Storytelling im Kontext emanzipatorischer Bildung

Ins Deutsche übersetzt Storytelling so viel wie ‚Geschichten erzählen‘. Es geht beim Storytelling also darum, einen Sachverhalt oder eine Idee möglichst bildhaft und einprägsam mithilfe einer Geschichte darzustellen. Ich habe Storytelling lange Zeit überwiegend als Werbungs-Hype oder Influencer-Quatsch eingeordnet. Mein Bild von Storytelling waren die oft sehr emotionalisierenden Geschichten, mit denen versucht wird, mir ein bestimmtes Produkt zu verkaufen oder einen Social Media Beitrag zu liken. Diese Art von Geschichten finde ich auch weiterhin meistens nur blöd und nervig. Inzwischen habe ich aber auch eine andere Seite von Storytelling kennen gelernt: Geschichten, die Verständnis und Perspektivwechsel unterstützen. Bilder, die zum Nachdenken anregen und Diskussionen initiieren. Oder Vorträge, die Mut für Veränderungen machen. Solch ein Storytelling passt ganz wunderbar zu einer emanzipatorischen Bildung.

Seit einiger Zeit experimentiere ich in meinen Vorträgen auf unterschiedliche Art und Weise mit dieser Form eines emanzipatorischen Storytellings. Ich bin dabei weiterhin sehr viel am Lernen und Erkunden. Erste Erfahrungen, die für mich gut funktionieren und die ich weiter empfehlen kann, teile ich in diesem Blogbeitrag.

Mögliche Techniken und Elemente: Was funktioniert bei mir gut?

Für ein emanzipatorisches Storytelling können viele verschiedenen Techniken und Elemente genutzt werden. Ich stelle mit Metaphern, biographischem Erzählen und Personas drei Möglichkeiten vor, die ich gerne verwende.

1. Metaphern

Storytelling müssen nicht immer gleich ganze Geschichten sein. Die einfachste Form, um ins Storytelling einzusteigen, ist mit Metaphern. Eine Metapher ist ein bildhafter Vergleich, mit der sich ein oft eher abstrakter Begriff gut und anschaulich erklären lässt. Wir kennen viele Metaphern aus der Alltagssprache. Zum Beispiel wird das Leben mit seinen Höhen und Tiefen oft mit einer Achterbahnfahrt verglichen. Oder wir sagen, dass wir eine Nadel im Heuhaufen finden müssen, wenn sich eine Suche sehr herausfordernd gestaltet.

Im Kontext von emanzipatorischer Bildung ist es meistens erforderlich, eine passende Metapher selbst zu entwickeln. Bis man hier etwas findet, was einen wirklich überzeugt, kann es etwas dauern. Ich gehe meist so vor, dass ich mir sehr genau überlege, was die für mich wichtigen Eigenschaften des zu erklärenden Begriffs sind. Dann denke ich entweder für mich selbst darüber nach oder frage andere Menschen, die im besten Fall ansonsten gar nicht stark in das Thema involviert sind, was ihnen zu diesen Eigenschaften einfällt. So ist zum Beispiel die Metapher von ‚Suppe kochen‘ zur Erklärung von KI-Sprachmodellen entstanden (= eine Zutat, zum Beispiel 1 Teelöffel Zitronensaft, kann bei einer Suppe zu einem ganz anderen Geschmack führen. Es ist nicht einfach nur der frühere Geschmack plus ein Teelöffel Zitronensaft. So verändert sich auch die Ausgabe von einem KI-Sprachmodell bei Veränderung eines Prompts oft sehr grundlegend. Was genau passiert, d.h. wie die neue Zusammensetzung entsteht, weiß man in beiden Fällen nicht).

Sehr hilfreich finde ich auch Metaphern, die einen Gegensatz zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel habe ich die Metaphern von einem Zementmischer und von Komposterde entwickelt, um zu beschreiben, wie ich es mir wünschen würde, dass die durch die KI-Debatte ausgelöste Bewegung verwendet wird und wie nicht:

  • Hilfreich fände ich es, Komposterde umzuschichten, so dass Neues wachsen kann.
  • Nicht hilfreich fände ich es, einen Zementmischer rotieren zu lassen, mit dem Bestehendes weiter verfestigt wird.

