Lieblings-Methode: Troika-Consulting

Troika-Consulting (deutsch: Dreier-Beratung) ist eine sehr vielfältig einsetzbare Methode, mit der ich in Workshops immer wieder gute Erfahrungen mache und zu der ich schon sehr unterschiedliche Variationen, Kombinationen und Anpassungen ausprobiert habe. Darüber möchte ich in diesem Blogbeitrag berichten. Wenn Du selbst Lernangebote gestaltest, dann kannst du dir davon hoffentlich Inspirationen mitnehmen. Ich bin im Rahmen der Liberating Structures auf die Methode aufmerksam geworden.

Die Grundform des Troika-Consulting

Wie der Name schon vermuten lässt, sind bei einem Troika-Consulting in der Regel drei Personen beteiligt. Da man es meistens mit größeren Gruppen zu tun hat, ist somit der erste Schritt, dass alle Teilnehmenden sich in Dreier-Gruppen zusammenzufinden.

In den Dreier-Gruppen findet dann eine gegenseitige Beratung statt. Dabei ist jede Person einmal in der fragenden Rolle und zweimal in einer beratenden Rolle. Es gibt also dreimal den folgenden Durchlauf:

  1. Die fragende Person hat kurz Zeit, um den anderen beiden Beteiligten ihre Frage vorzustellen. (Weiter unten findest du viele Möglichkeiten, was solch eine Frage genau sein kann. Hier geht es erst einmal nur um die grundlegende Struktur). Die beiden anderen Beteiligten fragen nach, wenn sie etwas nicht verstehen. Es soll an dieser Stelle aber nicht zu einer Diskussion kommen.
  2. Die fragende Person dreht sich weg. Sie ist nun erst einmal nicht mehr aktiver Part des Gesprächs, hört aber zu und kann sich Notizen machen. Die anderen beiden Beteiligten reflektieren, was aus ihrer Sicht mögliche Antworten auf die Frage wären.
  3. Nach Ablauf der festgelegten Beratungszeit, dreht sich die fragende Person wieder zurück und kann ein kurzes Feedback geben, was sie aus der Beratung mit nimmt. Dann ist die nächste Person an der Reihe, ihre Frage zu stellen.

Wie du siehst, handelt es sich um ein vielleicht auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftiges Raster, das aber in jedem Fall eine sehr klare Struktur hat. Genau darin liegt der Reiz der Methode.

Empfehlenswerte Möglichkeiten zur Nutzung

Das oben dargestellte Grundraster kann in Lernformaten auf sehr unterschiedliche Art und Weise verwendet werden. Ich stelle hier fünf Lieblings-Einsatzszenarien von mir vor.

1. Troika-Consulting als Teil einer Kultur des Teilens

Aus der Perspektive einer Kultur des Teilens ist die Troika Beratung besonders hilfreich, weil alle Beteiligten sowohl lernen, ihre Fragen zu stellen, als auch ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit anderen zu teilen. Das Stellen von Fragen wird einem durch das anschließende Wegdrehen einfach gemacht. Dadurch muss man nicht befürchten, die Frage noch genauer begründen oder sich gar für sie rechtfertigen zu müssen („Was, das weißt du nicht? Das gehört doch echt zu den Basics!) oder direkt auf Antworten reagieren zu müssen („Hast du das jetzt verstanden?“). Und das Teilen von Erfahrungen ist einfach, weil es wie ein entspanntes Zweiter-Gespräch anmutet.

Wenn es in Lernangeboten um eine Kultur des Teilens oder auch spezifischer um OER geht, dann starte ich deshalb gerne mit einem relativ offenen Troika Consulting. Dazu nehmen sich alle Zettel und Stift und notieren zunächst im Stillen für sich, vor welcher Herausforderung/ Frage sie aktuell stehen. Dies sollte möglichst konkret, aber zugleich auch nicht zu spezifisch und in jedem Fall als offene Frage (= man kann sie nicht einfach mit Ja/ Nein oder nur mit einer richtigen Antwort beantworten) formuliert sein. Diese aufgeschriebene Frage ist dann Grundlage des Troika-Consulting – und alle können dadurch ganz konkret erleben, wie wertvoll eine Kultur des Teilens in der Praxis sein kann.

