Edumail #65

(Bis Ende 2022 habe ich die Edumail über das niederländische Start-Up Revue versandt, das sich von Twitter hat aufkaufen lassen und dann eingestampft wurde. Ich habe meine über dieses Tool versandten Ausgaben auf meine Website kopiert und so gesichert. Das Layout konnte ich allerdings nicht gut anpassen. Ab 2023 versende ich die Edumail direkt über meine Website. Hier kannst Du sie abonnieren.)

Hallo und willkommen zur Edumail Nr. 65. Ich bin zurück aus der Sommerpause und stelle die heutige Ausgabe unter die Frage: Wie geht Bildung für eine bessere Welt? Neben allgemeinen Überlegungen zu Pädagogik angesichts von Krisen geht es ganz praktisch um Methoden des gemeinsamen und solidarischen Lernens, um empfehlenswerte Veranstaltungen in den nächsten Wochen sowie um hilfreiche Tools, Illustrationen und Websites.Ich wünsche Dir viel Freude beim Erkunden und sende herzliche GrüßeNele Hirsch | eBildungslabor
Pädagogik angesichts von Krisen
Ich habe noch keine fertigen Antworten darauf, ob/ wie sich Pädagogik verändern muss, wenn unsere Gesellschaft immer krisenhafter wird. In einem ersten Blogbeitrag habe ich aber drei für mich wichtige Punkte formuliert: Ich finde, dass Pädagogik mehr Wert legen muss auf ein gutes Leben im Hier und Jetzt – und nicht nur auf die Vorbereitung auf später. Nur so können Achtsamkeit und Staunen über die Welt wachsen. Um angesichts von Krisen nicht in passive Ohnmacht oder Zynismus zu verfallen, müssen Schulen und andere Bildungsinstitutionen Orte sein, an denen Selbstwirksamkeit erlebt werden kann. Angesichts der Krisenhaftigkeit der Welt ist ‘Menschlichkeit’ das wohl wichtigste Bildungsziel im 21. Jahrhundert. Das bedeutet: Menschen müssen fähig sein und es richtig finden, sich gegenseitig zuzuhören, sich zu helfen, sich füreinander verantwortlich zu fühlen und sich ‚liebzuhaben‘.
Ausführlich habe ich darüber in meinem Blog geschrieben:
Pädagogische Unruhe | eBildungslaborWorum geht es bei Bildung in Zeiten der Krise?ebildungslabor.de
Auch beim Educamp am Wochenende in Düsseldorf habe ich eine Session zu diesem Thema angeboten. Die Ideen und Gedanken, die die Teilgebenden zum Abschluss entwickelt haben, findest Du hier:
Was kann Pädagogik im Angesicht von Krisen versuchen?Antworten vom #ECDUS22txt.fyi
Zum Nachmachen I: Methoden für gemeinsames Lernen
Pädagogik für eine bessere Welt erfordert Räume, in denen Menschen gemeinsam und solidarisch miteinander lernen können. Mit drei Methoden, die auf sehr viel Austausch statt auf frontalen Input setzen, habe ich dabei gute Erfahrungen gemacht: Redner*in/ Zuhörer*in: Alle Beteiligten erhalten eine Karte auf der entweder Reder*in oder Zuhörer*in steht. Insgesamt sollte es etwa dreimal soviele Zuhörer*innen, wie Redner*innen geben. Alle bewegen sich durch den Raum, die Redner*innen halten dabei ihre Karte hoch. Auf ein Signal hin, sammeln sich die Zuhörer*innen um die Person in ihrer Nähe mit Redner*in-Karte. Diese hat dann 1 Minute Zeit, um ihre Überlegungen zu einer vorab festgelegten Frage zu erzählen. Die anderen hören dabei nur zu. Danach erfolgt ein Kartentausch und alle bewegen sich weiter, um neue Gruppen zu bilden. Toll an dieser Methode ist, dass man Zuhören lernt und dass man sehr schnell die Stimmung und die unterschiedlichen Perspektiven in einem Raum einfangen kann. Inspirationsdusche: Anstatt erste Ideen zu einem Thema klassisch und frontal zu präsentieren, druckt man sie auf kleine Zettel. Jede Person erhält einen Zettel. Alle bewegen sich durch den Raum. Wenn man auf eine andere Person trifft, erzählt man sich gegenseitig, was die Idee auf dem Zettel ist und wie man diese findet. Dann tauscht man die Karten und geht weiter. Rollenspiel gegen Widerstand: Typische ‘Das geht aber doch nicht!’ Statements werden gesammelt oder bereits vorab ausgedruckt (z.B. ‘Das haben wir aber noch nie so gemacht …’, ‘Das wird bestimmt schiefgehen …’). Nachdem eine Lerngruppe Ideen entwickelt hat, werden Freiwiluge gesucht, die je ein Zitat hochhalten und versuchen, in dieser Art und Weise zu argumentieren. Die anderen versuchen sie von ihren Ideen zu überzeugen.
