Fortbildung, ja gerne! Aber was ist mit meinen Kindern?

Heute Mittag habe ich mich mit Wibke zu einem Online-Kaffeeklatsch getroffen. Gemeinsam haben wir überlegt, wie Fortbildungsangebote mit Kindern gut gestaltet sein können. Wir haben auf diese Frage erstens aus Elternperspektive geblickt. Denn wir haben selbst Kinder, die auch schon häufig bei Fortbildungen mit dabei waren. Zweitens konzipieren und gestalten wir auch selbst Fortbildungsangebote und möchten bei diesen gerade auch Eltern und anderen Bezugspersonen sowie ihren Kindern eine gute Beteiligung ermöglichen. Unser Fokus lag dabei auf Veranstaltungen vor Ort.

Wibke hat unser Gespräch in dieser Sketchnote aufgezeichnet:

Sketchnote: Kinder Kinder steht unter CC BY 4.0 von Wibke Tiedmann

Ich schreibe in diesem Blogbeitrag aus der Erinnerung auf, was ich besonders wichtig finde. Es ist eine Art ‚Checkliste‘ für die Veranstaltungskonzeption in 7 Punkten.

1. Besondere Bedürfnisse von jüngeren Kindern

Ab ungefähr dem Schulalter haben Kinder (und dann auch Jugendliche) bei Veranstaltungen andere Bedürfnisse als die ganz Kleinen. Insbesondere muss auf sie nicht mehr direkt aufgepasst werden im Sinne einer Betreuung. Bei jüngeren und vor allem bei ganz kleinen Kindern ist das aber in der Regel wichtig.

In diesem Fall kann erstens die Option von ‚Bring your own Babysitter‘ angeboten werden. Vielleicht hat z.B. die Oma oder ein guter Freund der Familie Lust darauf, mit zu einer Fortbildung zu kommen, dort evtl. auch ein bisschen etwas für sich mitzunehmen, aber sich vor allem um das Kind zu kümmern. Von Seiten der Veranstalter*innen könnte diese Möglichkeit explizit vorgestellt und auch für den Rahmen dafür gesorgt werden. Bei Fortbildungen der Ordensschulen wird das seit einiger Zeit erfolgreich praktiziert. Die Idee hatte Johannes Stollhof.

Eine zweite Option ist eine geteilte Verantwortung unter den anwesenden Menschen mit Kindern (und allen, die sonst noch Lust haben). Sie können sich bereits kurz vor dem offiziellen Beginn der Veranstaltung darüber absprechen, wer welche ‚Schicht‘ im Kinderbetreuungs-Raum übernimmt und was vielleicht auch jeweils mit den Kindern gemacht wird. Daneben ist für dieses Alter natürlich auch immer eine ‚klassische‘ Kinderbetreuung denkbar. Die Option ‚Wir teilen uns die Verantwortung‘ sorgt aber viel stärker dafür, dass Kinder mehr Teil der Veranstaltung sind – auch schon dann, wenn sie noch ganz klein sind.

2. Für einen guten und zentralen Raum sorgen

Mindestens kleinere Kinder benötigen – wie oben dargestellt – einen Raum, in dem sie spielen können und betreut werden. Auch ältere Kinder, die sich schon selbstständig auf der Veranstaltung bewegen, können sich in diesen Raum zurückziehen und unter sich spielen. Eltern und andere Bezugspersonen können den Raum nutzen, um sich auszutauschen, ihre Kinder wiederzufinden und auch um z.B. Spielsachen dort abzulegen, um zu stillen, um Kleinkinder zu füttern …

Dieser Raum sollte möglichst zentral im Veranstaltungsgebäude sein. Denn wenn die Bezugsperson in Sicht- oder mindestens schneller Laufweite ist, ist es oft einfacher, dass (kleinere) Kinder beruhigt spielen und die Bezugsperson während dessen lernen kann. Größere Kinder beginnen ihre Erkundungen in die Veranstaltung dann oft ausgehend von diesem Raum.

3. Flexibles und offenes Lernen

Wer mit Kindern bei einer Fortbildung ist, wird auch bei noch so perfekter Betreuung seine Kinder nie von morgends bis abends einfach abgeben können – und oft auch gar nicht wollen. Hier hilft es, wenn sowohl das Programm der Veranstaltung als auch die Kinderbetreuung möglichst offen und flexibel gestaltet sind. Das bedeutet: Ich kann als Elternteil z.B. morgens zwei Stunden zu einem Workshop gehen, aber dann auch erstmal mit meinem Kind und vielleicht auch weiteren Kindern für einige Zeit draußen spielen oder etwas vorlesen – und dann wieder in die Fortbildung einsteigen.

