Heute hatte ich einen Workshop vor Ort, der leider gar nicht gut geklappt hat. Das ist umso bedauerlicher, als ich mich auf den Workshop gefreut hatte, weil aus meiner Sicht von den Auftraggebern sehr richtige und wichtige Fragen adressiert wurden. So lag der Fokus auf der Frage nach guter Bildung in einer zunehmend KI-geprägten Welt – und eben nicht, wie so oft im KI-Kontext, auf der Frage, wie wir mit KI lehren und lernen können. Außerdem wollten wir einen Design-Thinking-Ansatz versuchen, also gemeinsam Fragen entwickeln und Antworten finden und dabei auch haptisch zusammen arbeiten. Damit das funktioniert, gab es vorher „Flipped“-Materialien, sodass sich alle bei Bedarf über die Grundlagen zu KI (Was ist das überhaupt und was bedeutet es für die Bildung?) informieren konnten.
Davon ausgehend habe ich ein – wie ich finde – eigentlich sinnvolles Konzept entwickelt.
- Zu Beginn war ein Kennenlernen mit einem Kopfstand-artigen Austausch geplant: Jede Person schreibt einen Satz auf, den sie niemals zu KI sagen würde. Mit diesem Satz und der Erklärung, warum sie ihn geschrieben hat, stellt sie sich den anderen vor.
- Anschließend würde ein kurzes Intro folgen, in dem der Rahmen für den Workshop abgesteckt wird: KI bringt in der Bildung vieles in Bewegung. Falsch wäre es sowohl, KI einfach wegzusperren und zu ignorieren, als auch sie an den Anfang der Bildung zu setzen, d. h. von der Technologie auszugehen statt vom Lernen.
- Darauf aufbauend würde ein Kartenaustausch mit fiktiven Statements folgen, die die ganze Bandbreite der Herausforderungen für gute Bildung in einer zunehmend KI-geprägten Welt verdeutlichen und unterschiedliche Themen ansprechen.
- Nach diesem Kartenaustausch – so meine Überlegung – wären alle Teilnehmenden inspiriert und sensibilisiert für einen Kopfstand zurück: Mithilfe von Lego könnte gemeinsam gebaut werden, was gute Bildung in einer KI-geprägten Welt bedeutet.
- Aus den Lego-Bauten könnte jede Gruppe dann bis zu fünf Aspekte festhalten, die ihr wichtig sind. Diese Aspekte sortieren wir dann in ein Koordinatensystem mit den Achsen: „Ist uns wichtig“ und „Wird angesichts von KI wichtiger“.
- Im rechten oberen Quadrat des Koordinatensystems würden wir dann die Aspekte finden, die den Teilnehmenden wichtig sind und die im Kontext von KI wichtiger werden. Aus ihnen könnten wir dann „Wie können wir…“-Fragen formulieren und diese in einem Mini-Barcamp/World Café bearbeiten und konkrete Ideen dazu entwickeln.
Wie oben bereits geschrieben, hat dieses Konzept jedoch gar nicht funktioniert. Einen Teil des Scheiterns kann ich zu wenig/ nicht funktionierender Kommunikation vorab anlasten: Offensichtlich kamen sehr viele Teilnehmende mit einer ganz anderen Erwartungshaltung. Der Tenor des Feedbacks war: „Ich hatte gedacht, wir lernen ganz praktisch, was wir mit KI im Unterricht machen können und wie wir z. B. mit Herausforderungen der Prüfungsbewertung angesichts von KI umgehen können.“ Zu solchen Erwartungen passte der Workshop in der Tat überhaupt nicht.
Aber es geht ja nicht um die Frage, wer schuld hat, sondern was man daraus lernen kann – und dazu ist es sinnvoller, bei mir und meinem Konzept anzufangen.
- Der erste Fehler war aus meiner Sicht, dass ich zu Beginn gar keine Erwartungen abgefragt hatte. Da die Ausschreibung aus meiner Sicht sehr klar war und wir auch „Flipped“-Materialien hatten, ging ich einfach davon aus, dass das für alle passt.
