Buchnotizen: Feel Good Productivity

Ich habe das Buch ‚Feel Good Productivity‘ von Ali Abdaal gelesen. Das ist fast ein bisschen peinlich: ein Bestseller von einem Youtube-Influencer, der einem verspricht, dass nervige Arbeit mit coolen Hacks produktiv und mit Freude erledigt werden kann … Da sollte man eigentlich skeptisch sein 😉

Ich habe das Buch trotzdem gelesen und war positiv überrascht. Es liest sich gut und der Autor verspricht eben gerade nicht ein paar einfache Hacks, um produktiver zu werden, sondern berichtet von eigenen Erfahrungen und reichert diese um Berichte von psychologischen Untersuchungen dazu an. Er lädt dazu ein, dass man im Kern für sich selbst erkunden und ausprobieren muss, was für einen selbst wie passt.

Viele methodische Ideen aus dem Buch waren mir nicht neu, aber es war hilfreich, mal wieder daran erinnert zu werden. Anderes hatte ich bisher noch nicht ausprobiert, aber nehme es mir jetzt vor.

Diese Aspekte habe ich mir insbesondere notiert:

  • Die Idee des ‚magischen Post-Its‘: Auf diesem steht die einfache Frage: Wie würde es aussehen, wenn es Spaß machen würde? Solch ein Post-It lässt sich überall anbringen, wo es eintönig, nervig oder doof ist – und es hilft zumindest kurz innezuhalten und sich zu überlegen, wie man es vielleicht schöner machen könnte. (Das Beispiel im Buch ist: Eine Arbeit mit schöner Musik auf den Ohren zu erledigen). Ich habe ähnliches bisher mit meiner ‚Farbtupfer‘-Methode versucht (= Am Ende von der Konzeption eines Lernangebots überlegen, wie man das noch ein bisschen schöner machen kann.). Das magische Post-It geht in eine ähnliche Richtung.
  • Ein Raster zum Feedback Geben und gut Kommunizieren: Wenn jemand einem über etwas berichtet, was die Person erreicht hat oder worüber sie sich gefreut hat, dann kann man passiv oder aktiv sowie konstruktiv und destruktiv reagieren. Am besten ist natürlich eine aktiv-konstruktive Reaktion. Ich finde das vor allem hilfreich, um mich selbst zu beobachten, wie ich auf Ankündigungen von anderen reagiere, aber auch um zu schauen, welche Menschen aktiv-konstruktiv sind und mir deshalb sehr wahrscheinlich gut tun. (Konstruktiv bedeutet ja nicht, dass man nicht auch Kritik übt und hinterfragt und einen auf diese Weise weiterbringt)
  • Ziele, die NICE sind: Ich habe schon immer etwas gehadert bei der Vorgabe, dass Ziele vor allem SMART sein sollen, also spezifisch, messbar, ambitioniert, realistisch und terminiert. Mindestens als Zusatz oder auch als Alternative habe ich im Buch die Perspektive gefunden, dass Ziele NICE sein können, die mir gut gefällt. NICE steht für …
    • near-term: direkt anstehend, am besten noch am gleichen Tag.
    • input-based: der Fokus liegt auf dem Prozess, nicht auf dem Ziel (Nicht: ‚Ich will ein Buch veröffentlichen‘, sondern: ‚Ich schreibe jetzt 5 Seiten‘)
    • controllable: Sie sind realistisch umzusetzen (‚Ich erstelle heute Abend einen kompletten Online-Kurs‘ liegt wahrscheinlich nicht in meiner Hand, weil die Zeit dafür zu knapp ist)
    • energising: Die Umsetzung bringt neue Energie und macht Freude, z.B. weil man sie gemeinsam mit anderen Menschen angeht.
  • 10-10-10 Methode: Ich neige dazu, über gemachte Fehler viel zu hadern. Hier könnte die 10-10-10 Methode helfen. Man überlegt sich, wie sich das, worüber man hadert, wohl in 10 Minuten, in 10 Wochen und in 10 Jahren anfühlen wird. Sehr wahrscheinlich wird man bei den allermeisten Alltagsnervereien zum Schluss kommen, dass sie höchstens noch in 10 Minuten relevant sein werden.
  • Nächster Handlungsschritt: Oft ist es Trägheit, die einen hindert, mit einer nervigen Aufgabe zu beginnen. Eine Option damit umzugehen, ist die 5-Minuten-Regel, die auch im Buch vorgestellt wird und die ich schon kannte. Sie bedeutet: Man verpflichtet sich selbst dazu, 5 Minuten an der Aufgabe zu arbeiten. Danach ist man frei, auch wieder etwas anderes zu machen. Der Trick daran ist, dass man dann oft doch dabei bleibt. Wenn nicht, hat man häufig in 5 Minuten zumindest ein bisschen was davon erledigt, z.B. die Basics ins Formular der Steuererklärung eingetragen. Noch einfacher ist der ’nächste Handlungsschritt‘, um Trägheit zu überwinden. Dabei überlegt man sich nur den nächsten Mini-Schritt, der bei einer Aufgabe getan getan werden muss und setzt das um, also z.B. ‚Ich öffne jetzt die Steuererklärungs-Software‘.
  • Wider der Kalender-Überfüllung: Ende des letzten Jahres hatte ich wieder mal mit einem zu vollen Kalender zu kämpfen. Das ist blöd, weil ich dann Sachen nicht so gut machen kann, wie ich das gerne machen würde und sehr gestresst bin. Um solch einem übervollen Kalender entgegen zu wirken, habe ich im Buch zwei einfach umsetzbare Ideen gefunden:
    • Es gibt bei Anfragen nur ‚Ja,klar‘ oder ‚Nein‘. Das bedeutet: Wenn man von einer Sache nicht wirklich überzeugt ist, dann sollte man es lieber lassen.
    • Bei Terminen, die weit in der Zukunft liegen und man zusagt, weil da ja ohnehin noch alles frei ist, ist die Frage ‚Würde ich bei der Anfrage auch für die nächste Woche zusagen?‘ ein guter Gegencheck. Denn wenn der Termin dann irgendwann kommt, wird der Kalender dort sehr wahrscheinlich genauso voll sein, wie der in der Gegenwart.
  • Ablenkungen: Spannend fand ich außerdem die Darstellung, dass Ablenkungen beim Arbeiten gar nicht so etwas Schlechtes sein müssen. Ganz im Gegenteil kann es sogar sehr helfen, wenn man kurz mal unterbricht und etwas anderes macht. Wenn man sehr vertieft ist, ist man ohnehin sehr im Flow und macht das nicht. Wenn man ablenkbar ist, dann kann man nach einer kurzen Ablenkung oft produktiver weiter arbeiten. Das brachte mich auf die Idee der ‚Zufalls-Ablenkung‘.