↔️ Widersprüche als Ausgangspunkt

Idee

Ich schreibe die für mich offensichtlichen Widersprüche in der pädagogischen KI-Debatte auf und nutze diese Auflistung in Lernangeboten, um gemeinsam über das ‚Was tun?‘ zu reflektieren.

Kontext

Meine vorläufige Liste (gerne in diesem Pad kommentieren und ergänzen) sieht folgendermaßen aus:

  1. Gute Bildung ermöglicht es, neu und anders zu denken. <-> KI-Tools reproduzieren tendenziell bestehende Denkmuster, da sie mit vorhandenen Inhalten trainiert wurden.
  2. Gute Bildung zielt auf gesellschaftliche Handlungsfähigkeit, was in einer digitalisierten Gesellschaft auch die Gestaltung technologischer Entwicklungen einschließt <-> Die Datenbasis und Algorithmen vorherrschender KI-Tools sind weder transparent noch demokratisch gestaltet.
  3. Gute Bildung befähigt zum selbstständigen Denken und Hinterfragen <-> KI-Tools können sehr schnell, sehr viele, sehr professionell klingende Texte erzeugen, die jedoch nicht zwangsläufig objektiv oder stimmig sind.
  4. Gute Bildung in einer vernetzten Gesellschaft fördert die Entwicklung von Kompetenzen wie Kommunikation, Kreativität, kritisches Denken und Kollaboration. <-> KI-Tools können besonders gut traditionelles Lernen optimieren, das auf Wissensvermittlung, Abfragen und Bewertungen basiert.
  5. Bildung für den Umgang mit Komplexität erfordert tiefgreifendes Verständnis und Denken <-> KI-Tools ermöglichen durch vereinfachte Lese- und Schreibprozesse ‚Abkürzungen‘ beim Lernen.
  6. Gute Bildung fördert soziale Kompetenzen wie Empathie und Einfühlungsvermögen. <-> KI-Tools werden immer menschenähnlicher gestaltet, können jedoch menschliche Emotionen oder soziale Interaktionen nicht verstehen.
  7. Gute Bildung befähigt Menschen dazu, zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen <-> KI-Tools tragen durch hohen Energieverbrauch und ressourcenintensive Entwicklung zur Ausbeutung natürlicher Ressourcen bei.
  8. Gute Bildung benötigt mehr Zeit für Beziehungsarbeit, Wertebildung und -reflexion sowie die kollaborative Gestaltung von Lernprozessen. <-> KI-Tools werden von EdTech-Unternehmen als Lösung gegen Personalmangel in pädagogischen Berufen angeboten.
  9. Gute Bildung unterstützt die Entwicklung und das Voranbringen eigener Anliegen in der Welt. <-> KI-Tools produzieren tedenziell normierte und geglättete Inhalte und erschweren individuelle Entwicklungen.
  10. Gute Bildung trägt zu einem besseren interkulturellen Verständnis bei und ermöglicht Handlungsfähigkeit in einer globalisierten Welt. <-> KI-Tools sind oft westlich dominiert und können Schwierigkeiten haben, kulturell sensible Antworten zu generieren.
  11. Gute Bildung nimmt die soziale Ungleichheit unserer Gesellschaft in den Fokus und trägt mindestens nicht dazu bei, sie noch weiter zu verschärfen. <-> Leistungsstärkere Lernende können mit KI-Tools intuitiv oft deutlich mehr anfangen, als leistungsschwächere Lernende.

(Mit dem Begriff ‚KI-Tools‘ nehme ich hier Bezug auf die aktuelle Debatte, in der das Narrativ ‚KI‘ vor allem die technische Möglichkeiten von Sprachmodellen wie ChatGPT meint)

Reflexion zur Entwicklung der Idee

Ich habe vorhin diesen Blogbeitrag von Jöran kommentiert. Mein (noch nicht fertig gedachter) Vorschlag zum strategischen Vorgehen war:

„KI-Tools ziehen traditionellem Lernen den Boden unter den Füßen weg und wir haben Mangel überall. Dann lasst uns doch eingestehen, dass wir ganz neu denken müssen, weil wir sonst unweigerlich immer tiefer in die Bildungskatastrophe schlittern!“

Mit einer Debatte ausgehend von den offensichtlichen Widersprüchen könnten wir vielleicht zu so einer Debatte kommen. Das bedeutet ganz und gar nicht, Technik zu verbieten. Es setzt aber einen anderen Fokus: Nicht die Technik wird die Lösungen bringen, sondern unsere pädagogische Gestaltung. Aus der Frage: „Wie können wir mit KI lernen?“ wird somit: „Wie können wir die Widersprüche in der Bildung, die durch die aktuelle KI-Debatte noch offensichtlicher werden, nutzen, um zu einer grundlegenden Veränderung von Bildung zu kommen?“


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1 Kommentar

Die Widersprüche sagen mir als „aufgespannte Triebfeder“ für große Veränderung unbedingt zu. Und wir brauchen diesen großen Um- und Aufbruch.
Ich stelle etwas entsetzt fest, dass (mit etwas Umformulieren) die KI-Tools begrifflich durch „Kolleg*innen mit traditionellem Bildungsverständnis“ ersetzt werden können und die Aussagen bleiben weitestgehend wahr.