Praxisanleitung Storytelling: eigene Bilder und Geschichten entwickeln

Aufbauend auf meinem Blogbeitrag zum Storytelling habe ich gestern in einer Session bei der edunautika mit anderen Teilgebenden erprobt, wie sich Bilder und Geschichten für das Storytelling in einem kollaborativen Prozess erarbeiten lassen. Meine Idee war eine Werkstatt zum emanzipatorischen Storytelling, bei der ich Schritt für Schritt durch einen möglichen Prozess führe und die Teilgebenden diese Schritte in Kleingruppen für sich ausprobieren.

In der Kürze einer 45minütigen Session (zumal sie im letzten Slot lag und wir alle von den vielen Impressionen des Barcamp-Tages schon ziemlich erschlagen waren 😉), war es noch nicht möglich, wirklich ‚fertige‘ Metaphern und Geschichten zu entwickeln. Ich hatte aber den Eindruck, dass alle Beteiligten ein Gefühl dafür bekommen haben, wie man die Herausforderung des Geschichten Erzählens praktisch angehen kann. Vor diesem Hintergrund teile ich in diesem Blogbeitrag das Vorgehen in der Session als Schritt für Schritt Anleitung zum Nachmachen. Am besten wird das sicherlich in einer Kleingruppe funktionieren. Du kannst die Schritte aber auch erst einmal für dich alleine ausprobieren.

Schritt 1: Findet eure Herausforderung!

Die Idee von Storytelling ist es, Ideen, Konzepte oder Herausforderungen sehr bildhaft bzw. in Geschichten und damit sehr einprägsam zu erzählen. Ich schätze daran besonders, dass gemeinsame Bilder und Geschichten eine wunderbare Basis sind, um gemeinsam weiter an etwas zu arbeiten. Auf ein Bild oder eine Geschichte können alle sehr niederschwellig Bezug nehmen und es ermöglicht es meiner Erfahrung nach oft viel besser, auch Widersprüchlichkeit auszuhalten und tatsächlich in einen Austausch zu gelangen, als wenn ich Thesen präsentieren. Deshalb nenne ich diese Art von Storytelling auch emanzipatorisches Storytelling.

Um sich in diesem Sinne auf den Weg zu machen, klärt ihr in einem ersten Schritt zu welchem Thema oder welcher Herausforderung ihr Storytelling gestalten wollt. Themen bei uns waren zum Beispiel eine kollaborative Haltung entwickeln oder personalisiertes Lernen entwickeln.

Schritt 2: Baut eure Herausforderung haptisch!

Im nächsten Schritt wird es haptisch. Ich nutze für diesen Schritt am liebsten Lego, aber auch Knete funktioniert gut. Ihr legt also das Lego oder die Knete in die Mitte des Tisches und fangt an, damit eure Herausforderung zu bauen bzw. zu basteln. Die Ideen entstehen dabei meist im Prozess. Wenn du also zunächst gar keine Idee hast, wie sich kollaborative Haltung kneten lässt, dann nimm dir einfach erst einmal ein bisschen Knete und fange an, die Knete irgendwie zu formen. In diesem Prozess wirst du fast automatisch damit anfangen, Ideen zur Darstellung zu entwickeln. Umso besser funktioniert das, wenn ihr in der Gruppe arbeitet. Denn wenn ihr euch gemeinsam auf diesen Prozess einlässt, können schnell sehr viele Ideen entstehen – und ihr habt meistens außerdem auch noch viel Spaß dabei.

Eine Kleingruppe beim gemeinsamen Lego bauen bei der edunautika

Schritt 3: Sammelt Eigenschaften eures Bauwerks

Für den nächsten Schritt nutze ich meist Post-Its, weil sich diese anschließend so gut clustern und sortieren lassen. Auf diese Post-Its schreibt ihr alle Eigenschaften auf, die euch bei Eurem Bauwerk relevant erscheinen. Dabei hilft es so konkret und einfach wie möglich zu sein und erst einmal alles aufzuschreiben, was einem in den Sinn kommt. Beispiele können sein: Das Bauwerk ist sehr bunt, sehr chaotisch, sehr geschlossen … Alles, was euch einfällt, haltet ihr auf Post-Its fest.