Zur Entwicklung von Metaphern können auch KI-Sprachmodelle hilfreich sein. Ich beschreibe dazu die gewünschten Eigenschaften verbunden mit der Eingabe, dass eine Liste mit 10 dazu passenden Gegenständen, die ähnliche Eigenschaften aufweisen, generiert werden soll. Manches Mal ist direkt etwas Brauchbares dabei. In vielen anderen Fällen bringt die Liste mich dann selbst auf weitere Ideen.

Metaphern müssen aber nicht immer selbst erfunden werden, sondern man kann oft ganz großartig die Bilder von anderen aufgreifen und diese weiternutzen. Deshalb freue ich mich aus so darüber, wenn andere Menschen ganz gezielt Metaphern teilen, wie das beispielsweise Jöran in einer der letzten Ausgaben der Zeitschrift Pädagogik mit der Metapher von polierten Äpfeln versus verfaulten Birnen im Kontext der Digitalisierung gemacht hat. Gemeint ist damit, dass wir häufig nicht eine analoge und eine digitale Situation miteinander vergleichen, was schon schwierig wäre (= ein Vergleich zwischen Äpfeln mit Birnen), sondern eine idealisierte analoge Situation (= den polierten Apfel) mit einer sehr schlechten digitalen Situation (= der verfaulten Birne).

Meine Kritzelei zur Metapher des polierten Apfels und der verfaulten Birne aus einer Präsentation

2. Biographisches Erzählen

Biographisches Erzählen meint, dass man nicht einen Sachverhalt objektiv darstellt, sondern aus seiner eigenen Biographie heraus und aus seinem eigenen Erleben erklärt. Ich mag an biographischem Erzählen sehr gerne, dass eine Erfahrung oft sehr viel mehr zu einem Diskurs einlädt, als eine Behauptung. Wenn ich zum Beispiel davon erzähle, dass und wie Twitter für mich durch den Musk-Kauf praktisch unbenutzbar geworden ist, dann ist das eine Einladung an andere, gemeinsam darüber zu reflektieren und meine Erfahrungen um ihre Erfahrungen zu ergänzen. Sie könnten zum Beispiel feststellen, dass es ihnen ganz ähnlich geht oder auch, dass sie ganz andere Erfahrungen machen. Wenn ich dagegen die allgemeine Behauptung aufstelle, dass Twitter durch den Musk-Kauf unbenutzbar geworden ist, dann führt das entweder zu Ablehnung oder zu Zustimmung, aber viel weniger zu Austausch.

Biographisches Erzählen funktioniert meiner Erfahrung nach dann besonders gut, wenn man sehr persönlich und offen von seinen Erfahrungen berichtet und dabei durchaus etwas von sich preisgibt, was andere vielleicht nicht unbedingt erwartet hätten. In diesem Sinne wollte ich in einem Vortrag kürzlich die These vom Smartphone als Kulturzugangsgerät nutzen. Anstatt das aber einfach als These darzustellen, habe ich davon erzählt, wie ich als 17jährige noch ohne Smartphone an einem internationalen Workcamp teilgenommen habe und wie viel einfacher es heute für mich (oder für meine Kinder wäre), so etwas anzugehen. Dazu passten dann Bilder aus dem Fotoalbum:

Ich empfinde solch einen Einstieg zwar als herausfordernd. Denn ich stehe vor einer mir noch völlig fremden Gruppe – und soll damit beginnen, eine persönliche Geschichte mit Bildern von früher zu erzählen. Das kostet erst einmal Überwindung. Genau diese Überwindung ermöglicht es aber zugleich, das Eis zu brechen, Aufmerksamkeit zu wecken und Verbundenheit herzustellen.