Diese und weitere Methoden habe ich bei meinem interaktiven Vortrag ‘Erwachsenenbildung im Ausprobiermodus’ verwendet und in diesem Blogbeitrag ausführlich beschrieben.
Bildungsexpedition: Erwachsenenbildung im AusprobiermodusOder: Wie aus einem Vortrag eine Mitmach- und Austauschveranstaltung wurde.ebildungslabor.de
Zum Nachmachen II: Fahrradbus statt Elterntaxi
Wenn mehr als 15 Personen gemeinsam unterwegs sind, ist das Nebeneinanderfahren laut Verkehrsregeln in Deutschland nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. Das ermöglicht es, für Fahrten zur Schule oder zur Kita Fahradbusse (= Fahren in einem gemeinsamen Konvoi) zu bilden. Auf diese Weise gelangen Kinder auch dann, wenn es keine guten Radwege gibt, sicher und gemeinsam zu Kita und Schule. Solch ein Bicibus, wie die Idee ursprünglich in Spanien genannt wurde, ist zugleich eine gute Aktion, um für eine klimafreundliche Mobilität einzutreten.
Einladung zum OERcamp: 24.-26. Oktober 2022 in Hamburg
OER steht für Open Educational Resources (OER), das bedeutet offene Bildungsmaterialien. Die Offenheit entsteht durch eine offene Lizenz, die nicht nur freien Zugang, sondern vor allem auch ihre Weiternutzung ermöglicht. Bei den OERcamp treffen sich seit inzwischen 10 Jahren Praktiker*innen und neu Interessierte zu diesem Thema.Bereits vom OERcamp 2017 in Berlin habe ich dieses Zitat mitgenommen:Bei OER geht es nicht nur um das Setzen einer richtigen Lizenz, sondern darum, die Welt zu verbessern.
Warum das so ist? Zunächst einmal ermöglichen OER freien Zugang zu Bildung. Vor allem aber befördern die Weiternutz-Möglichkeiten der Materialien vielfältige Kooperationen, neue Vernetzungen und eine sehr gute Verbreitung. Hinzu kommt, dass OER immer auch ein überraschendes Moment beinhalten: Wer ein OER freigibt, weiß nie genau, was damit alles passiert und was daraus alles entstehen kann. Wer deshalb neu und anders und gemeinsam Bildung für eine bessere Welt gestalten will, kommt an OER nicht vorbei. Und der beste Ort um an OER gemeinsam zu denken und zu arbeiten sind die OERcamp. Ich kann sie Menschen, die ganz neu einsteigen wollen, ganz genauso empfehlen, wie Menschen, die schon länger dabei sind. Ich finde es jedes mal großartig mit Menschen aus unterschiedlichen Bildungskontexten und mit unterschiedlichen Perspektiven sowie mit großer Begeisterung, Ideen und ganz viel Kreativität zusammenzukommen und gemeinsam für offene Bildung zu lernen und zu gestalten. Die Teilnahme ist dank einer Förderung des Bildungsministeriums kostenfrei. Es gibt eine Kinderbetreuung (meine Kinder würden sich sehr über viele weitere Kinder freuen) und das Ganze findet vom 24.-26. Oktober 2022 in Hamburg statt.Das OERcamp ist ein Jubiläums-Barcamp – 10 Jahre nach dem ersten OERcamp in 2012. Indem man teilnimmt und mitmacht, setzt man auch ein Zeichen dafür, dass es die OERcamp auch zukünftig geben soll.Alle Infos und Anmeldemöglichkeit sind hier:
OERcamp 2022 +++ 24. bis 26. Oktober 2022 in Hamburg +++ 10 Jahre OERcamp +++ – #OERcampEinladung | Anmeldung 10 Jahre nach dem ersten OERcamp findet das OERcamp vom 24. bis 26. Oktober 2022 in Hamburg statt. Wie gewohnt ermöglicht das OERcamp Lernen und Austausch für alle Bildungsber…www.oercamp.de
Einladung zum Perspektiven-Treffen: 23.-25. September 2022 in Halle