2. Troika-Consulting als Mini-Barcamp

Eine zweite Variante des Troika-Consulting nutze ich im Rahmen der Phase der Ideenentwicklung in Design Thinking Workshops. Ein typischer Ablauf sieht hier so aus, dass die Teilnehmenden sich in das Thema eingefühlt haben und dann die Herausforderung, für die Ideen entwickelt werden, als „Wie können wir …?“-Fragen formuliert werden. Gerade bei großen und vielfältigen Gruppen gibt es hier erst einmal zahlreiche solcher Fragen, die ich mit den Lernenden meist an einer Pinnwand sammle. Nicht jede Frage ist dabei für jede Person gleich relevant. Hier kommt deshalb dann die Überleitung ins Troika-Consulting mithilfe des Barcamp-Prinzips ins Spiel. Hierzu darf sich jede Person eine der kollaborativ gesammelten „Wie können wir …“-Fragen auswählen und diese dann als Grundlage für das Troika-Consulting nutzen. Bei der Vorstellung der Frage, stellt die fragende Person dann vor allem auch vor, warum sie diese Frage für sich als relevant erachtet. Danach beratschlagen die beiden anderen Beteiligten, was mögliche Ideen für diese Frage wären.

Nach solch einem Troika-Consulting kann sich dann wunderbar eine Ideenentwicklung anschließen, weil die Teilnehmenden erstens für sich herausgearbeitet haben, was für sie relevant ist. Zweitens haben sie ganz viele erste Ideen im Kopf, die sie dann weiter konkretisieren und ausarbeiten können.

3. Troika-Consulting in Kombination mit Personas

Eine sehr hilfreiche Kombination ist das Troika-Consulting zusammen mit einer Persona-Gestaltung. Bei Personas handelt es sich um fiktive Personen, die wichtige Eigenschaften mit einer Zielgruppe gemein haben. Sie werden sehr konkret ausgearbeitet. Das bedeutet, dass man sich für sie einen Namen, ihr Alter, Hobbies … überlegt. Solche Personas lassen sich zum einen einfach kritzeln und beschriften. Noch mehr Freude macht es, sie aus Blanko-Holzfiguren zu basteln. In der Pädagogik können Personas unter anderem genutzt werden, um die Rollen und Herausforderungen von Lernenden zu reflektieren.

Das Troika-Consulting startet in diesem Fall, wenn alle Beteiligten eine Persona erstellt haben. Die fragende Person stellt dann keine Herausforderung vor, sondern ihre entwickelte Persona. Die beiden anderen Beteiligten beraten dann, was diese Persona bräuchte, um gut lernen zu können.

Diese Kombination von Troika-Consulting + Persona-Entwicklung kann sehr vielfältig ausgestaltet werden. Zum Beispiel kann sie auch im Kontext einer Strategie-Entwicklung (= Was wäre für diese Persona ein No-Go, was wäre ihr wichtig?), zur Community-Entwicklung (= Was wünscht sich diese Persona von der Community, um sich gut einbringen zu können?) oder zur Lernformate-Gestaltung (= Wie würde diese Persona lernen wollen, was geht für sie gar nicht?) genutzt werden.

4. Troika-Consulting als Abschluss mit der 15%-Methode

Die 15% Methode stammt ebenfalls aus den Liberating Structures und eignet sich besonders gut für einen Abschluss von Lernangeboten. Die Idee ist hier, sich nicht auf die Sachen zu fokussieren, die aufgrund fehlender Rahmenbedingungen nicht möglich sind oder für die man erst Erlaubnis einholen oder Gelder beantragen müsste. Stattdessen soll man die Sachen in den Blick nehmen, die man selbst in der Hand hat. Das sind auch in komplexen Organisationen mindestens 15%. Daher hat die Methode ihren Namen. Die Aufgabe an die Teilnehmenden lautet: Überlege dir jetzt zum Abschluss des Lernangebots eine konkrete Sache, die du innerhalb des eigenen 15%-Spielraums als nächsten Schritt angehen willst!

