Auf dieser Website findest du die Inhalte meiner Station bei der Edunautika 2022 in Hamburg. Die Zusammenstellung ist sowohl für Menschen gedacht, die vor Ort mit dabei waren und jetzt nachlesen/ vertiefen wollen. Als auch für Menschen, die Anregungen zu Kreativitätsmethoden suchen, aber nicht mit dabei waren.
Einordnung
Design Thinking ist ein Prozess mit mehreren Phasen. Dabei geht es sowohl darum, das Denken zu öffnen (Verstehen und Ideen entwickeln), als auch darum, das Denken wieder zu fokussieren, auszuwählen und zu entscheiden (Definieren, Prototyp gestalten und testen).
An der Station und in dieser Zusammenstellung wird kein vollständiger Design Thinking Prozess abgebildet. Der Fokus bei den folgenden Methoden liegt auf der Öffnung des Denkens, d.h. der Kreativität.
Experiment zum Einstieg
Um zu verstehen, wozu Kreativitätsmethoden wichtig sind, gibt es dieses Experiment zum Einstieg.
Vorbereitung
Kreativität lässt sich nicht verordnen. Sie entsteht durch eine Kombination von bewusstem Loslassen im Sinne eines zweckfreien Erlebens, der Einbeziehung vielfältiger Perspektiven und der gezielten Arbeit mit Verrücktheiten und Regelbrüchen im Interesse neuer Verknüpfungen und Verbindungen.
Bei Workshops selbst ist es deshalb toll, wenn möglichst unterschiedliche Menschen zusammenkommen. Außerdem können die Umgebung und die verwendeten Materialien zum Spielen einladen.
Methoden
Bei der Station der Edunautika haben wir unterschiedliche Methoden aus einer Lostüte gezogen und ausprobiert. Hier sind alle Methoden im Überblick aufgeführt. Bei der Auswahl war mir wichtig, dass die Methoden möglichst einfach vorbereitbar sind und dass der Materialaufwand sich in Grenzen hält bzw. man die Dinge nutzen kann, die man (mindestens wenn man Kinder hat) sehr wahrscheinlich Zuhause hat.
1. Hindernislauf
Die Gruppe überlegt sich, wo sie hinkommen will. Dieses Ziel wird aufgeschrieben und weit entfernt (z.B. am Ende eines Flurs) auf den Boden gelegt. Auf den Weg dorthin werden von den Gegenständen im Raum Dinge gesammelt und in den Weg gestellt. Dies sind Hindernisse, die es zu überwinden gilt.
Mit dem Aufbau der Hindernisse und dem Gespräch darüber wird die Problembeschreibung klarer. Im nächsten Schritt kann dann nach Lösungen zur Überwindung der Hindernisse gesucht werden.
2. Postkarte schreiben
Um Sachen für sich selbst und für die Gruppe im Kopf klar zu bekommen, lohnt es sich, eine Postkarte an die eigene Großmutter, die Nichte, die Tochter … zu schreiben, d.h. an eine Person, die wahrscheinlich wenig Ahnung davon hat, was man gerade macht. Man muss also sehr einfach und grundlegend erklären.
Wer hat, kann dazu Blanko-Postkarten an die Teilnehmenden verteilen. Natürlich dürfen diese auch bemalt oder bekritzelt werden, statt nur zu schreiben.
3. Würfel-Uhr
Auf eine Uhr werden zwölf Adjektive eingetragen. Die Adjektive sollen dabei möglichst verschiedem sein. Anschließend wird dreimal gewürfelt. Die erste Zahl führt zum ersten Adjektiv. Die zweite und dritte Zahl werden addiert und führen zum zweiten Adjektiv. Die beiden Adjektive sollen dazu genutzt werden, um eine Idee für eine Fragestellung zu entwickeln.
Die Vorlage für die Uhr gibt es hier:
4. Sechs Denkfarben
Bei dieser Methode nimmt jede Person eine bestimmte Rolle ein. Diese kann dadurch gezeigt werden, dass man sich z.B. einen Hut in der entsprechenden Farbe auf den Kopf setzt und/ oder ein Armband umbindet oder auch einfach einen Stift in der entsprechenden Farbe nimmt.
