Flipped-Lerneinheiten zu OER per Mail

Für einen Workshop zu offenen Bildungsmaterialien habe ich mit einem sehr niederschwelligen ‚Flipped-Ansatz‘ experimentiert: Die Teilnehmenden erhielten vorab an drei Werktagen eine kurze Mail von mir mit einem kurzen Input und einer dann folgenden Reflexionsaufgabe. Ich teile diese Textschnipsel in diesem Blogbeitrag zur Weiternutzung. Zum Abschluss findest Du noch kurze Bemerkungen zu meinem Einsatz.

Textschnipsel für einen Mini-Flipped-OER-Mail-Kurs

Anders als in diesem Blog üblich sind die folgenden drei Textschnipsel unter der Lizenz CC0 1.0 freigegeben, d.h. Du musst keinen Lizenzhinweis angeben, aber darfst natürlich gerne freiwillig auf das eBildungslabor verweisen.

1. Was sind OER und wozu brauchen wir sie?

OER sind Bildungsmaterialien, die man aufgrund ihrer freien Lizenz weiterverwenden kann. Sie liegen häufig, aber nicht zwangsläufig digital vor und können in Umfang und Komplexität sehr unterschiedlich sein: vom einfachen Arbeitsblatt bis hin zu einem umfassenden Online-Kurs. Weiterverwendung bedeutet, dass für die Materialien die so genannten ‚5V‘ gelten. Man darf die Materialien verwahren/vervielfältigen, verwenden, verarbeiten, vermischen und verbreiten.

Beispiel: ein OER-Arbeitsblatt darf ich mit eigenen Informationen anreichern, ein weiteres Bild aus einem anderen Material hinzufügen – und das Ergebnis dann Lernenden auf einer virtuellen Lernplattform zur Verfügung stellen. Hier sind die 5V als Grafik visualisiert.

OER sind aus einer Vielzahl von Gründen eine gute Idee für zeitgemäße Pädagagik – und deshalb sehr wichtig für gutes Lehren und Lernen. Ich finde vor allem die folgenden Gründe entscheidend:

  • OER hatten von Beginn an die Misssion, allen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Darum geht es auch bei zeitgemäßer Pädagogik: alle mitnehmen, niemanden zurücklassen!
  • OER setzen auf Austausch und Kollaboration unter Lehrenden zum Nutzen von allen. Niemand muss das Rad immer wieder neu erfinden!
  • OER haben das Potential für eine zeitgemäße Qualitätsentwicklung in der Bildung. Nicht Stempel drauf und fertig – sondern Qualitätsentwicklung als Prozess.
  • OER können einfach angepasst und verändert werden. Damit bieten sie die Perspektive für spezifisch passende und individualisierte Bildung. Unterschiedliche Bedürfnisse und Vorkenntnisse können berücksichtigt werden.
  • Durch die einfache Weiterbearbeitung können OER-Materialien nicht nur einfach aktuell gehalten werden. Sie bieten auch die Möglichkeit, neue Themen und Aspekte, die noch nicht von traditionellen Bildungsmaterialien aufgegriffen wurden, in den Unterricht zu integrieren. Ein Beispiel ist das Themenfeld des globalen Lernens oder auch Bildungsmaterialien zum Coding.
  • Und vor allem bieten OER das Potential nicht nur die Materialien, sondern die Bildung insgesamt offener zu gestalten. Mit so genannten Open Educational Practices (OEP) kann an konstruktivistische Lerntheorien angesetzt werden; Multiperspektivität, kollaboratives Lernen & eine aktive Rolle der Lernenden im Lernprozess. Für eine neue Bildungskultur der Freiwilligkeit und der Solidarität!

👉 Jetzt sind Sie dran!
Denken Sie für sich über den folgenden Reflexionsanstoß nach:
Warum beschäftige ich mich mit OER bzw. warum bin ich an OER interessiert?

2. Was muss man können/ wissen, um OER nutzen zu können?

Wichtig für die Nutzung von OER ist ein grundlegendes Verständnis zu Urheberrecht und freien Lizenzen. Für Nicht-Jurist:innen einfach erklärt:

  1. Wenn eine Person etwas erstellt, dann ist das Ergebnis automatisch urheberrechtlich geschützt. Bsp: Ich mache ein Foto → das Foto unterliegt dem Urheberrecht
  2. Das Urheberrecht setzt der Nutzung von erstellten Dingen sehr enge Grenzen. Es gilt die Faustregel: privat darf ich damit so gut wie alles machen; öffentlich prinzipiell gar nichts. Öffentlich ist dabei alles, was nicht nur mich und direkt mit mir bekannte Personen betrifft.
  3. Wenn eine Person will, dass für das von ihr erstellte Produkt die engen Grenzen des Urheberrechts gelockert werden, dann kann sie dieses unter einer freien Lizenz veröffentlichen.

