Ein Workshop beim Fachtag Medienbildung in Berlin, der nicht so klappte, wie ich ihn mir vorgestellt hatte …

Heute war ich mit einem doppelten Auftrag beim Fachtag Medienbildung in Berlin: zum einen habe ich einen Vortrag zu KI gehalten und zum anderen einen Einstiegsworkshop zu OER angeboten.

Die Veranstaltung war professionell von sehr motivierten Bildungsmenschen organisiert, sie war gut besucht und ich habe mich sehr gefreut einige bekannte Gesichter (vor allem aus meinen LISUM-Fortbildungen) zu treffen, als auch neue Kontakte zu schließen. Auch der Veranstaltungsort mit dem meredo in Reinickendorf war sehr schön. Ich ordne diesen Beitrag dennoch unter ‚Fail‘ ein, weil ich mit meinen eigenen Beiträgen nicht zufrieden bin bzw. mir diese anders vorgestellt hätte. Zur Erinnerung: „Fail“ ist in diesem Sinne nichts Schlechtes, sondern etwas, woraus mindestens ich, aber hoffentlich auch andere lernen können 🙂

Was lief also nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.

  1. Ich hatte meinen Vortrag zu KI ursprünglich mit drei Murmelrunden zwischendrin geplant. Murmelrunde bedeutet, dass ich meinen Vortrag meist mit einer Impuls- und/ oder Rekapitulationsfrage kurz unterbreche und die Teilnehmenden einlade, sich mit Nebensitzer*innen dazu zu unterhalten. Das erlebe ich immer wieder als sehr sinnvoll. Bereits im Vorfeld bei der Vortragsgestaltung merkte ich dieses Mal aber, dass ich mit drei Murmelrunden mit der Zeit nicht hinkomme und kürzte auf zwei. Von diesen beiden fiel die zweite Murmelrunde dann noch im Prozess des Redens weg, weil ich länger sprach, als geplant.
  2. Meinen Workshop zum Thema OER hatte ich sehr kollaborativ und interaktiv, d.h. als ‚echten‘ Workshop angelegt. Die Teilnehmenden erhielten ein OER-Booklet. Ich erklärte nur ganz kurz die wichtigsten Grundlagen. Dann gab es Kleingruppen zur Erarbeitung der Grundlagen mit einem Gruppenpuzzle und anschließend Erkundungsaufgaben, aus denen alle je nach eigenen Vorerfahrungen und Interessen auswählen konnten. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass wir nicht wirklich ins Arbeiten kamen und der Workshop plätscherte so vor sich hin und ‚funktionierte‘ zumindest aus meiner Perspektive irgendwie nicht richtig.

Bei Punkt 1, dem zu langen Vortrag, ist es relativ einfach herauszuarbeiten, was ich anders machen müsste: Ich merke jedes Mal beim Vortragen, dass Menschen eine Zeitlang sehr aufmerksam folgen. Irgendwann lässt dann die Aufmerksamkeit aber nach. (Mir geht es beim Zuhören da nicht anders.) Darum bringt es überhaupt nichts, zu denken, dass dieses oder jenes aber doch so wichtig sei und ich es deshalb unbedingt noch unterbringen sollte. Stattdessen wäre weniger hier tatsächlich viel mehr, weil man von meinem Vortrag mehr mitbekommt, wenn es mehrere kleine Zeitabschnitte sind. Und zugleich ist dann auch noch Austausch mit anderen möglich.

Was aber lässt sich von Punkt 2, des nicht-funktionierenden Workshops, lernen? Das ist aus meiner Sicht schwieriger. Denn hier gerate ich sehr stark mit den vorherrschenden Vorstellungen über Workshops in Konflikt: Lernende sind erst einmal darauf konditioniert, von mir etwas erklärt zu bekommen. Ich bin darauf konditioniert, etwas zu erklären. Ich stehe deshalb vor einem Dilemma:

  • Ich entspreche diesen Vorstellungen, d.h. ich erkläre Schritt für Schritt und lasse dabei oder nebenher ausprobieren, aber halte das eigentlich nicht für sinnvoll. Zudem verfestige ich damit genau solche Vorstellungen, die ich eigentlich überwinden will.
  • Ich entspreche den Vorstellungen nicht und gestalte den Workshop sehr interaktiv und kollaborativ, aber habe dann eben das Gefühl, dass der Workshop nicht wirklich funktioniert.