Das biographische Erzählen lässt sich ganz wunderbar mit Murmelrunden kombinieren, über die ich in einem anderen Blogbeitrag geschrieben habe. Kurz gefasst funktioniert das so, dass ich einen Impuls gebe und die Zuhörenden dann für ca. 5 Minuten dazu aufgefordert werden, sich mit Nebensitzer*innen zu dem Impuls auszutauschen. Übertragen auf das biographische Erzählen funktionieren Murmelrunden so, dass erst ich meine Geschichte erzähle. Dann erzählen sich die Zuhörenden untereinander ihre Geschichten zu dem Thema in einer Murmelrunde. Durch das Preisgeben von den eigenen Erfahrungen von mir und der damit verbundenen Öffnung, ist oft auch eine große Offenheit in den Murmelrunden zu spüren.

3. Personas

Personas in einem Vortrag sind fiktive Personen, die mit der jeweiligen Zielgruppe bestimmte Eigenschaften gemeinsam haben und zur Identifikation einladen bzw. mindestens Verständnis vereinfachen. Ich nutze Personas sehr gerne, um etwas zu erklären bzw. Motivation herzustellen, sich mit etwas auseinander zu setzen. Wenn ich zum Beispiel einen Einstieg in die Open Source Software H5P gebe, könnte ich erklären, dass es ein Online-Werkzeug ist, mit dem sich interaktive Online-Inhalte auch ohne Programmierkenntnisse erstellen lassen. Ich kann aber auch vom Geschichts- und Französischlehrer Herr Meier erzählen, der mit Technik eigentlich nichts am Hut hat, aber vor der Herausforderung steht, einen abwechslungsreichen Unterricht zu gestalten und auch selbstbestimmtes Lernen ermöglichen will. Er entdeckt H5P – und es ist genau das, was er braucht …

Mit Personas lassen sich auch toll ganze Geschichten erzählen. Die können super einfach und gerne auch etwas quatschig sein. Meiner Erfahrung nach funktionieren sie sogar dann besonders gut. Beispielsweise habe ich OER vor Kurzem mithilfe der Personas von Pierre und Katharina erklärt: Pierre geht in der Frühlingssonne spazieren und macht eine Aufnahme von einer wunderschön blühenden Blume, die ihm so gut gefällt, dass er sie zugleich ins Internet stellt. Katharina ist Lehrerin, gestaltet einen Online-Kurs zum Erwachen der Natur im Frühling, findet das Bild und nutzt es dafür. Leider wusste sie nicht, dass Bilder urheberrechtlich geschützt sind. Wie viel besser wäre es da gewesen, wenn Pierre sein Bild als OER geteilt hätte! …

Auszüge der ‚Geschichte‘ von Pierre und Katharina zur Erklärung von OER

Diese Beispiele zeigen: Personas in Vorträgen müssen nicht aufwändig gestaltet sein. Mit ihnen lassen sich Inhalte aber sehr viel zugänglicher machen – und nebenbei macht es auch viel Freude, in dieser Art und Weise Geschichten zu erzählen.

Umsetzung: Wie gehe ich vor?

Ein ‚Storytelling‘-Vortrag ist für mich aufwendiger zu gestalten, als ein ’normaler‘ Vortrag. Bei einem ’normalen‘ Vortrag würde ich überlegen, was meine Inhalte sind und wie ich sie logisch und prägnant präsentieren kann. Bei einem Storytelling-Vortrag überlege ich zusätzlich und dazu aufbauend, welche Geschichte ich dazu erzählen kann. Dazu nutze ich die oben dargestellten und weitere Elemente und versuche, sie in eine Storytelling-Form zu bringen. Dieses kann unterschiedlich gestaltet sein. Hier stelle ich fünf Möglichkeiten vor.