Für die sechs Denkfarben gibt es hier eine Vorlage zum Ausdrucken.
5. Planungs-Poker
Jede Person erhält ein ‚Kartenset‘ mit 5 Smiley: von ganz negativ bis ganz toll. Es wird eine Idee/ ein Vorschlag vorgelesen. Jede Person überlegt, wie sie sich dazu positioniert – und legt das entsprechende Smiley verdeckt vor sich. Wenn alle eine Karte vor sich liegen haben, werden diese umgedreht und das Ergebnis wird gemeinsam reflektiert.
Diese Methode ermöglicht zunächst eine anonyme Bewertung. Man kann die folgende Diskussion dann sehr strukturiert führen, weil man z.B. gezielt die zu Wort nehmen kann, die extrem-abweichende Positionen vertreten. Wenn die Smileys alle sehr ähnlich sind, erübrigt sich eine weitere Diskussion.
6. Brainstorming mit Geschmack
Jede Person zieht ein Jelly Bean (oder etwas anderes zum Essen) aus einer Tüte. Die Farbe soll dabei nicht gesehen werden. Dann wird die aktuelle Problemstellung vorgelesen (z.B.: „Wie können wir mehr Menschen eine Teilnahme an der Edunautika ermöglichen?“). Anschließend steckt sich jede Person die Süßigkeit in den Mund – und versucht eine Verbindung zwischen Geschmack und möglicher Idee herzustellen (Bsp. „Mein Jelly Bean schmeckt sauer. Dabei zieht sich mein Mund zusammen. Vielleicht könnte man auch die Edunautika zusammenziehen, d.h. kürzer machen – und dafür häufiger und an regional vielfältigen Orten“).
7. Brainstorming mit Gefühl
Zu einer Frage wird ein Brainstorming durchgeführt. Wer nicht weiterkommt, fühlt einen Gegenstand unter einem Tuch. Es ist nicht wichtig, zu erfühlen, was das für ein Gegenstand ist. Vielmehr sollen die Eigenschaften des Gegenstandes auf das Brainstorming übertragen werden (‚Der Gegenstand fühlt sich kalt an – vielleicht könnte ich etwas entwickeln, was nur im Winter funktioniert.‘)
8. Brainstorming mit Kreuzworträtsel
Ein Brainstorming lässt sich auch mit einem Kreuzworträtsel-Buch unterstützen: An einer beliebigen Stelle aufschlagen, mit dem Finger blind auf die Seite tippen, den Begriff lesen, der am dichtesten am Finger ist – und sich fragen: Wie könnte der gesuchte Begriff mich bei der Ideenfindung unterstützen? Beispiel: Was hat der ‚Nachfülltank eines Füllers‘ mit der Edunautika zu tun?
9. Himmel und Hölle
Diese Methode ist keine ad hoc Methode zum Ideen-Sammeln, sondern dazu gedacht, sich insgesamt für mehr Kreativität zu öffnen. Das kann auch dadurch gelingen, dass man immer mal wieder Routinen durchbricht. Dabei hilft ein ‚Himmel und Hölle‘ Spiel. Man faltet es und trägt in die acht Ecken ein, was man üblicherweise jeden Tag macht. Jeden Abend spielt man Himmel und Hölle. Die Gewohnheit, die geöffnet wird, versucht man am nächsten Tag zu durchbrechen, d.h. zum Beispiel statt des Kaffees am morgen in der Küche den Kaffee in einen Becher umfüllen und draußen vor der Tür trinken. Oder Tee trinken oder …
10. Überraschungs-Falten
Du kennst vielleicht das Spiel von Kindergeburtstagen bei dem alle zunächst einen Kopf oben auf ein Papier malen, dann nach hinten umklappen und an das nächste Kind weitergeben und das malt dann den Körper … Am Ende entstehen lustige Figuren oder auch Monster.
