Pädagogische Vorsätze für 2022

In wenigen Tagen beginnt das Neue Jahr und überall lese ich von vielen guten Vorsätzen. Auch ich habe nachgedacht und teile hier sieben meiner pädagogischen Vorsätze bzw. Vorhaben für 2022.

1. Alle mitnehmen!

Der Lernzuwachs bei pädagogisch-tätigen Personen war in den letzten Jahren im digitalen Bereich enorm: Gestaltung von Videokonferenzen, Konzeption von Online-Lernangeboten, Nutzung von unterschiedlichen Tools … All das war vor zwei Jahren vielen noch weitgehend unbekannt, aber ist inzwischen häufig zur Normalität geworden. Dennoch – und das ist mir in den letzten Monaten immer wieder aufgefallen – gibt es weiterhin sehr viele Neueinsteiger*innen. Das bedeutet: Menschen, die jetzt damit beginnen, digitale Möglichkeiten für sich zu erkunden. Vor diesem Hintergrund finde ich es sehr wichtig, auch in 2022 immer wieder Einstiegsangebote zu schaffen, um alle, die möchten, mitnehmen zu können. Ganz genauso bedeutet das für mich, zugleich auch mehr Angebote für Fortgeschrittene zu ermöglichen. Das können beispielsweise Fortbildungen sein, bei denen sehr selbstverantwortlich mit dem Fokus auf Peer-to-Peer Austausch und mit großem Freiraum gelernt wird.

2. Mehr Schnittstellen-Diskussionen

Schon vor der Pandemie hat die Konferenz Bits und Bäume gezeigt, wie produktiv und spannend es für alle Beteiligten sein kann, wenn Akteur*innen aus unterschiedlichen Bereichen (in diesem Fall waren es grob gesagt die Hacker-Communiy und die Umweltbewegung) zusammenkommen. Ähnliche Erfahrungen habe ich beim Zusammenbringen von Digitalisierung und Nachhaltigkeit gemacht. Für das Neue Jahr möchte ich nach weiteren solcher möglichen Verbindungen suchen und zu Perspektiven-übergreifenden Austauschmöglichkeiten einladen.

3. Beim Teilen unterstützen

Immer wieder habe ich in den letzten Jahren zur Kultur des Teilens gebloggt, geredet und publiziert. Ich möchte daran unbedingt weiterarbeiten, weiterdenken und vor allem noch ganz viel mehr Menschen und Institutionen dafür begeistern. Ganz konkret kann ich mir zum einen ein Lernangebot für Menschen vorstellen, die sich selbstständig machen wollen und Unterstützung erhalten bei der Entwicklung ihres ‘Geschäftsmodell des Teilens’. Zum anderen würde ich gerne mehr Beratschlagungen auf institutioneller Ebene anbieten, wie sich eine Kultur des Teilens etablieren lässt. (Wer Ideen dazu hat und/ oder mitdenken will oder so etwas finanzieren würde, gerne Mail an mich).

4. Vor Ort Lernen im Sommer (und weiterhin ganz viel online)

Der November galt (und gilt) als Konferenzmonat. Vor der Pandemie war ich in diesem Monat kaum Zuhause, sondern fast immer auf unterschiedlichen Konferenzen unterwegs. Ich bin keine Expertin, um zu prognostizieren, wie es mit der Pandemie weitergeht. Wenn ich mir aber aus pädagogischer Perspektive etwas wünsche, dann ist das erstens eine Fortsetzung von Online-Konferenzen, weil sie eine so wunderbar niederschwellige Beteiligung ermöglichen. Gleichzeitig wünsche ich mir ‘Vor Ort-Veranstaltungen’, die das gemeinsame vor Ort sein auch tatsächlich ausnutzen. Idealerweise finden diese dann nicht im nasskalten November (da gerne online), sondern in den wärmeren Monaten – mit sehr vielen Möglichkeiten auch gemeinsam draußen zu sein – statt. Schon vor einiger Zeit ist mir z.B. die Idee eines ‘Barcamp als Wanderung’ begegnet, bei der jede Session eine Wander-Etappe ist und man sich auf dem Weg zu einem bestimmten Thema austauscht. Ganz bestimmt gibt es noch viel mehr Möglichkeiten, die erkundet werden können.

5. Zeit zum eigenen Lernen nehmen

Wie wahrscheinlich viele andere Pädagog}*innen auch, habe ich in den letzten beiden Jahren viel gelernt. Zu kurz kam mir dabei allerdings oft, das Lernen im direkten Austausch mit anderen. Das liegt aus meiner Sicht vor allem daran, dass ich, wenn ich als lehrende Person Online-Lernveranstaltungen gestalte, oft aus Diskussionen draußen bleibe. Diese sind oft in den BeakOut-Runden und es kommt nur wenig zu zufälligen Begegnungen, wie es bei Vor Ort Veranstaltungen üblich war, wenn z.B. nach dem Workshop mir noch jemand in der Kaffeepause von seinem neusten Projekt erzählte … Was ich mir deshalb für das Neue Jahr vornehme: Noch häufiger gezielt an Veranstaltungen teilnehmen, bei denen ich nicht lehrende Person bin, d.h. mir Zeit nehmen für mein eigenes Lernen im Austausch mit anderen.

6. Verbesserte Verträge anstoßen

Auch nach zwei Jahren Pandemie berechnen sich fast alle meine Honorare, die ich für die Gestaltung von Lernangeboten erhalte, nach der synchronen Zeit, die ich gemeinsam mit Lernenden verbringe. Natürlich ist hier auch immer ein Teil für Vor- und Nachbereitung inkludiert. Sobald es aber um die Gestaltung von asynchronen Lernphasen, die Kuratierung von Selbstlernmaterialien oder die Aufbereitung von Ergebnissen als OER geht, ist der benötigte Zeitaufwand mit den meisten Honorarverordnungen nicht mehr in Einklang zu bringen. Natürlich finden sich dann meistens doch irgendwelche Umsetzungstricks, aber das kann keine Dauerlösung sein. Strukturelle Veränderung bei den Anbieter*innen von Fortbildungen, die die Gestaltung von Lernen umfassend betrachten, wären wunderbar. Und als zweite strukturelle Veränderung wäre es toll, wenn der Standard-Satz in Honorarverträgen zur Übertragung der Urheberrechte auf den Auftraggeber mindestens ergänzt würden um den Zusatz, dass alle Ergebnisse offen lizenziert und zur Weiternutzung für alle veröffentlicht werden. In ersten Fortbildungsinstituten ist das bereits der Fall.

7. Noch viel mehr Internetquatsch sammeln

Das wird der Vorsatz, mit dessen Umsetzung ich direkt beginnen werde: Weil in den Monaten vor Weihnachten so viel los war, haben sich jede Menge Internetquatsch-Hinweise und eigene Fundstücke angesammelt. Ich freue mich auf die Aktualisierung und Erweiterung der Website Internetquatsch. Und als Vorsatz formuliert: Auch 2022 will ich Bildung mit Spielerei und Lachen gestalten – und dabei unterstützen, dass auch andere dies können.

Und Du?

Ich freue mich auch von Deinen pädagogischen Vorsätzen und Vorhaben zu lesen. Wenn Du magst, kannst Du Dich auch an einem Stimmungsbild mit 5 Fragen beteiligen, dessen Ergebnisse ich hier als Ergänzung in den ersten Januartagen veröffentlichen werde.


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