Meine eigene Fediverse-Instanz

Seit dem letzten Wochenende habe ich mit Fedilab.de meine eigene Instanz im Fediverse. In diesem Blogbeitrag berichte ich, was ‚eigene Instanz‘ eigentlich genau bedeutet, was es dazu braucht und wie ich vorgegangen bin. Vielleicht kann der Blogbeitrag dir helfen, wenn du auch über eine eigene Instanz im Fediverse nachdenkst.

Was ist eine eigene Fediverse-Instanz?

Das Fediverse ist ein offenes und dezentrales Netzwerk aus unterschiedlichen ‚Knotenpunkten‘ mit unterschiedlicher Software, die potentiell alle miteinander verbunden sind. ‚Eigene‘ Instanz heißt somit, dass ich einen eigenen Knotenpunkt in diesem Netzwerk habe, für den ich selbst verantwortlich bin.

Grundsätzlich hat man zwei verschiedene Möglichkeiten für eine eigene Instanz:

  1. Man kann sich an vertrauensvolle Dienstleister wenden, die die gewünschte Software für einen auf einem Server installieren und sich auch zukünftig um die Wartung des Servers und die Aktualisierung der Software kümmern. Man selbst bekommt einen Admin-Zugang und kann innerhalb der Software alles so einstellen, wie man es möchte.
  2. Man kann sich selbst einen Server mieten oder gestalten und die gewünschte Software dann selbst installieren, warten und aktualisieren.

Da ich mich bei Server-Konfiguration als absoluter Newbie einordnen würde und zugleich weiß, dass ein gut funktionierender Server für eine funktionierende Instanz eine unerlässliche Grundlage ist, habe ich mich für den ersten Weg entschieden.

Was sind Gründe für eine eigene Fediverse-Instanz?

Ich war bisher auf der Mastodon-Instanz von Digitalcourage aktiv und habe mich dort immer sehr wohl gefühlt. Bei der Entscheidung für eine eigene Instanz waren mehrere Gründe ausschlaggebend:

  • Ich finde das Konzept der Dezentralität im Fediverse sehr sinnvoll. Zu diesem Prinzip kann ich mit einem weiteren Knotenpunkt (= meiner Instanz) beitragen.
  • Eine eigene Instanz kann mein eigenes Lernen über das Fediverse unterstützen, weil ich auch das ‚Dahinter‘ der Software kennenlerne.
  • Ich sehe für die Weiterentwicklung im Fediverse im Kern zwei Perspektiven:
    • 1. öffentliche Institutionen/ Vereine/ Initiativen gestalten Instanzen und stellen sie ihren Mitgliedern/ Unterstützer*innen zur Verfügung.
    • 2. Kleinere Gruppen oder Einzelpersonen gestalten für sich eigene Instanzen (ähnlich wie z.B. drei Freund*innen vielleicht gemeinsam einen Podcast starten). Diese Perspektive finde ich für mich spannend und überlege, mir perspektivisch eine Instanz mit einer Handvoll engen Kolleg*innen aufzubauen. Dazu wollte ich aber erst einmal erkunden, wie solch eine eigene Instanz funktioniert.
  • Eine eigene Instanz eröffnet mir Perspektiven für Workshops zum Fediverse. Konkret überlege ich, meine Instanz Teilnehmer*innen in Workshops zum Ausprobieren und Erkunden anzubieten.

Was braucht man für eine eigene Fediverse-Instanz?

Bevor man über eine eigene Instanz nachdenkt, sollte man aus meiner Sicht das Fediverse ein bisschen kennengelernt und selbst erkundet haben. Ich habe das auch so gemacht. Dadurch brachte ich für meine Instanz die folgenden Kompetenzen mit:

  • Ich hatte einen aufgebauten Account mit Vernetzung auf viele unterschiedliche andere Instanzen. Wenn man ohne solch einen Account ganz neu mit einer eigenen Instanz anfängt, wäre diese zunächst einmal völlig leer.
  • Ich kenne Fediverse-aktive Menschen und hatte somit die Sicherheit, dass ich gewusst hätte, wen ich anschreiben kann, wenn irgend etwas völlig schief geht.
  • Ich wusste, was bei Instanzen wichtig ist und war deshalb nicht in Gefahr etwas anzustoßen, was ich irgendwann nicht mehr hätte händeln können und womit ich dann auch andere in Schwierigkeiten gebracht hätte (z.B. eine Instanz mit offener Registrierung, ohne mir zuvor über Regeln und Entscheidungsfindungsmechanismen darauf Gedanken zu machen.)

