Herausforderungen in KI-Lernangeboten

Ich bin auf der Rückfahrt von den IAG-Trainertagen in Dresden. Eingeladen war ich zu einem Vortrag und zu einem Workshop zum Thema KI-Sprachmodelle. Der Fokus sollte dabei auf der konkreten Anwendbarkeit und Nutzung liegen. Es waren sehr neugierige und aufgeschlossene Teilnehmende mit dem beruflichen Hintergrund, dass sie beispielsweise Workshops und Seminare zu Sicherheit und Gesundheit im Beruf gestalten und dazu beraten.

Insgesamt bin ich damit zufrieden, wie der Tag geklappt hat. Herausfordernd finde ich die große Spanne an Erfahrungen, die die Lernenden hier (und genauso auch in vielen anderen KI-Veranstaltungen) mitbringen: ein Großteil war noch nie in einem Chat mit einem KI-Sprachmodell, einige wenige sind schon dabei, sich eigene GPTs zu erstellen … Ich versuche damit so umzugehen, dass ich erstens insgesamt sehr wenig frontal arbeite, sondern Zeit zum Erkunden gebe. Und zweitens orientiere ich ich eher an den ‚Newbies‘, d.h. ich nutze die Zeit, um insbesondere Grundlagen im Umgang mit KI-Sprachmodellen zu klären. Mir wird dabei immer wieder bewusst, dass meine eigene Nutzung von KI-Sprachmodellen (= je mehr Input und Interaktion, desto besser der Output) nicht als Standard vorausgesetzt werden kann, sondern Ergebnis von eigenem Lernen und Erfahrungen ist, was auch nur dann gelingt, wenn man die Tools für sich technisch einordnen kann (= es ist keine Magie, sondern eine Wahrscheinlichkeitswürfelei auf Basis von riesigen Datenmengen).

Ich nehme außerdem wahr, dass viele Menschen sehr dankbar dafür sind, ganz konkrete Einsatzszenarien und Beispiele gezeigt zu bekommen. Ich habe heute im Workshop zum Beispiel einfach mein Chat-Menü in ChatGPT geöffnet und gezeigt, was ich da in letzter Zeit so alles gechattet habe, warum ich so vorgegangen bin, was das Ergebnis war und wie sich so etwas übertragen lässt. Viele haben mir zurück gemeldet, dass sie vor allem das sehr hilfreich fanden. Eigentlich – in einer idealen Lern- und Arbeitswelt – müsste es so sein, dass solche Lernprozesse direkt im Arbeitsalltag integriert möglich sind. Wenn ich aber einmalig als Referentin irgendwohin eingeladen bin, dann kann ich dazu zwar appellieren, aber nicht wirklich etwas verändern. Darum ist es wahrscheinlich richtig, genau so etwas als Teil von Workshops zu machen.

Zum Nachdenken gebracht hat mich die Nachfrage eines Kollegen zum Abschluss meines Vortrags. Ich hatte darin – wie gestern schon kurz in meinem Lerntagebuch festgehalten – für mich den Kompromiss gefunden, dass ich zunächst über Chancen und Risiken und einen möglichen Umgang damit spreche. Zugleich im Ausblick dann aber auch darauf hinweise, dass KI ganz reale Schäden verursacht (Stichworte: Ressourcenaufwand, soziale Ungleichheit und Bias) und dass es deshalb gilt, gemeinsam für eine Technologie im Interesse des Gemeinwohls einzutreten, was im Kontext der KI-Debatte aktuell nur bedingt funktioniere …

Der Kollege fragte daraufhin sinngemäß, dass das aber ja nichts helfen würde, wenn ich einerseits appellieren würde, dass man eine ganz andere Technologie bräuchte und zum anderen aber im Prinzip doch auch nichts anderes täte, als die aktuellen Tools, die maßgeblich für Profite und nicht für das Gemeinwohl entwickelt wurden, zu vermarkten.

In der Tat ist das ein Dilemma, in dem ich stecke. Positiv finde ich, dass sich fast alle Rückmeldungen, die ich zu meinem Vortrag bekam, auf den Part mit den realen Schäden zum Abschluss bezogen. Viele Kolleg*innen meinten, dass sie darüber weiter nachdenken wollen. Vor diesem Hintergrund denke ich, dass vielleicht irgendwie doch auch beides geht: Kurzfristig innerhalb des bestehenden Systems beim Erlernen von Handlungsfähigkeit unterstützen und begleiten. Und weiterführend für grundlegende Alternativen werben.

Beitragsbild: die Bühne vor Ort – mit einem Dreirad fahrenden Luftballon Roboter, passend zum Bild der Veranstaltungseinladung.

PS. Zuerst etwas merkwürdig, aber dann doch interessant fand ich die eingerichteten ‚digitalen und analogen‘ Ecken im Foyer. Mir ist klar, dass sich das eigentlich nicht trennen lässt, sondern sich unsere Gesellschaft durch eine immer stärkere Verschränkung von analog und digital auszeichnet – und viele Kolleg*innen bei solch einem Aufbau deshalb wahrscheinlich mit den Augen rollen würden. Im Ergebnis war es aber schön zu beobachten, wie Teilnehmende sowohl haptisch und nicht-digital als auch virtuell experimentierten und sich dazu austauschten. Und ich fand es spannend, was die hauptsächlichen Artefakte bei analog waren (Bausteine, Spielfiguren, Stifte und Mandalas, Musikinstrumente, haptische Kollaborationsspiele …)

Die digitale und die analoge Ecke vor Ort im Tagungszentrum


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1 Kommentar

@nele Zum Dilemma, indirekt profitierentierte Dinge zu promoten:
Nur durch das nötige Wissen über die zugrunde liegenden Konzepte und ihre Potenziale können wir die Forderung nach einer gemeinwohl-orientierten KI oder auch sonstigen Dingen in der digitalen Welt stützen. Hinzu kommt eben auch die Mahnung über mögliche Gefahren.
Wir sind momentan von einigen wenigen Tech-Firmen (FAAMG) abhängig und das darf so nicht bleiben.

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