere halte ich die folgenden Aspekte für entscheidend:

  • Die Methode kann Lust auf Technik machen, statt Technik als zusätzliche Anforderung/ Belastung zu erleben
  • Die Methode ermöglicht es Technik als gestaltbar zu erleben. Lernende erfahren, dass sie Tools genau in dem Sinne nutzen können, wie es für sie passt. Von hier aus ist es nur noch ein kleiner Schritt hin zu: Könnten wir das Tool nicht vielleicht auch anders gestalten, so dass es besser passt?
  • Lehrende haben eine veränderte Rolle. Sie müssen Technik nicht kennen und vermitteln, sondern begleiten beim Erkunden und Reflektieren.
  • Lernende erfahren, dass es nicht primär um ein bestimmtes Tool geht, sondern um Lernen im Kontext von Vielfalt und Veränderung.
  • Kompetenzentwicklung hin zu digitaler Souveränität wird ermöglicht, weil Lernende nicht nur ein bestimmtes Tool beherrschen lernen, sondern insgesamt den Umgang mit Tools und Technik.

Überlegungen der Barcamp-Session

In der Barcamp-Session habe ich die Methode kurz vorgestellt und wir haben sie anschließend in BreakOut Räumen mit ca. 3 Personen ausprobiert. Erkundet wurde dabei das Tool Scri.ch. Ideen/ Überlegungen zum Tool und möglichen Einsatzszenarien konnten dabei in einem Etherpad festgehalten werden. Anschließend haben wir im Plenum über Einschätzungen zur Methode reflektiert. Ich habe leider nicht alles mitgeschrieben, erinnere mich aber an die folgenden Beiträge, die ich zum Weiterdenken sehr spannend finde.

  • Angemerkt wurde, dass Kollaboration unbedingt ein zentrales Element bei der Methode sein sollte. Beim hier ausprobierten Tool könnte es sonst z.B. passieren, dass jemand lange vor einem weißen Bildschirm sitzt und gar nicht weiß, was er/ sie machen soll. Auch kann es sehr produktiv sein, wenn Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen in den Kleingruppen gemeinsam überlegen. Denn aus einer naturwissenschaftlichen Perspektive ergeben sich z.B. vielleicht ganz andere Ideen als aus einer geisteswissenschaftlichen Perspektive.
  • Als offene Frage haben wir festgehalten, ob die Digital Sandbox Time bei sehr komplexen Tools an ihre Grenzen stößt.
  • Als mögliche Gestaltung mit etwas mehr Struktur wurde auf die Methode ‘Think – Pair – Share’ verwiesen. In diesem Fall könnten sich Lernende erst allein Gedanken zum jeweiligen Tool machen, dann mit Partner/in und schließlich in einer Kleingruppe.

Ergänzungen gerne in die Kommentare!

Weiterlernen und Austausch

Die Methode Digital Sandbox Time ist Thema im offenen Online-Kurs zu offenen Webtools bei der #OERcamp SummOERschool. Zugleich findet man in diesem Kurs eine Vielzahl möglicher Tools, die sich zum Ausprobieren der Methode wunderbar eignen. Die Teilnahme an der SummOERschool ist offen und gebührenfrei. Neben dem Kurs zu offenen Webtools gib es noch viele andere spannennde Kurse und Mitmach-Aktionen. Im Blog der SummOERschool erhältst Du eine Einführung zur Beteiligung.


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