1. Roter Faden oder Motto-Erzählung

Mit ‚Roter Faden‘- oder Motto-Erzählung ist gemeint, dass man eine Art Oberbegriff oder Sortierung findet – und daran dann den ganzen Vortrag aufbaut. Ich habe zum Beispiel einen Vortrag zur Kultur des Teiles gestaltet – und für jeden Buchstaben im Wort Teilen nach einem Tier gesucht, das einen Aspekt von Teilen auf den Punkt bringt. Oder ich habe bei einem Vortrag zu guter Bildung im Kontext der Digitalisierung 5 Empfehlungen geteilt, die ich einleitend alle als ‚piratige‘ Empfehlungen angekündigt habe. Pirat*innen lassen sich zum Beispiel auf Neues ein, haben einen Nordstern zur Orientierung und machen sich nicht von großen Königreichen abhängig, sondern gestalten für sich selbst … All das lässt sich auch auf gute Bildung im Kontext der Digitalisierung übertragen.

Eine ‚Rote Faden‘ oder ‚Motto-Erzählung‘ ist relativ einfach, wenn man erst einmal etwas gefunden hat, was als Oberbegriff gut passt. Für mich war diese Art und Weise des Erzählens der Einstieg ins Storytelling. Im Grunde ist es im Vergleich zu einem normalen Vortrag nur ein bisschen eine andere Art von Gliederung.

2. Kritzel-Präsentationen

Meine Lieblings-Gestaltung von Storytelling-Vorträgen sind aktuell Kritzel-Präsentationen. Ich entwickle dazu meine Geschichten zu den gewünschten Inhalten, dann setze ich ich mit Stift und Papier hin und kritzle sie auf. Dabei überlege ich mir für jede Begebenheit ein treffendes Symbol oder eine treffende Darstellung. Wenn ich nicht weiß, wie ich das zeichnen soll, schlage ich in einer Sketchnote-Symbolbibliothek nach oder nutze eine Bildersuche im Internet (= Suchbegriff: Icon + gewünschter Gegenstand). Die entstandenen Kritzeleien fotografiere ich ab (mit einer Scan-App für bessere Qualität), packe sie auf je eine Folie und ergänze sie höchstens noch um einen kurzen Untertitel.

Hier ist ein Beispiel. Die Folie stammt aus einem Vortrag mit biographischem Erzählen über eigene negative Erlebnisse mit Social Media Plattformen. (Zurzeit macht es mir Freude, nicht nur schwarz-weiß zu zeichnen, sondern auch mit etwas Farbe auszumalen.)

Sehr gut funktioniert auch die Darstellung von kurzen Dialogen, wie in diesem Beispiel.

Wie man an diesem und den weiter oben geteilten Kritzel-Beispielen von mir sieht, kann ich überhaupt nicht gut zeichnen. Ich habe aber inzwischen gelernt, dass das für solche Kritzel-Präsentationen auch gar nicht unbedingt nötig ist. Klar ist es toll, wenn Menschen echte Kunstwerke als Sketchnotes gestalten (und sie haben dafür meine große Bewunderung!). Ich muss mir aber eingestehen, dass ich von so etwas noch sehr, sehr weit entfernt bin. Darum muss ich aber jetzt nicht auf Kritzel-Präsentationen verzichten, denn was ich damit sagen will, wird auch mit meinen sehr ungelenken Bildern erkannt.

(Bisher bin ich übrigens nach jedem dieser Kritzel-Vorträgen mindestens einmal gefragt worden, mit welcher App bzw. mit welchem KI-Tool ich die Kritzeleien gestaltet hätte. Das bestärkt mich darin, dass sie gerade in ihrer Ungelenkheit durchaus eine gewisse ‚Professionalität‘, weil Originalität haben.)

3. Nur Bilder

Anders als bei einer Krittzel-Präsentation nutze ich bei ‚Nur Bilder‘-Vorträgen tatsächlich gar keinen Text. Und die verwendeten Bilder sind keine Kritzeleien, sondern Fotos bzw. großflächige Grafiken. In einem Vortrag zu Future Skills habe ich eine Folie zur Kompetenz der Begeisterung zum Beispiel so visualisiert:

Wie man sich vorstellen kann, wirken solche Bilder vor allem bei großen Präsentationsflächen sehr gut. Und sie lassen sich wunderbar mit Storytelling verbinden, weil die Präsentation ganz ohne Text auskommt und Inhalte sowie Metaphern sehr eindrücklich visualisiert werden.

