Dieser Artikel ist eine Dokumentation von meinem sechsten Experiment bei Kreation 2.0 – meiner Kreativitäts-Challenge im Kontext von KI. Ich habe es am 20. Dezember 2024 durchgeführt.
Idee
Bei meinen bisherigen KI-Sprachmodell-Experimenten führten meine Versuche, in der Interaktion mit Maschinen selbst zu einer aktiven Rolle zu kommen, oft dazu, dass ich mir nicht einfach habe etwas generieren lassen, sondern dass ich mich direkt an der Interaktion beteiligt habe. Zum Beispiel klappte das in der Form, dass ich mir von einem KI-Sprachmodell nicht einfach eine Liste mit 10 Ideen generieren ließ, sondern ein ‚Spiel‘ in der Form spielte, dass immer abwechselnd eine Idee genannt wird.
Ich fand diesen Weg für mich schon ganz wertvoll, weil ich merkte, dass das viel weniger als früher eine Abkürzung war und es damit für mich lernförderlicher war. Zugleich stellte sich mir aber die Frage, ob ich damit mögliche Potenziale von KI-Technologie schon ausschöpfe. Anders gefragt: Ist das schon veränderte Kreativität oder einfach Kreativität wie bisher nur, dass sie jetzt auch individuell und nicht nur im Austausch mit anderen möglich ist und vielleicht auch ein bisschen mehr dabei rauskommt?
Meine heutige Herausforderung war deshalb: Gibt es auch weitergehende Perspektiven?
Prozess
Schritt 1: In den letzten Wochen bin ich in meiner Social Media Bubble immer mal wieder über das Tool NotebookLM von Google gestolpert. Zunächst hatte ich das als ‚Noch ein weiteres Hype‘-Tool recht schnell abgeschrieben, denn die erste große Begeisterung war darüber in der Form, dass man in das Tool ein paar Quellen hochladen kann – und dann ein Podcast daraus erstellt wird. Ich habe das ausprobiert, aber das Ergebnis war dann wie erwartet: Schon ganz in Ordnung, aber nicht wirklich überzeugend – und vor allem schien es mir sehr in die ‚Abkürzungs-Richtung‘ zu wirken. Das mitschwingende Argument war: „Jetzt musst du dir die ganzen Quellen nicht mehr selbst erarbeiten, sondern du hörst dir einfach in ein paar Minuten einen lustigen Podcast dazu an.“
Nachdem dann aber gefühlt immer mehr Menschen damit begannen, sich das Tool auch außerhalb der Podcast-Funktion anzuschauen – und es als sehr gewinnbringend skizzierten, beschloss ich, dem Tool noch eine Chance zu geben. Das heutige Anliegen – die Suche nach einer weitergehenden Technologie-Nutzung – schien mir dazu ein guter Anlass.
Schritt 2: Ich habe das Tool geöffnet und mich mit meinem Google-Account angemeldet. So lässt es sich kostenfrei nutzen (Ja, ich weiß. Ich bezahle das mit meinen Daten!). Die Grundstruktur von NotebookLM war mir schon von meinem ersten Experiment bekannt: Ich lege ein Projekt an und lade dort alle Inhalte hoch, die mir zu einem bestimmten Thema relevant erscheinen bzw. mit denen ich mich näher auseinandersetzen will.
Ich habe mein heutiges Projekt ‚Zukunft entsteht in radikaler Gegenwart‘ genannt – und dort Texte, Videos, Audios und pdf-Dateien hochgeladen, die mir aus dem Kontext von Future Skills, Demokratisierung, BNE und transformativem Lernen relevant erscheinen. Ich habe dabei ungefähr zur Hälfte Inhalte genutzt, mit denen ich schon viel gearbeitet oder die ich sogar selbst erstellt habe. Die andere Hälfte waren Inhalte, bei denen ich mir sicher war, dass ich die Inhalte sinnvoll finden würde, da sie aus meinem Netzwerk kommen.
Ich habe dann direkt noch einmal den Podcast-Test gestartet – dieses Mal mit der Anweisung, dass auf deutsch gesprochen werden soll und dass konkrete Einblicke in transformatives Lernen gegeben werden sollen. Das Ergebnis fand ich aber wieder eher enttäuschend. Es war eben einfach ein schneller Lauf durch die hochgeladenen Dokumente und das in einem Podcast-Sprech, den ich schon ‚in echt‘ eher anstrengend finde … Was wären denn dann aber andere Möglichkeiten?
Schritt 3: Beim Nachdenken, worin denn das Weiterführende einer KI-Nutzung liegen könnte, kam ich zum Schluss, dass das in diesem Fall gerade in einer Verbindung der Themen liegen könnte, zu denen ich Quellen hochgeladen habe: Demokratisierung, BNE, transformatives Lernen /Future Skills und Digitalisierung sind ja Themen, die oft nebeneinander her statt gemeinsam behandelt werden. Meine Idee war deshalb, das Tool zu einem vernetzten Lesen zu nutzen. Dazu wollte ich über den Chat gehen.
Schritt 4: Ich habe einen ersten Prompt eingegeben:
Du bist Pädagoge an einer fiktiven Schule, die die Konzepte von BNE, Digitalisierung, Demokratisierung und transformativem Lernen wie in den Quellen beschrieben praktisch umsetzt. Ich möchte von deinen Erfahrungen lernen und Praxiseinblicke erhalten. Du antwortest mir gut verständlich und prägnant. Meine erste Frage lautet: Wie sieht ein typischer Schultag bei euch aus?