Schritt 4: Findet ein Bild!

Nach der Sammlung der Eigenschaften versucht ihr für einen Moment zu vergessen, welche Herausforderung ihr eigentlich festgelegt habt und konzentriert euch nur noch auf die geschriebenen Post-Its. Wenn ihr weiter die eigentliche Herausforderung im Blick habt, dann schränkt das das Denken sonst oft zu sehr ein. Eure Assoziation könnte zum Beispiel sein: Bei bunt denke ich an Jahrmarkt oder an Blumenwiese. Jahrmarkt passt zusätzlich auch zu chaotisch …

Um mehr Ideen zu generieren können auch diese Leitfragen/ Techniken helfen:

  • Gibt es unterschiedliche Bilder für unterschiedliche Post-Its?
  • Welche Gegenstände sehe ich um uns herum, die mich vielleicht auf Ideen bringen könnten?
  • Welche Vorschläge hat ein KI-Sprachmodell, wenn wir die gefundenen Eigenschaften eingeben und um eine Liste mit 10 Ideen für dazu passende Gegenstände fragen?

Es ist hilfreich, wenn ihr viele Bilder entwickelt. Schreibt also alles auf, was euch einfällt! Am besten sind ganz einfache Bilder von realen Gegenständen, nicht irgendwelche Konstruktionen, die ihr erst erklären müsstet.

Schritt 5: Entwickelt Eure Geschichte!

Im letzten Schritt stellt ihr wieder die Verbindung her zwischen Eurer ursprünglichen Herausforderung und den gefundenen Bildern. Ihr geht dazu die gefundenen Bilder durch und überlegt, ob und wenn ja wie welches Bild oder welche Bilder am besten zu eurer Herausforderung passen würden. Oft kann es auch hilfreich sein, mit mehreren Bildern einen Prozess oder unterschiedliche Aspekte Eurer Herausforderung darzustellen.

Mit den gefundenen Bildern könnt ihr den Prozess schon beenden und die Bilder als Metaphern zum Erzählen nutzen. Das funktioniert in Vorträgen toll, wenn man die gefundenen Bilder als Gegenstände mitbringt oder groß auf die Folien kritzelt oder Bilder dazu findet.

Alternativ/ zusätzlich könnt ihr um die Metaphern herum auch eine ‚richtige‘ Geschichte finden. Dabei können Personas mitspielen, die die Metaphern finden/ nutzen oder die gefundenen Metaphern treten direkt in der Geschichte auf. Das für mich einfachste Modell ist das folgende Storytelling-Template, das übersetzt/ angelehnt ist, an das Storytelling-Template mit Pixar.

  • Es war einmal …
  • Jeden Tag …
  • Plötzlich, eines Tages …
  • Deshalb …
  • Deshalb …
  • Bis endlich …
  • Seitdem …

Schreibt auf Basis dieses Templates erst einmal einen ganz simplen Plot, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Anschließend könnt ihr die Geschichte weiter verfeinern.

Fazit

Ich hatte den Eindruck, dass diese Schritte gerade in ihrer Einfachheit gut funktionieren. Vielleicht hast du Lust, sie in Workshops oder auch erst einmal nur für dich ebenfalls auszuprobieren. Viel Freude dabei!


Beitrag merken & teilen

Hier kannst Du dir den Link zum Beitrag kopieren - beispielsweise um ihn für Dich zu speichern oder mit anderen zu teilen. Wenn Du den Link in den Suchschlitz im Fediverse einfügst, kannst Du den Beitrag von dort aus kommentieren. Die Kommentare erscheinen dann nach Freigabe hier auf der Website.