(Ich habe vor allem im vergangenen Jahr, als professionelle KI-Bildgenerierung noch sehr neu war, mit solchen ‚Nur Bild‘-Präsentationen gearbeitet – und dazu dann Bilder meist mit dem KI-Tool Midjourney generiert. Inzwischen merke ich, dass ich selbst KI-generierte Bilder ziemlich über habe. Somit will ich auch andere nicht mehr unbedingt damit nerven. In diesem Kontext habe ich dann stattdessen die oben beschriebenen Kritzel-Präsentationen für mich entdeckt.)

4. Echte Objekte

Eine Präsentation mit echten Objekten funktioniert so, dass ich mehrere Gegenstände zusammen suche, die ich als Metaphern oder auch einfach nur als Gedankenanker nutzen will, diese dann nach und nach präsentiere und dazu erläutere, was ich dazu sagen will.

Hier sind ein paar Beispiele für Gegenstände, die ich schon genutzt habe:

  • Ein Teebeutel in einem Vortrag zu Resilienz stand dafür, dass es wichtig ist, sich bewusst Pausen zu nehmen.
  • Glitzerstaub in einem Vortrag zur Gestaltung von guten Lernformaten stand für den Ansatz, am Ende der Konzeption noch einmal gezielt zu überlegen, was man Schönes/ Besonderes ergänzen könnte, um das Lernen für alle im Gedächtnis zu behalten.
  • Mit einem Wecker in einer Einführung ins Design Thinking ließ sich das Prinzip von Time Boxing (= für Aufgaben bewusst nur begrenzt Zeit zur Verfügung stellen) erklären

Solche Präsentationen mit echten Objekten funktionieren gerade auch online sehr gut, weil man dann nicht hinter dem Teilen des Bildschirms versteckt ist. Außerdem mag ich daran, dass man (zum Beispiel mithilfe von H5P) danach sehr gut ein Bild aller Gegenstände zur Dokumentation und Zusammenfassung teilen kann. Hier ist ein Beispiel, das ich zu einem Vortrag über gute Bildung gestaltet habe, wofür ich lauter Gegenstände gewählt habe, die für etwas stehen, was gute Bildung eben gerade nicht ist.

Man kann Vorträge mit echten Objekten grundsätzlich auf zwei Wegen aufbauen:

  1. Als Unboxing-Vortrag: Das bedeutet, dass alle Gegenstände in einer Kiste stecken und man holt einen Gegenstand nach dem anderen heraus und erläutert ihn.
  2. Als Ausblick: In diesem Fall stellt man alle Gegenstände ganz zu Beginn vor sich auf und kündigt an, dass man nun Geschichten erzählen wird, in denen all die aufgebauten Gegenstände vorkommen werden.

Bei meinem letzten Vortrag habe ich zum Beispiel einen Farbkasten, eine Spinne und eine Piratenklappe genutzt. (= Farbkasten für die vielen Potentiale und die Buntheit des Internets, die Spinne als Hinweis auf das Internet als Spinnennetz, in dem man sich auch verfangen kann und die Piratenklappe als Oberbegriff für 5 Empfehlungen, wie man in dieser Situation pädagogisch klug agieren kann).

Aus solchen Gegenständen lassen sich dann auch bildhafte Schlussfolgerungen ableiten. In meinem Fall war der Abschluss beispielsweise:

Seid Pirat*innen, färbt Euch das Internet kunterbunt und lasst euch darin nicht fangen, sondern nutzt es als Trampolin!

Gerade weil solche Kombinationen reichlich absurd sind, bleiben sie in den Köpfen und können in den dann folgenden Reflexionen immer wieder aufgegriffen werden.

