Herausforderung: Unter die Haube von Technologie blicken

Ein aufgebauter Greenscreen in einem Klassenzimmer

Im April 2021 habe ich über TikTok gebloggt und in diesem Beitrag unter anderem diese Absätze geschrieben:

Ein weiterer Punkt der mich bei meinem Einstieg auf TikTok sehr erstaunte, war die Niederschwelligkeit und Einfachheit mit der Inhalte gestaltet werden können. Das beste Beispiel hierfür sind die Greenscreen-Filter: Mit Klick auf einen Button kann ich mich vor einen anderen Hintergrund stellen oder auch ein anderes Video hinter mir erscheinen lassen. Diese Greenscreen-Technik wird in der Medienpädagogik schon länger eingesetzt – allerdings hier häufig noch im Wortsinne: Lernende stellen sich ganz real vor eine ‘grüne Wand’, können dadurch im Foto ausgeschnitten werden und sich dann einen anderen Hintergrund auswählen. Diese – aus TikTok-Perspektive sehr umständliche und fast schon altertümlich anmutende – Gestaltungsweise hat den großen Vorteil, dass aktives Medienhandeln mit der Begreifbarmachung von Medien verbunden wird. Lernende verstehen und erleben ganz praktisch, wie Mediengestaltung funktioniert.

Daraus ergibt sich die Frage: Wie kann zeitgemäße Pädagogik angesichts einer Technik, die immer selbstverständlicher, niederschwelliger und damit auch versteckter wird, dennoch einen Blick ‘hinter die Kulissen’ ermöglichen und auf diese Weise ein Bewusstsein zur Gestaltungsmöglichkeit von Technik schaffen?

Daran habe ich mich jetzt im Kontext von KI-Sprachmodellen wieder erinnert. Anlass war eine Veranstaltung, zu der der Ausschreibungstext schon vor vielen Monaten erstellt wurde und der kurz gefasst ankündigte, dass ich den Teilnehmenden zeigen und erklären werde, wie sie KI-Sprachmodelle effizient zur Arbeitserleichterung in Kita und Hort nutzen können.

Bei der Vorbereitung kam ich zu dem Schluss, dass das kein gutes Lernangebot wäre. Denn die intuitive KI-Nutzung zur Arbeitserleichterung erscheint mir mehr und mehr selbsterklärend zu sein. Während in der Anfangszeit von ChatGPT noch recht ausgefeilte Prompts für einen guten Output wichtig waren, kommt man jetzt auch schon mit ein bisschen hin und her Chatten an sein Ziel. Denn KI-Sprachmodelle wurden trainiert, auch mit unsystematischen Eingaben zurecht zu kommen.

Vor diesem Hintergrund habe ich in dem Lernangebot zum Einstieg all die Sachen einfach selbst ausprobieren lassen, die im Ausschreibungstext standen (z.B. Elternbriefe generieren, Texte zusammenfassen lassen, eine Liste mit Ideen entwickeln …)

Folie zum allerersten Ausprobieren

Nach dieser Ausprobierphase habe ich dann dargestellt, dass diese Nutzung offensichtlich nicht erklärt werden muss. Stattdessen fände ich es wichtiger, andere Sachen zu erklären – insbesondere, was ‚unter der Haube‘ der Technologie passiert und wie sich die Technologie vor diesem Hintergrund klüger, weil kontra-intuitiver nutzen lässt. Um den obigen Ausschnitt aus meinem Blogbeitrag aufzugreifen: Ich habe Greenscreen erklärt, obwohl es längst einen automatischen Filter gibt!

Ob das in der Form sinnvoll war, kann ich nicht einschätzen. Die Veranstaltung war online; da finde ich es immer ein bisschen schwierig, Resonanz mitzubekommen. In jedem Fall ist mir selbst dabei klarer geworden, dass sich meine vor über 4 Jahren formulierte Frage weiterhin und mit größerer Dringlichkeit stellt: „Wie kann zeitgemäße Pädagogik angesichts einer Technik, die immer selbstverständlicher, niederschwelliger und damit auch versteckter wird, dennoch einen Blick ‘hinter die Kulissen’ ermöglichen und auf diese Weise ein Bewusstsein zur Gestaltungsmöglichkeit von Technik schaffen?“ Ergänzen würde ich hier noch, dass es bei KI nicht nur um Gestaltungsmöglichkeit von Technik geht, sondern dass ohne Verständnis der Funktionsweise keine kluge Nutzung möglich ist. Wir müssen uns also fragen: Wie machen wir die immer besser versteckte Funktionsweise sichtbar, um zu einer klugen und selbstbestimmten Nutzung zu kommen?

Ich werde weiter über diese Frage (und mögliche pädagogische Schlussfolgerungen dazu) nachdenken.

Ein aufgebauter Greenscreen in einem Klassenzimmer
Lizenz zum Beitragsbild: „Green screen work at School Carnival“ (CC BY 2.0) by Eje Gustafsson

Lizenzhinweis erstellt mit dem Tool ImageCodr, das ich nach einigem Suchen endlich wieder gefunden habe und welches super praktisch für Flickr Bilder ist. :-)


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