Am liebsten wäre mir ein Ausweg 3: Vorstellungen nicht entsprechen, aber es trotzdem erreichen, dass es funktioniert. Positivbeispiele wären hierfür z.B. Design Thinking Workshops, wo so etwas erfahrungsgemäß gut funktioniert …

Um zu diesem Punkt zu kommen, habe ich den heutigen Workshop für mich noch etwas genauer analysiert. Ich bin zum Schluss gekommen, dass die Herausforderung bei der Konzeption gar nicht so sehr die Mitmach-Komponente war. Darauf waren die Teilnehmer*innen aus meiner Sicht durchaus vorbereitet. Die Irritation kam aus meiner Sicht stattdessen vor allem deshalb zustande, weil das Lernen sehr stark kollaborativ angelegt war. Mein Ziel war, dass die Teilnehmer*innen mit bereitgestellten Materialien, Unterstützung und Struktur von mir vor allem von- und miteinander lernen. Und ich selbst hatte mir dazu viel überlegt und hatte deshalb ein klares Bild im Kopf, wie der orkshop aus meiner Sucht aussehen sollte.

Diese Einsicht finde ich für mich sehr wertvoll. Denn auf dieser Grundlage konnte ich die folgenden fünf Punkte für zukünftige Workshops für mich festhalten, die vielleicht den Ausweg 3 ermöglichen. Ich werde an ihnen weiterdenken und ausprobieren:

