#9: Cross-mediale Scamper-Ideenentwicklung

Dieser Artikel ist eine Dokumentation von meinem neunten Experiment bei Kreation 2.0 – meiner Kreativitäts-Challenge im Kontext von KI. Ich habe es am 2. Januar 2025 durchgeführt.


Idee

Mein heutiges Ziel war, mich auf eine offene Ideenentwicklung mit KI als Sparring-Partner einzulassen. Meine Frage war also: Kann ich mich von KI bei der Nordstern-Entwicklung in der Bildung überraschen lassen – und wenn ja, wie? Dazu wollte ich ausprobieren, ob das vielleicht durch eine Verknüpfung mit Bild- und Textproduktion funktionieren könnte. Hintergrund war hier ein neues, mentales Denkmodell, was ich im Buch ‚Mach dich frei‘ gefunden hatte: Demnach würden wir dazu tendieren, Situationen immer ganzheitlich zu betrachten. Für Veränderungen und Ideenentwicklung wäre es aber oft besser, ganz nah rein zu zoomen, gezielt einzelne Aspekte heraus zu greifen und diese zu verändern. Genau das wird mit der SCAMPER-Methode versucht, die ich bei dem Experiment mit verwendet habe.

Ablauf

Mein Versuch war dreischrittig: eine KI-Bildgenerierung, darauf aufbauend ein Chat mit einem KI-Sprachmodell und dann wieder zurück zur KI-Bildgenerierung. So bin ich vorgegangen:

Schritt 1: Ich habe mir von Midjourney ein Bild von einem Klassenzimmer in einer Schule generieren lassen – inklusive Schülern und Lehrkraft. Wenig überraschend habe ich ein sehr traditionelles Bild erhalten:

Ein Lehrer steht vorne in einem traditionellen Klassenzimmer. Davor Schüler*innen in Reihen an Holztischen.

Schritt 2: Ich habe versucht, das Bild möglichst genau zu beschreiben. Die Beschreibung habe ich direkt in mein Smartphone diktiert. Wichtig war mir, nicht zu bewerten oder schon zu überlegen, was da gerade passieren könnte, sondern wirklich nur auf einer beschreibenden Ebene zu bleiben. (Beispiel: Vorne hinter einem Stehpult steht eine erwachsene Person und spricht. Ihr gegenüber sitzen Kinder in Reihen auf Holzstühlen an Holztischen. Vorne an der Wand hängt eine große Landkarte …)

Schritt 3: Aus dieser Bildbeschreibung wollte ich erstens von ChatGPT eine Interpretation in Bezug auf die Bildung haben. Das habe ich ganz bewusst aus der Hand gegeben, weil ich sonst befürchtete, selbst zu viel zu interpretieren, was dann die folgende Ideenentwicklung schon sehr bestimmt hätte.

Mein Prompt war somit:

1. Du erhältst von mir eine Beschreibung zu einem Bild eines Klassenzimmers.
2. Du schreibst darauf aufbauend möglichst prägnant auf, wie du dir vorstellen kannst, dass in diesem Bild wer, wie, warum mit wem, wann und was lehrt und lernt. 

Das hier war das Ergebnis:

  • Wer? Der Lehrer mit den Schülerinnen und Schülern.
  • Wie? Klassische Unterrichtsform mit Vortrag und Mitschrift.
  • Warum? Zur Wissensvermittlung, möglicherweise in Geografie oder Biologie.
  • Mit wem? Mit Unterstützung durch die Materialien im Raum.
  • Wann? Während einer regulären Schulstunde.
  • Was? Wahrscheinlich geografische oder biologische Themen.

Schritt 4: Mein obiger Prompt war noch länger. Ich wollte dann nämlich auf diese Darstellung die SCAMPER-Methode anwenden, um auf diese Weise zu neuen Ideen zu kommen. Beim Akronym ‚Scamper‘ steht jeder Buchstabe für eine andere Möglichkeit, wie man ein Produkt oder eine Situation verändern kann.