Daneben braucht man etwas Geld, was aber für eine kleine Instanz nicht so viel ist, wie man es vielleicht erwarten würde. Für eine Mastodon-Instanz für ca. 5 Personen, die ein Dienstleister einem bereitstellt, kann man mit ungefähr 60 Euro im Jahr plus ca. 15 Euro für die Domain rechnen.

Wie kann man praktisch vorgehen?

Um eine eigene Instanz einzurichten, gibt es mehrere Schritte zu tun:

  1. Entscheidung für eine Software: Das Fediverse besteht aus sehr vielen unterschiedlichen Diensten, die alle über das so genannte Activity Pub Protokoll verbunden sein können. Wenn man eine eigene Instanz haben will, muss man sich also zunächst für einen Dienst. d.h. für eine Software entscheiden. Ich habe mich für Mastodon entschieden, weil ich ohne Schwierigkeiten umziehen wollte, weil ich im Kern weiterhin Mikroblogging machen wollte, weil ich von der Stabilität und Weiterentwicklung der Software überzeugt bin und weil ich denke, dass Mastodon für den Einstieg ins Fediverse gut geeignet ist – und genau dazu will ich meine Instanz ja unter anderem nutzen.
  2. Entscheidung, ob man einen Dienstleister nutzen oder selbst installieren will: Darüber habe ich oben schon geschrieben. Ich habe mich mit Weingärtner IT für einen Dienstleister entschieden. Weitere mögliche Dienstleister für Mastodon findet man z.B. in dieser Liste.
  3. Eine Domain registrieren: Die eigene Instanz im Fediverse braucht eine Adresse im Internet, über die sie erreichbar ist. Viele Fediverse-Instanzen nutzen dazu die Endung .social, aber das ist keine Bedingung. Auch sonst ist man frei, was für einen Namen man wählen will. Ich wollte einen halbwegs kurzen Namen, weil die eigene Fediverse-Adresse sonst so lang ist. Und außerdem sollte der Name ungefähr aussagen, was ich mit der Instanz vorhabe (Fedilab = Experimentiererei und Lernen mit dem Fediverse.) Erst danach habe ich festgestellt, dass es auch eine gleichnamige App gibt und habe die Kolleg*innen direkt angeschrieben, ob das für sie ein Problem sei. Das fanden sie zum Glück nicht!

Anschließend folgt die Selbstinstallation oder die Beauftragung des gewählten Dienstleisters. Ich kann hier nur zu Letzterem etwas schreiben, weil das mein Weg war. Wichtig bei der Beauftragung ist, dass man als gewünschten Benutzernamen den Namen eingibt, der später Teil der neuen Fediverse-Adresse sein soll. Bei mir das ’nele‘.

Die nächsten Schritte waren dann.

  1. Ich erhalte eine Auftragseingangsbestätigung.
  2. Ich erhalte den Vermerk, dass ich zwei DNS-Einträge beim Anbieter meiner Domain setzen soll. (Ich hatte davon zunächst gar keine Ahnung, aber es funktioniert tatsächlich recht intuitiv: DNS-Panel öffnen und die erhaltenen Einträge als neue Einträge anlegen)
  3. Ich habe noch einmal nachgefragt, ob ich auch die bisherigen Einträge löschen muss. Eigentlich eine sehr dumme Frage, aber sie wurde geduldig und mit Ja beantwortet. Daraufhin habe ich die Einträge, die davor schon da waren und gleich aussahen, wie die, die ich neu angelegt hatte, gelöscht.

Dann musste ich nur noch etwas warten. Schließlich erhielt ich per Mail die Info, dass die neue Instanz online ist und über welchen Link ich ein Admin-Passwort anfordern kann. Bei mir hat all das ca. 3 Stunden Zeit benötigt. Manchmal braucht es auch etwas länger, bis Webadressen im Internet richtig erreichbar sind.

Wie richtet man die Instanz ein und wie zieht man selbst um?