Ich habe das auch in diesem Video erklärt.

Für den Bildungsbereich nutzen wir als freie Lizenz die so genannten Creative Commons Lizenzen – abgekürzt mit CC. Eine Veröffentlichung unter einer CC Lizenz kann mit unterschiedlichen Bedingungen verküpft sein. Diese werden als Kürzel an die CC Buchstaben drangesetzt:

  • 0 – es kann ganz ohne Bedingungen weitergenutzt werden.
  • BY – der Name soll mit genannt werden.
  • SA – es soll nur unter gleichen Bedingungen geteilt werden
  • NC – es darf nicht kommerziell genutzt werden
  • ND – es darf nicht verändert werden.

Die unterschiedlichen Bedingungen lassen sich miteinander kombinieren. CC BY ND würde also z.B. bedeuten, dass man das Material weiterverwenden darf, aber den Namen der urhebenden Person dazu schreiben muss und das Material nicht verändern darf. Da die Idee von OER das Teilen und der Remix ist und wir dieses somit so einfach wie möglich machen wollen, gerhören zu den OER Lizenzen im engeren Sinn nur CC0, CC BY und CC BY SA.

Wenn man selbst ein erstelltes Material als OER teilen will, dann kann man selbst wählen, welche Lizemz man nutzen will und diese dann dazu schreiben. Das geht mit diesem Lizenz-Auswähler.

Wenn man ein OER-Material von einer anderen Person weiter verwenden will, dann muss ein Lizenzhinweis angegeben werden. Einen solchen Lizenzhinweis schreibt man mithilfe der TULLU-Regel. TULLU steht für: Titel, Urheber, Lizenz, Link zur Lizenz und Ursprungsort. Das sind die Bestandteile, die zu einem Lizenzhinweis gehören. Genau erklärt ist die TULLU-Regel hier.

👉 Jetzt sind Sie dran!
Nehmen Sie an, Sie möchten dieses Elefantenbild in einer Präsentation verwenden: https://www.flickr.com/photos/larsms/6679581591/
Wie würde der Lizenzhinweis aussehen, den Sie dazu schreiben müssten?
(Hier ist die Lösung zur Überprüfung: https://telegra.ph/Elefantenbild-mit-Lizenzhinweis-03-30)

3. Wo finde ich OER?

Wir haben bereits gelernt: OER sind Bildungsmaterialien, die unter einer offenen Lizenz stehen. Wenn ich also OER im Internet finden will, muss ich nach offen lizenzierten Materialen suchen. Am besten funktioniert das über spezifische Plattformen, die entweder ausschließlich OER im Angebot haben oder aber, bei denen sich nach Lizenz filtern lässt. Ich kann vor allem die folgenden Anlaufstellen für den Einstieg empfehlen:

  1. Für offen weiternutzbare Bilder können Sie die Angebote der Online-Enzyklopädie Wikipedia via https://picsome.org/ nutzen oder die größere Suchmaschine von Creative Commons über das Openverse (hier am besten mit englischen Suchbegriffen): https://wordpress.org/openverse/ Beide Suchmaschinen liefern direkt einen Lizenzhinweis mit.
  2. Ausgearbeitete Bildungsmaterialien finden Sie über die Bildungssuchmaschinen https://mundo.schule/ oder https://wirlernenonline.de/. Bei beiden Suchmaschinen lässt sich nach OER filtern.
  3. Ganz viele weitere OER-Quellen finden Sie in diesem Top-200-OER-Verzeichnis: https://www.oercamp.de/top200/

👉 Jetzt sind Sie dran!
Durchstöbern Sie die aufgeführten Websites nach Inhalten und Materialien, die für Ihren Kontext passend sind.

Verwendung der Textschnipsel

Wie einleitend bereits erwähnt, habe ich die Textschnipsel an den Werktagen vor der Veranstaltung an die Teilnehmenden verschickt. Am vierten Tag, dem Vortag des Workshops, folgte eine weitere Mail, in der die Teilnehmenden dazu eingeladen wurden, ihre weiterführenden Fragen und Ideen zur Diskussion in einem Mindwendel (= einer offen nutzbaren Brainstorming-Umgebung, die man sich hier einrichten kann), festzuhalten. Das war dann Grundlage für den Workshop.

Um alle zu Beginn des Workshops mitzunehmen, habe ich im ersten Schritt eine Art ‚Mikrofortbildung‘ in BreakOut-Runden gestaltet. Das bedeutet: Alle wurden per Zufall in eine BreakOut-Gruppe eingeteilt. Jede BreakOut-Gruppe konnte die drei Vorbereitungs-Inputs für such rekapitulieren. Verständnisfragen, die in der Gruppe nicht geklärt werden konnten, wurden ins Plenum zurückgebracht.


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