Dieses Falten wird nun für Zufalls-Ideen übertragen. Zunächst schreiben alle eine Person/ Personengruppe aus dem Bildungsbereich auf. Dann wird nach hinten umgeklappt und weitergegeben. In das nächste Feöd kommt ein Verb: Was könnte getan werden? Danach folgt ein Ort und schließlich ein beliebiger Gegenstand. Ein mögliches Ergebnis: Schüler*innen mit Migrationshintergrund / hüpfen / Freibad / Taube. Daraus könnte man z.B. die Idee für ein Bildungsangebot entwickeln, dass niederschwellige Naturbeobachtungen direkt an den Orten gestaltet, an denen sich Schüler*innen mit Migrationshintergrund aufhalten – und diese mit sportlichen Angeboten kombiniert.
11. Turbo-Ideen-Generator
Die Gruppe verständigt sich auf eine Herausforderung, zu der Ideen entwickelt werden sollen. Anschließend wirft man sich gegenseitig einen Ball zu. Wer den Ball hat, muss möglichst schnell eine Idee sagen – und den Ball dann zur nächsten Person weitergeben.
Diese Methode eignet sich gut für sehr offene Ideen-Entwicklungsfragen, z.B. ‚An welchen Orten könnten wir lernen?‘
12. ‚Allmacht‘
Wir stellen uns vor, wir hätten einen Zauberstab und wollen zu einer Herausforderung etwas Gutes gestalten: Was fällt uns dann ein?
Alternativ: Wir sind böse Zauberer*innen: Was würden wir machen, um alles zum Schlechten zu wenden?
13. Postkarten-Reise
Jede Person zieht eine Postkarte mit Landschaftsaufnahmen. Die Frage lautet: Wenn ich an diesem Ort wäre bzw. zu diesem Ort gehen könnte, wie würde ich dann die gestellte Herausforderung lösen?
14. Lego bauen
Zu einer Herausforderung soll ein Lego-Gebäude genaut werden. Zum Beispiel zum Thema: Was ist unser perfekter Lernort?
15. Verkaufsschlager
In einer Tasche sind mehrere Gegenstände. Jede Person zieht einen Gegenstand – und sagt dann, wie sie eine gestellte Herausforderung mithilfe dieses Gegenstandes lösen könnte.
16. Personas
Jede Person bekommt eine kleine Holzpuppe. Diese wird angemalt und vor sich gestellt. Es sollen Personen entwickelt werden, die von der Herausforderung in irgendeiner Form betroffen sind. Bevor man in die Ideenentwicklung geht, stellt man sich die Puppen gegenseitig vor. Während der Ideenentwicklung lässt sich immer mal wieder ein Blick auf die Puppen werfen und überlegen: Was würde Persona xy jetzt dazu denken?
17. Ideen-Sonne
Um Kreativität zu ermöglichen, kann ein Ideentagebuch helfen: Fordere Dich selbst heraus, jeden Tag mindestens eine Idee aufzuschreiben. Schön visualisiert ist das Ganze mit der ‚Ideen-Sonne‘. Hier solltest Du jeden Tag mindestens eine Idee zwischen die Strahlen schreiben.
Hier bekommst Du die Vorlage zum Download
18. Imaginäres Brainstorming
In einer Gruppe sollen zu einer bestimmten Herausforderung Ideen entwickelt werden. Zum Beispiel: Wie können wir mehr Beteiligung von bildungsfernen Menschen an unseren Angeboten sicherstellen? Nun wird bevor das Brainstorming beginnt, ein Aspekt der Fragestellung möglichst stark verändert. Zum Beispiel: Frösche statt bildungsferne Menschen.
Das Brainstorming wird nun erst reichlich absurd sein, aber vielleicht gerade deshalb Denkblockaden auflösen.
19. Entspannungsgeschichte
Der Gruppe wird eine Entspannungsgeschichte vorgelesen. Darin begegne sie ihrem persönlichen Superhelden oder ihrer Superheldin. Anschließend wird gefragt: Was haben die Superheld*innen Euch geraten?
20. Zweckfreies Erleben
Zum Abschluss eine Methode, die immer hilft: Tut etwas, ohne dass es direkt einen Nutzen habt. Möglich ist während eines Kreativitäts-Workshops z.B. mit Straßenkreide zu malen, Seifenblasen zu pusten, Ausmalbilder anzumalen … Gerade dabei kommen einem oft die besten Ideen.