Nachdem sich alle eine Sache überlegt und am besten für sich notiert haben, startet das Troika-Consulting. Anstelle einer klassischen Frage stellt die fragende Person dann ihren geplanten nächsten Schritt vor. Die anderen beiden Beteiligten beratschlagen, was sie ihr dazu noch mit auf den Weg geben könnten: Mit wem könnte sie sich vernetzen? Welche Erfahrungen könnten hilfreich sein? Was könnte schief gehen? Was sollte beachtet werden? …

Im Ergebnis kann die fragende Person ihren ersten Schritt wahrscheinlich deutlich qualifizierter gehen, als wenn sie solch eine Beratung nicht gehabt hätte.

5. Troika-Consulting in Kombination mit „Denkhüten“

Wird das Troika-Consulting mit den so genannten Denkhüten (= eine Methode von Edward de Bono) verbunden, dann ist die ursprüngliche Methode fast nicht mehr wieder zu erkennen, weil sie auch keine Dreier-Struktur mehr hat. Stattdessen wird ein Kreis mit 6 Plätzen gebildet. Auf jedem Stuhl befindet sich ein ‚Denkhut‘ in einer bestimmten Farbe. (Ich nutze statt Hüten oft Armbänder oder auch einfach farbige Würfel, die man in die Hand nimmt). Mit jeder Farbe ist eine bestimmte Rolle verbunden:

  • Weiß: Dir geht es um objektive Informationen, Daten und Fakten. Du willst vorhandenes Wissen sammeln, ohne Wertungen oder Meinungen.
  • Rot: Dir geht es um Emotionen, Intuition und Bauchgefühl. Du äußerst deine Gefühle und Empfindungen, ohne rationale Begründungen.
  • Schwarz: Du fokussierst dich auf kritische Bewertungen, Risiken und Vorsichtsmaßnahmen. Dein Ziel ist es, potenzielle Probleme und Herausforderungen zu identifizieren.
  • Gelb: Dein Fokus liegt auf positivem Denken, Chancen und Vorteilen. Du betonst die Vorzüge und positiven Aspekte einer Idee oder Lösung.
  • Grün: Dir geht es um Kreativität, Innovation und neue Ideen. Du erkundest alternative Ansätze und Möglichkeiten.
  • Blau: Dein Fokus ist die Steuerung des Denkprozesses. Du organisierst, planst und koordinierst die Diskussion, ohne inhaltlich einzusteigen.

Es finden sich sechs Freiwillige, die im Kreis Platz nehmen und sich dabei auch mit ihrer Rolle vertraut machen. Die übrigen Personen stehen um den Kreis und dokumentieren die folgende Beratung. Eine Person aus dem Außenkreis wählt außerdem eine erste Idee aus, die z.B. in einem vorherigen Ideenentwicklungsprozess erstellt wurde. Sie stellt diese Idee vor und bittet den Innenkreis um Beratung. Wie auch beim klassischen Troika-Consulting ist sie hier nicht Teil der Beratung, sondern dreht sich weg, sobald sie die Idee vorgestellt hat. Ebenso verfährt auch der übrige „Außenkreis“.

Anschließend nimmt eine andere Person die Rolle der ‚Ideen-Einbringerin‘ ein und auch die Rollen und Personen im Innenkreis können wechseln. Bei dieser Variante ist es nicht so wichtig, dass alle in allen Rollen an der Reihe sind. Ich mache meist 5 Durchgänge, wodurch man fünf Ideen durch die unterschiedlichen Perspektiven darauf sehr gut weiter qualifizieren kann.

Transfer als „Mikro“-Beratung

Insbesondere in den Varianten 1-4 erfüllt das Troika-Consulting für mich in meinen Workshops vor allem auch den Zweck, dass die Teilnehmenden diese Methode in ihr Kollegium bzw. ihre Organisation mitnehmen können und sie dort als „Mikro“-Beratung verankern.