Da gutes Lernen ohnehin immer sehr selbstbestimmtes Lernen ist, dürfte diese Anforderung für die Gestaltung der Fortbildung kein Hindernisgrund sein, sondern dieses Ziel sogar eher unterstützen. Wunderbar ist z.B. das Format eines Barcamps dafür geeignet.

4. Zwischenräume als Gewinn für alle

Je mehr ‚Zwischenräume‘ es auf einer Veranstaltung gibt, desto besser können Menschen lernen und desto mehr fühlen sie sich wohl. Das gilt für Groß und Klein gleichermaßen. Wer deshalb Kinder bei der Veranstaltungskonzeption mit im Blick hat und deshalb z.B. eine Button-Maschine aufbaut oder Papier zum Kritzeln bereitlegt oder spaßige Luftballons im Plenumsraum fliegen lässt …, macht seine Veranstaltung für alle zu einem besseren Ort.

5. Vom Büchertausch-Tisch zur Kinderspielzeug-Börse

Nach langen Zeiten fast ausschließlichen Online-Lernens macht es Spaß, bei Veranstaltungen vor Ort gezielt mit Aktivitäten zu experimentieren, die online eben gerade nicht gehen. So hat die Edunautika zum Beispiel zu einem Büchertausch eingeladen. Auch bei solchen ‚Präsenzverherrlichungs-Aktivitäten‘ können Kinder mitgedacht werden. Warum nicht einmal auch gezielt einladen, Kinderbücher mitzubringen oder sogar Spielzeug zu tauschen? Positiver Nebeneffekt: Dann sind direkt jede Menge Spielsachen vor Ort!

6. Wie gut, dass es Smartphones gibt …

Der für mich hilfreichste Trick bei Veranstaltungen mit meinen Kindern ist, dass ich meine Handynummer auf ihr Namensschild schreibe. Wenn etwas passiert oder sie mich suchen, können sie zu irgendeinem anderen Erwachsenen gehen und sagen: Bitte schreib an diese Nummer eine Nachricht!

Bei vielen Kindern haben wir zum Teil auch eine Eltern-Messenger Gruppe eingerichtet, über die wir uns als Bezugspersonen während der Veranstaltung koordinieren konnten. Und bei manchen Barcamps war es auch schon so, dass am Infotisch hinterlegt werden konnte, in welcher Session Bezugspersonen sich aufhalten. Da der Infotisch z.B. bei einem Barcamp ohnehin immer besetzt ist, können darüber dann auch Kindern auf der Suche nach ihren Bezugspersonen geholfen werden.

7. Von der Betreuung zum gemeinsamen Lernen

Richtig spannend finde ich die Beteiligung von Kindern bei Veranstaltungen, wenn sie größer werden. Ab ca. dem Schulalter (so die Erfahrung mit meinen Kindern) sind Kinder neugierig darauf, mitzulernen und oft auch selbst ihre Erfahrungen einzubrinen. Es geht dann nicht mehr um Betreuung, sondern um gemeinsames Lernen zwischen den Generationen.

Konkrete Beispiele: Meine 9jährige Tochter hat beim letzten Educamp das Schulkonzept ihrer Schule vorgestellt und im Coding-Raum mit Scratch programmiert. Mein 13jähriger Sohn war in einer Session zu Twine und hat VR-Brillen ausprobiert. Auch ich habe insbesondere bei den Educamps schon viel von anderen Kindern und Jugendlichen gelernt.

Fazit: Bringt Eure Kinder mit!

Für mich sind das für alle Seiten sehr überzeugende Argumente, warum es toll sein kann, Kinder zu Veranstaltungen mitzubringen. Umso verwunderlicher ist es, dass Kinder – außer beim Educamp – bei Veranstaltungen, die ich besuche, meist eher die Ausnahme als die Regel sind. Dieser Blogbeitrag soll deshalb auch ein bisschen Ermutigung für alle Menschen mit Kindern sein: Bringt Eure Kinder mit! Ihr stört damit nicht oder macht Umstände, sondern leistet ganz im Gegenteil einen Beitrag, das Lernen für alle besser zu machen (und Eure Kinder werden spätestens dann immer wieder mitkommen wollen, wenn sie wissen, dass es bei richtig coolen Veranstaltungen eine Candy-Bar gibt …)


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