- Dann war der Kartenaustausch, um das Thema in seiner ganzen Vielfalt deutlich zu machen, wahrscheinlich zu viel. Viele Teilnehmende sind anscheinend hier bereits gedanklich ausgestiegen – und damit war dann auch kein „offenes Denken“ für das anschließende Lego-Bauen mehr vorhanden.
- Ich hatte gedacht, dass wir das KI-Thema über das Koordinatensystem und die Zuordnung, was angesichts von KI wichtiger wird, in den Fokus holen. Irgendwie waren aber fast alle Aspekte dort einsortiert.
- Die aus dem Lego-Bauen entwickelten Aspekte waren recht allgemein. Ich finde, dass wir trotzdem gute „Wie können wir…“-Fragen hatten. Zum Beispiel: Wie können wir soziales Lernen gestalten? Wie können wir sicherstellen, dass alle gut lernen können? Wie können wir beim Lernen Struktur bieten und die Entwicklung von strategischem Lernen unterstützen? Wie können wir helfen, dass Lernende Zusammenhänge erkennen? Wie können wir ein ganzheitliches Lernen gestalten? … Trotzdem kam die Ideenentwicklung nicht wirklich in Schwung. Aus meiner Sicht lag das daran, dass die Verbindung zu KI bei diesen – zwar sehr relevanten – Fragen nicht klar genug war. Ich habe noch einmal versucht darzustellen, dass es bei KI ja gerade nicht nur um Lernen mit KI, sondern vor allem um Lernen in einer KI-geprägten Welt gehen muss, aber da war es dann schon eher zu spät.
Wir haben zum Abschluss eine Feedbackrunde gemacht – und ich kann die Äußerungen der Teilnehmenden und die Situation, in der sie sich befinden, gut nachvollziehen. Der Tenor war: „Von uns wird erwartet, dass wir KI in der Schule einsetzen, aber wir bekommen nicht gezeigt, was und wie, und einen guten Zugang zu der Technologie haben wir auch nicht. Unsere Lernenden sind da meist viel besser ausgestattet.“
Richtig schade fände ich es jetzt, wenn die Auftraggeber aus diesem nicht-funktionierenden Workshop den Schluss ziehen, dass sie eben den falschen Ansatz gewählt haben und das nächste Mal lieber wieder einen einfachen „Lernen mit KI“-Workshop anbieten.
Besser fände ich, wenn es doch noch einmal mit solch einem übergreifenden und dezidiert pädagogischen Ansatz versucht würde. Dann vielleicht mit Berücksichtigung dieser Learnings aus dem heutigen Tag:
- Zu Beginn die Erwartungen klarer abfragen und gut erklären, wo es Online-Quellen zu dieser Herausforderung gibt – und warum der Workshop einen anderen Anspruch hat. Dazu motivieren, sich darauf einzulassen.
- Den Wert des kollegialen Austauschs stärker betonen, denn darum ging es ja vor allem. Dabei auch Entlastung bieten im Sinne von: „Es gibt bei diesem Thema keine abschließenden Antworten. Es ist völlig okay, dass wir alle Lernende sind.“
- Ausführlich erläutern, dass die große Herausforderung „gute Bildung in einer zunehmend KI-geprägten Welt“ ist und nicht nur „Lernen mit KI“.
Für mich nehme ich mit, dass ich bei der Gestaltung von Lernangeboten flexibler sein sollte. Es hätte vielleicht geholfen, wenn ich frühzeitiger „Stopp“ gesagt und gefragt hätte: „Offensichtlich gibt es Irritationen zum Workshop-Konzept. Warum und was braucht ihr, um das zu ändern?“
Mit diesen Learnings war der Tag dann immerhin nicht umsonst. Trotzdem bleibt am Ende kein zufriedenstellendes Gefühl. Ich hätte gerne mehr bewirkt!
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1 Kommentar
@nele finde es ganz toll, dass du uns hier an deinen Gedanken zum Scheitern teilnehmen lässt. Manchmal funktionieren manche Sachen einfach nicht. Daraus können wir alle lernen. Danke dafür!