Das bedeutet: Ähnlich wie sich Kolleg*innen in einem kleinen Zeitfenster zusammenfinden können, um gemeinsam etwas in Form einer Mikrofortbildung zu lernen, so können sie dank des Troika-Consulting, wenn sie diese Methode erst einmal kennen gelernt haben, auch sehr einfach zu einer Mikroberatung zusammenkommen. Diese Perspektive des Transfers ist für mich ein wichtiger Nebeneffekt beim Einsatz des Troika-Consultings in meinen Lernangeboten.

Tipps zur Moderation

Ich habe die Troika-Beratung inzwischen schon sehr oft durchgeführt und die Reaktionen der Teilnehmenden sind häufig recht ähnlich:

  • Vor dem Ausprobieren überwiegt Skepsis und Hinterfragen („Muss ich mich wirklich wegdrehen?“, „Was bringt denn das?“, „Warum wird schon nach wenigen Minuten abgeklingelt?“, „Was ist, wenn ich zu einer Frage gar nichts sagen kann?“ …)
  • Nach dem Ausprobieren überwiegt dann Zustimmung und Überzeugung („Das war sehr hilfreich“, „Das nehme ich unbedingt als Methode für die kollegiale Beratung mit“, „Ich hätte nicht gedacht, dass das so gut funktioniert“ …)

Vor diesem Hintergrund versuche ich Diskussionen im Vorfeld zu vermeiden. Ich stelle es stattdessen so dar, dass es eine Methode mit einer sehr klaren Struktur und einem festen Ablauf ist. Um die Methode für sich einschätzen zu können, ist es wichtig, sich zunächst darauf einzulassen und sie genau in dieser Struktur auszuprobieren. Sollte man dann zum Schluss kommen, dass sie für einen nicht passt, dann hat man auch etwas gelernt und kann sie entweder nicht mehr nutzen oder für sich anpassen …

Folgende Learnings kann ich ansonsten noch für die Moderation weitergeben:

  • Es ist hilfreich, zu Beginn den gesamten Ablauf der Methode vorzustellen und die Teilnehmenden dann Schritt für Schritt bei der Durchführung zu begleiten. Oft ist es so, dass es in der ersten Runde noch etwas hakt. Ab der zweiten Runde ist allen Kleingruppen das Prinzip aber meist klar.
  • Es ist wichtig, sich ein klares Timeboxing zu überlegen, d.h. feste Zeiten, die für Fragevorstellung und anschließende Beratung zur Verfügung stehen. Ich nehme meistens eine 1 + 4 Struktur (= eine Minute Vorstellung, eine Minute Beratschlagung). Diese Zeiten klingle ich sehr konsequent ab. Das Feedback nach der Beratschlagung wird nichts extra angekündigt, sondern im Übergang zur jeweils nächsten Runde ermöglicht.
  • Bei manchen Gruppen ist es entspannter, wenn nicht nach einer Minute Vorstellung abgeklingelt wird, sondern wenn insgesamt für jede Runde 5 Minuten zur Verfügung stehen. Damit verbinde ich dann die Ansage, dass die fragende Person umso weniger Beratungszeit erhält, je länger sie für die Vorstellung braucht …

Im Online-Kontext kann die Methode in BreakOut Räumen durchgeführt werden. Das Wegdrehen wird dabei durch das Ausschalten der Kamera und Stummschalten symbolisiert. Damit alle in den BreakOut Runden die Struktur gut verstanden haben, spiele ich meistens zunächst ein Beispiel mit einem vollständigen Ablauf eines Troika-Consulting im Plenum mit drei Freiwilligen vor.

Fazit

Das Troika-Consulting war mein Einstieg in die Liberating Structures. Aber auch wenn du gar nicht vorhast, noch weitere Methoden aus diesem Kontext zu nutzen, so lohnt sich das Troika-Consulting aus meiner Sicht auch als einzelne Methode. Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren und Erkunden!


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