Schon beim Schreiben dieses Prompts habe ich einen ersten Unterschied in meiner grundsätzlichen Herangehensweise gemerkt: Ich möchte nicht möglichst schnell ein Ergebnis erhalten, sondern bin neugierig darauf, etwas zu lernen! Die Antwort war dann auch sehr ausführlich und stringent – und vor allem sehr eng an meinen hochgeladenen Quellen geschrieben. Die genauen Stellen waren in der Antwort mit einer Art Fußnote verlinkt. Ich konnte auf diese Weise kontinuierlich zwischen Chat und Original-Quelle hin und her switchen. Auf diese Weise erarbeitete ich mir auch langsam die Quellen, die ich bisher noch nicht kannte.
Diese Form eines ‚vernetzten Lesens‘ gefällt mir sehr gut. Sinnvoll finde ich auch, dass nicht einfach irgend etwas erfunden wird. Ich habe zum Beispiel gefragt, wie an der fiktiven Schule mit generativer KI-Technologie umgegangen wird. Die Antwort war, dass konkret dazu in den Quellen nichts steht, aber dass man sich an den skizzierten Grundsätzen zum Umgang mit Digitalisierung orientieren könnte.
Schritt 5: Ich habe noch ein bisschen weiter gechattet und gelesen und dann irgendwann den Tab geschlossen, weil ich zwischendrin eine Besprechung hatte. Als ich das Tool später wieder öffnete, war mein Chat verschwunden. Ich fand das erst blöd, aber dann ziemlich gut, weil ich im nochmaligen Chat die Funktion ‚Kopieren‘ und ‚als Notiz speichern‘ entdeckte. Im nächsten Chat probierte ich nun beides aus. Mein Learning: Ich kann/ muss entscheiden, wenn ich etwas behalten will. Ich kann eine Chat-Antwort dann entweder direkt als Notiz speichern – oder auch kopieren, eine eigene Notiz anlegen, den Inhalt einfügen und dann bearbeiten. Besonders cool ist, dass ich solch eine Notiz dann auch später wiederum als Quelle hinzufügen kann. Noch einmal ein deutliches Zeichen dafür, dass es hier eben gerade nicht darum geht, Wissen zu konsumieren, sondern sogar selbst weiter zu entwickeln.
Ergebnis
Das Ergebnis des heutigen Experiments ist zuallererst ein eigener Kompetenzzuwachs. Ich habe für mich neu entdeckt, wie Interaktion mit KI-Modellen auf weiterführende Art und Weise aussehen kann. Ich versuche das zum Teilen möglichst prägnant zusammen zu fassen:
NotebookLM kann als Lerntool genutzt werden:
- Ich bin zunächst herausgefordert, Inhalte zu kuratieren, mit denen ich mich auseinandersetzen will. Besonders sinnvoll kann es hier sein, sich gezielt Inhalte auszuwählen, zwischen denen man eine Verbindung herstellen will.
- Die kuratierten Inhalte kann ich durch gezieltes Prompting intensiv, weil in einer ‚vernetzten Hyperlink Struktur‘ lesen bzw. sie mir besser erarbeiten.
- Die Ergebnisse meines Lernens kann ich als ‚Aha-Effekten‘ direkt speichern oder Inhalte auch bearbeiten bzw. ganz selbst schreiben. Auf diese Weise kann ich insgesamt die Wissensbasis weiterentwickeln und auch teilen.
Inhaltlich habe ich außerdem fünf erste Schritte erarbeitet, die für Schulen hilfreich sein können, die sich auf den Weg machen wollen:
- Schulentwicklungsprozess initiieren und alle Beteiligten einbeziehen: Am Anfang steht die Initiierung eines Schulentwicklungsprozesses, der alle Mitglieder der Schulgemeinschaft aktiv einbezieht. Dieser Prozess sollte darauf abzielen, eine gemeinsame Vision für die zukünftige Lernkultur zu entwickeln und die Bedürfnisse aller Beteiligten zu berücksichtigen. Es geht darum, ein Leitbild zu entwickeln, das als roter Faden dient.
- Selbstwirksamkeit der Lernenden stärken und Partizipation fördern: Schulen sollten Lernumgebungen schaffen, in denen die Selbstwirksamkeit der Schüler gezielt gestärkt wird. Dies bedeutet, dass den Schülern die Möglichkeit gegeben wird, eigene Entscheidungen zu treffen, ihre Lernprozesse selbst zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen.
- Metakognitive Fähigkeiten und Lernstrategien vermitteln: Um selbstreguliert lernen zu können, benötigen die Schüler metakognitive Fähigkeiten, also das Wissen über ihr eigenes Lernen.
- Kooperation und Vernetzung stärken: Eine erfolgreiche Schulentwicklung erfordert eine enge Zusammenarbeit im Kollegium und die Vernetzung mit anderen Schulen und außerschulischen Partnern.
- Freiräume nutzen und Strukturen flexibel gestalten: Schulen sollten ihre Freiräume nutzen, um innovative Lernkonzepte zu erproben und Strukturen flexibel zu gestalten.
Außerdem kann ich auch zukünftig auf die angelegte NotebookLM Umgebung zugreifen, dort auch kollaborativ mit anderen zusammen arbeiten (da steckt noch sehr viel Potential drin!) und mir bei Bedarf natürlich auch jederzeit neue Projekte anlegen.
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