Das hier war mein Prompt:

1. Ich gebe dir einen Buchstaben von der SCAMPER-Methode. Hier ist sie beschrieben: 
S: Substitute = Ersetze – Komponenten, Materialien, Personen
C: Combine = Kombiniere – vermische mit anderen Zusatzfunktionen oder Aggregaten; überschneide mit Service, integriere Funktionalität
A: Adapt = Ändere ab, verändere Funktion, verwende ein Teil eines anderen Elements, einer Baugruppe, eines Aggregats
M: Modify = Steigere oder vermindere Größe, Maßstab oder -stäblichkeit, verändere Gestalt, variiere Attribute (Farbe, Haptik, Akustik, …)
P: Put 	= „Put to another use“ – Finde weitere Verwendung(en), finde anderen Zusammenhang zur Nutzung, formuliere den Anwendungsbereich um
E: Eliminate = Entferne Elemente, Komponenten, reduziere auf Kernfunktion, vereinfache
R: Reverse = Kehre um, stülpe das Innere nach außen, stelle auf den Kopf, finde entgegengesetzte Nutzung 

Du schreibst mir ganz kurze und prägnante 10 Ideen auf, mit dem das Klassenzimmer mit der Methode des Buchstaben verändert werden könnte. Gefragt sind kreative bis hin zu unsinnigen Ideen. Du fragst mich, welche Idee mich am stärksten anspricht. 

2. Ich schreibe dir, welche Idee mich am meisten anspricht - und den nächsten Buchstaben. 
3. Du wiederholst Schritt 1. 
4. Wenn ich 'Stopp' schreibe gibst du mir eine Liste der von mir ausgewählten Ideen. 

Du kommentierst meine Auswahl nicht. Bist du bereit?   

Diese Schritte schloss ich direkt an die Bildbeschreibung an. Es funktionierte ziemlich gut. Am Ende hatte ich diese ausgewählte Liste:

  • Substitute (S): Sitzreihen durch Sitzsäcke oder Sofas für eine entspannte Lernatmosphäre tauschen.
  • Combine (C): Sitzreihen durch eine kreisförmige Anordnung ersetzen, um mehr Interaktion zu ermöglichen.
  • Adapt (A): Die Notizblöcke mit QR-Codes ergänzen, die digitale Lernressourcen freischalten.
  • Modify (M): Das Stehpult kleiner und mobiler machen.
  • Put to another use (P): Holztische als Projektionsflächen für interaktive Gruppenspiele nutzen.
  • Eliminate (E): Stühle entfernen und einen Steh- und Bewegungsraum einführen.
  • Reverse (R): Der Bücherschrank wird ein zentraler Ausgangspunkt für Lernstationen.

Den vollständigen Chat kannst du dir hier durchlesen.

Schritt 5: Im Anschluss daran habe ich mir eine detaillierte Bildbeschreibung zu diesem geänderten Klassenzimmer geben lassen. Diese habe ich als Prompt wiederum bei Midjourney eingegeben – und tatsächlich ein ziemlich verändertes Klassenzimmer erhalten.

Menschen sitzen in einem hellen Raum auf Sitzsäcken. Sie haben Tablets oder Laptop in der Hand. Daneben ein offenes Bücherregal.

Ergebnis

Bei diesem Experiment gibt es kein wirkliches Ergebnis, da es mir ja überwiegend um den Prozess ging. Im Chat mit ChatGPT finden sich bei den SCAMPER-Listen aber durchaus einige Anregungen, die vielleicht weiternutzbar sind.

Reflexion

Die crossmediale Ideenentwicklung hat aus meiner Sicht tatsächlich besser funktioniert, als ich dachte – und die Kombination mit SCAMPER erscheint mir ziemlich gut geeignet. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Ergebnisse noch einmal deutlich besser werden, wenn man das Bild zu Beginn noch viel detaillierter beschreibt. Dazu könne man zu Beginn auch von der Realität ausgehen. Das bedeutet: Man beschreibt einen real existierenden Unterrichtsraum, in dem man unterrichtet – und startet dann die SCAMPER-Verwandlung. Dadurch dass das KI-Sprachmodell einfach sehr systematisch die einzelnen Beschreibungen durchgeht und abwandelt, können da per Zufall durchaus spannende Ideen entstehen, an denen man weiter denken kann.

Ich werde mir diesen Prozess merken und sicherlich noch häufiger verwenden!


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