Wenn die Vorarbeiten erledigt sind, kommt der konkretere Teil: die Gestaltung der eigenen Instanz und der Umzug. Wenn man sich als Admin auf der Instanz anmeldet, sieht erst einmal alles genau so aus, wie man es auf einen Mastodon-Acount auch als normale Nutzerin kennt. Allerdings gibt es über ‚Profil bearbeiten‘ nicht nur die eigenen Einstellungen, sondern auch die Reiter Trends, Moderation und Administration.

Blick ins Admin-Panel

Ich habe mich zunächst durch Administration durchgeklickt, was alles recht selbsterklärend war (= eine kurze Beschreibung, ein Bild, eine längere Beschreibung, offene Registrierung erlauben oder nicht – und ich konnte entscheiden, welche Emojis es auf meiner Instanz geben soll 🤩). Für die erste Einrichtung erschien mir das ausreichend. Mehr hat man sicher zu tun, wenn man eine Instanz für mehrere anlegt und dann z.B. auch Rollen zur Moderation festlegen und Regeln für die Instanz aufschreiben muss.

Im Admin-Bereich gibt es aber zukünftig auch für meine bisher ‚Single-User-Instanz‘ noch einiges zu entdecken. insbesondere die Anbindung an Relays, d.h. an ein größeres Fediverse-Netzwerk, so dass ich mit noch mehr Knotenpunkten verbunden bin, als die, die ich über meinen eigenen Account erreiche.

Anschließend habe ich dann mein eigenes Profil eingerichtet – mit Bild, Beschreibung, Website und Verifikation der Website. Danach konnte ich den Umzug starten.

Das waren meine Schritte:

  1. Ich habe mit meinem neuen Account eine Ankündigung über den Umzug geschrieben und diese über meinen alten Account geteilt. Ohne dieses Teilen hätte die Ankündigung tatsächlich niemand gesehen, denn da mein Account, der einzige Account auf dieser Instanz war und dieser noch mit niemandem verbunden war, war ich für diesen Moment ganz allein im riesigen Fediverse 😉
  2. Ich habe auf meinem alten Account alle Follows exportiert (Ich hätte auch noch mehr exportieren können z.B. Bookmarks, aber die Follows reichten mir.)
  3. Ich habe meinen alten Account auf meinem neuen Account eingetragen und dann alle Follower umgezogen. Das brauchte ca. 20 Minuten.
  4. Ich habe meine Follows im neuen Account hochgeladen.
  5. Ich habe mich sehr gefreut und war ziemlich erleichtert, dass alles so unkompliziert geklappt hat 🙂

Ich habe in dem Prozess des Umzugs zwei Sachen gelernt, die ich gerne als Tipp weitergebe:

  • Standardmäßig scheint bei Mastodon-Profilen eingestellt zu sein, dass man eine Mailbenachrichtigung erhält, wenn einem jemand neu folgt. Wenn man alle seine Follower umzieht, können das ziemlich viele Benachrichtigungen sein. Es empfiehlt sich deshalb, das vor dem Umzug auszustellen.
  • Fast bei jedem der oben genannten Schritte habe ich beim ersten Klick immer eine Fehlermeldung erhalten (z.B. den Alias gibt es nicht, Follower können nicht umgezogen werden …). Hier hilft es tatsächlich, einfach nochmal zu klicken. Spätestens beim dritten Mal waren solche Fehler jedes Mal weg.

Auch ansonsten hilft oft ein bisschen Geduld. Ich konnte den ersten halben Tag z.B. noch nicht alle Hashtags abrufen, d.h. die Suche blieb leer, und auch dann erst einmal nur Beiträge mit Hashtags, die neu geschrieben wurden. Nach und nach wird die Timeline dann aber immer vollständiger.

Fazit

Ich hätte mir die Einrichtung einer eigenen Instanz im Fediverse wesentlich komplizierter vorgestellt. Meint Fazit ist deshalb: Wenn man das Fediverse ein bisschen kennt und weiß, warum und zu was man eine eigene Instanz haben will, dann ist die Einrichtung einer solchen Instanz auch für nicht super-nerdige Menschen ein gut gangbarer Weg. Vor allem, wenn man auf die Unterstützung von Dienstleistern setzt.

Melde dich gerne, wenn du weitere Fragen hast oder dich über eine eigene Instanz austauschen willst!


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