Ein Pirat springt auf einem kunterbunten Spinnennetz.

5. Lernreise

Wenn ich in Vorträgen eine übergreifende Geschichte erzählen will, dann eignet sich dafür das Format einer Lernreise sehr gut. Dies lässt sich sowohl mit dem biographischen Erzählen, als auch mit Personas verbinden. Der grundsätzliche Ansatz ist dabei, dass der Fokus des Vortrags nicht darauf liegt, erarbeitete Erkenntnisse weiterzugeben, sondern darzustellen, wie man zu diesen Erkenntnissen gekommen ist.

Ich habe zum Beispiel einen Vortrag zu KI so aufgebaut, dass ich die Geschichte erzählt habe, wie ich zu KI gelernt und welche Erfahrungen ich gemacht habe. Der Vortrag ging damit los, dass ich erzählte, wie ich zum ersten Mal von ChatGPT gehört und es ausprobiert habe, meine ersten Experimente damit, meine Zweifel, Schlussfolgerungen daraus und wie dann jetzt mein Umgang damit ist. Die Zuhörenden haben sich zum Teil vielleicht selbst in der Geschichte wiedergefunden, zum Teil haben sie vielleicht auch ganz andere Erfahrungen gemacht. In jedem Fall haben sie einen Einblick und viele Anregungen erhalten, wie sich Lernen zu KI gestalten lässt.

Wenn man selbst zu einem Thema keinen Lernprozess durchlaufen hat, dann kann man stellvertretend eine Persona eine fiktive Lernreise durchlaufen lassen. Zum Beispiel könnte man von Frau Matuschek erzählen, die bisher immer eher klassischen Frontalunterricht gemacht hat, dann bei einem Besuch an einer anderen Schule das Projektlernen kennenlernt, das auch bei sich an der Schule ausprobieren will, erst auf viele Widerstände stößt, diese dann überwinden kann und schließlich erste konkrete Schritte geht … Auch bei dieser Variante steht der Einblick in das Lernen im Fokus – und nicht die Darstellung des erwünschten Ergebnisses.

Fazit

Insgesamt sehe ich drei große Vorteile bei dieser Art von Storytelling-Vorträgen:

  1. Die Zuhörenden haben viel Freude beim Zuhören.
  2. Ich habe Freude viel beim Gestalten und Vortragen.
  3. Aus Storytelling-Vorträgen kann sehr viel entstehen – insbesondere: Verstehen, Austausch und gemeinsames Weiterlernen. (Mir fällt häufig auf, dass nach Storytelling-Vorträgen im weiteren Verlauf der Veranstaltung in Gesprächen und Diskussionen immer wieder auf bestimmte Bilder oder Geschichten des Vortrags hingewiesen und daran weiter gedacht wird)

Wie einleitend bereits geschrieben, sehe ich mich bei Storytelling-Vorträgen im Kontext emanzipatorischer Bildung selbst noch sehr am Anfang. Vor diesem Hintergrund nutze ich Vorträge, die ich halte, zurzeit auch ganz bewusst als Lerngelegenheit. Das bedeutet, dass ich beispielsweise ausprobiere, wie bestimmte Metaphern oder Darstellungsweisen bei den Zuhörenden ankommen – und diese dann anschließend verwerfe oder weiterentwickle. Oder ich reflektiere im Anschluss, ob ich mich mit einer bestimmten Präsentationsform selbst wohl gefühlt habe oder nicht und ziehe auch daraus meine Schlussfolgerungen. Diese lernende und offene Haltung tut meinen Vorträgen glaube ich sehr gut, weil es eben überhaupt keine Routinen-Vorträge sind.

Vor dem Hintergrund meines Lernens zu diesem Thema bin ich auch sehr neugierig, von deinen Erfahrungen mit Storytelling im Kontext emanzipatorischer Bildung zu lesen. Wenn du etwas von meinen Ideen und Versuchen auch für dich ausprobieren willst, dann wünsche ich dir dabei viel Freude!


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