Vom 23.-25. September, also bereits übernächstes Wochenende, findet im Bildungshaus Riesenklein in Halle (Saale) das Bundestreffen der Freien Alternativschulen statt. Es bietet die Möglichkeit zu Hospitation, zu zahlreichen Workshops (einige auch von mir), zu Barcamps und vielfältigen Rahmenprogrammangeboten.Das Treffen ist offen für alle Interessierten, d.h. Du musst nicht selbst an einer freien Schule beschäftigt sein. Ganz bestimmt wirst Du vielfältige Anregungen und Inspirationen über ganzheitliches, nachhaltiges, demokratisches, notenfreies und achtsames Lernen mitnehmen können – und damit viele Ideen für Bildung für eine bessere Welt :-) Und ich freue ich über viele, persönliche Treffen.Weitere Informationen und Anmeldemöglichkeit sind hier:
Perspektiven – Einladung zu Barcamp, Workshops und Hospitation23.-25. September 2022 in Halle (Saale)perspektiven.riesenklein.com
Illustrationen für eine bessere Welt
Auf der Seite The Greats teilen Künstler*innen ihre Illustrationen für eine bessere Welt. Themen sind unter anderem der Klimawandel, Demokratie, Antirassismus oder Frieden. Weiternutzbar sind die Illustrationen unter der Bedingung, dass sie nicht kommerziell genutzt und wieder mit der gleichen Lizenz weitergeteilt werden.
The Greats — Great Artists GiveThe Greats is a free platform for awesome socially engaged visual content, open to anyone to use or adapt non-commercially.thegreats.co
Niederschwellige Aktivitäten zum Einstieg in Lernangebote
Zum Einstieg in Lernangebote nutze ich gerne eine Folie mit dem Titel ‘Vorher noch schnell die Welt retten – oder immerhin ein klein wenig dazu beitragen?’
Die Links zu den von mir verwendeten QR-Codes habe ich auf dieser Website zusammengestellt. Bestimmt hast Du noch viele weitere Ideen. (In länger bestehenden Lerngruppen könnte man auch ‘Weltverbesserungsideen’ von allen Beteiligten sammeln: Jede Woche bringt eine andere Person eine ‘Weltverbesserungsidee’ mit und schlägt sie den anderen Personen in der Lerngruppe vor.)
Und zum Abschluss …
… dürfen natürlich ein paar nützliche bzw. spaßige Tools und Websites in der Edumail nicht fehlen. Voilà: Du brauchst für ein asynchrones Lernangebot schnell und unkompliziert einen Chatraum, den Du mit Teilnehmenden teilen kannst? Chitchatter ist ohne Registrierung nutzbar und Open Source. Wenn Du online mit mehreren Personen Antworten/ Ideen zu einer Frage/ Herausforderung sammeln möchtest, aber die gesammelten Einträge erst dann sichtbar werden sollen, wenn eine bestimmte Anzahl von Einträgen erreicht ist, dann kannst Du dazu ShareBearr verwenden: Hier legst Du fest, wie viele Antworten es braucht, bis alle alle Antworten sehen. (Ich habe das Tool genutzt im Konext einer Ideensammlung im Design Thinking, wo mindestens 40 Einträge gesammelt werden sollten, bevor es weiter ging.) Lust auf gute Laune zum Einstieg in ein Lernangebot? Macht gemeinsam Musik mit Plink. Du kannst entweder dem öffentlichen Raum beitreten (= Play now) oder Dir einen eigenen Raum einrichten (= Go private). Beim letzten können auch Namen der Mitspieler*innen eingetragen, was es als Gruppenerlebnis besonders gelungen macht.
Alles Gute für Dich und bis zur nächsten Edumail!
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