  1. Zelebrierter Einstieg mit ‚Präsenz‘: Ein kollaborativ angelegter Workshop braucht einen sehr zelebrierten, gemeinsamen Einstieg mit Präsenz. Bei mir ‚plätscherten‘ wir heute eher so in den Workshop rein: Einige waren z.B. noch mit anderen Dingen beschäftigt oder hörten eher von der Seite zu. Der Raum war recht groß, so dass auch darüber kein wirkliches Gruppengefühl zustande kam. In dieser Situation wäre es sinnvoll gewesen, zu Beginn alle zusammenzuholen (und vielleicht dann auch die draußen zu lassen, die nicht wirklich mitmachen wollten oder konnten), so dass allen klar gewesen wäre: Wir, die wir hier jetzt zusammen gekommen sind, sind die Workshopgruppe und wir arbeiten jetzt die nächsten zwei Stunden gemeinsam an unserem Thema.
  2. Soziale Sicherheit: Bei einem kollaborativ angelegten Workshop müssen sich alle Teilnehmer*innen sicher fühlen und z.B. keine Angst haben, plötzlich etwas aktiv machen zu müssen, aber das nicht zu können und sich zu blamieren. Durch die Arbeit in Kleingruppen, hatte ich darauf konzeptionell geachtet, d.h. niemand musste z.B. in großer Runde irgend etwas präsentieren. Es wäre aber denke ich hilfreich gewesen, das explizit so anzukündigen. Vielleicht hilft es auch, dass zu Beginn gewisse Regeln festgelegt werden.
  3. Das ‚Warum‘ an den Anfang stellen und Begeisterung wecken: Es ist eine Fehlannahme von mir, dass Menschen sich immer bewusst für einen Workshop entscheiden. Stattdessen funktioniert solch eine Workshopauswahl oft wahrscheinlich auch eher zufällig bzw. nicht nur aus inhaltlichen Gründen. Vor allem gilt das wohl, wenn man sich zu einer Konferenz anmeldet – und in diesem Rahmen auch Workshops auswählen soll. Da gehe ich auch oft so vor, dass ich erstmal mein Kreuz setze, aber dann nicht mehr genau weiß, wo ich angemeldet bin. Gerade bei einem kollaborativ angelegten Workshop gehört zum Einstieg deshalb eine kurze Darstellung von mir als Workshopleitende, warum ich das Thema für mich wichtig und relevant finde und eine Beschäftigung damit empfehle. (Das habe ich heute durchaus ein bisschen versucht, aber wahrscheinlich zu wenig). Auf diese Weise bekommt die Gruppe eine gemeinsame Orientierung.
  4. Kollaborationskompetenz nicht voraussetzen: Ohne oder mit wenig praktischer Kollaborationskompetenz bzw. Erfahrung mit kollaborativ angelegten Workshops, können die Teilnehmer*innen Schwierigkeiten haben, gut zusammen zu lernen. Wie genau damit umgegangen werden kann, weiß ich noch nicht. Meine Tendenz ist, noch etwas mehr zu strukturieren und vielleicht auch ganz konkrete Hinweise zu geben (Beispiel: Am besten einigt ihr Euch in eurer Kleingruppe jetzt erstmal auf eine Person die moderiert/ die mitschreibt/ die auf die Zeit achtet …). Und ähnlich wie bei einem Design Thinking Workshop hilft wahrscheinlich ein sehr klares und transparentes ‚Timeboxing‘. Das habe ich heute eher schleifen lassen.
  5. Eigene Perspektive reflektieren: Ich habe heute nach dem Workshop mit einigen Teilnehmer*innen gesprochen, was mein eigenes Fazit etwas revidiert hat. Denn sie meinten ganz überwiegend doch, dass sie sehr viel mitgenommen hätten. Ich merke mir deshalb, dass kollaborativ angelegte Workshops aus der Perspektive von Teilnehmenden auch anders wahrgenommen werden können, als von mir als Workshopleiterin – und dass es für mich sehr okay sein sollte, wenn Teilnehmer*innen den Workshop vielleicht auch für sich anders nutzen, als ich mir das im Vorfeld vorgestellt hätte.

Fazit und Vorhaben

Ich freue mich auf Basis dieser fünf heute erarbeiteten Punkte zukünftige Workshops zu konzipieren – und nehme dazu vor allem diese konkreten Fragen mit:

  • Was wären gute Methoden oder auch kleinere Aktivitäten, um zu Beginn einen gemeinsamen Einstieg mit Präsenz zu finden?
  • Wie lässt sich Kollaboration in Kleingruppen niederschwellig unterstützen und auf diesem Weg zugleich Kollaborationskompetenz entwickeln?
  • Wie kann ich zu Beginn Orientierung geben und Begeisterung wecken ohne zugleich zu stark meine Perspektive vorzugeben und doch wieder in die Inhaltevermittlung zu verfallen?

Wahrscheinlich machen viele Menschen in der Erwachsenenbildung solche Workshop-Erfahrungen, wie ich sie heute gemacht habe. Ich bin vor diesem Hintergrund sehr interessiert daran, auch von anderen Erfahrungen zu lesen. Falls Teilnehmer*innen des heutigen Workshops auf diesen Eintrag stoßen, ist mir noch folgendes wichtig.

  1. Ich hoffe sehr, dass diese Reflexion vor allem als ein Zweifeln/ Lernen an mir selbst gelesen wird – und nicht als Teilnehmer*innen-Beschimpfung. Das ist nämlich überhaupt nicht meine Intention.
  2. Ich fände es spannend, noch mehr aus eurer Perspektive zu erfahren, was euch vielleicht geholfen hätte bzw. wie ihr den Workshop wahrgenommen habt. Mit einigen Workshop-Teilnehmer*innen habe ich noch gemeinsam reflektiert. Ihre Überlegungen sind bereits mit in diese Reflexion von mir eingeflossen. Danke dafür!