Dieser Artikel ist eine Dokumentation von meinem 18. Experiment bei Kreation 2.0 – meiner Kreativitäts-Challenge im Kontext von KI. Ich habe es am 14. Februar 2025 aufgeschrieben.
Idee
Bei meiner Beschäftigung mit KI komme ich immer wieder zur Frage: „Was sind denn eigentlich die wirklich wichtigen und originär menschlichen Kompetenzen, die uns von Maschinen unterscheiden?“ Daraus kann dann im Bildungskontext abgeleitet werden, was zum Beispiel die menschliche Lehrkraft ausmacht oder auf welche Kompetenzentwicklung in Lernprozessen der Fokus gelegt werden sollte. Auch darüber hinaus merke ich aber immer wieder, dass nicht nur ich, sondern auch Menschen in meinen Lernangeboten sich durch KI zu dieser Frage herausgefordert fühlen. Ich war deshalb auf der Suche, nach einer Übung, mit der diese Suche für mich und auch in Workshops unterstützt werden kann.
Vorgehen
Schritt 1: Eine erste Herangehensweise an die Frage wäre es, einfach für sich oder in Gruppen zu sammeln. Dabei würde einem sicher schnell einiges einfallen. Bei mir war das zum Beispiel: körperliche Intelligenz, Intuition und Resonanz. Solche Nennungen bleiben aber oft sehr allgemein. Und nach einiger Zeit fällt einem dann auch bald schon nichts mehr weiter ein. Deshalb war mein Einfall, für die Reflexion dieser Frage ein KI-Sprachmodell zu nutzen.
Schritt 2: Ich habe für die KI-Nutzung einen spielerischen Prompt gewählt. Dabei war mir wichtig, möglichst konkrete originär menschliche Kompetenzen herausarbeiten zu können und selbst aktiv ins Denken zu kommen. Das hier war mein Prompt:
Lass uns ein Spiel spielen.
Deine Aufgabe ist es, mir eine möglichst konkrete Aufgabe zu nennen, von der du ausgehst, dass ich sie als Mensch bewältigen kann, aber du als KI-Modell nicht. Ich kann darauf mit 1, 2 oder 3 reagieren.
1 bedeutet, dass ich doch davon ausgehe, dass du das als KI-Sprachmodell kannst. In diesem Fall muss ich dir begründen, warum du es doch kannst.
2 bedeutet, dass ich zustimme, dass ich das kann, aber du nicht. In diesem Fall nenne ich zusätzlich eine Einschränkung, die ich von der Aufgabe ableite, die du bei allen weiteren Aufgabenvorschlägen berücksichtigen musst.
3 bedeutet, dass ich zustimme, dass du es nicht kannst, aber ich es auch nicht kann. In diesem Fall nenne ich dir auch den Grund dazu und evtl. auch eine weitere Einschränkung, wie bei 2.
Nach meiner Eingabe bist jedes Mal du wieder dran, eine weitere Aufgabe vorzuschlagen und dabei gegebenenfalls die von mir aktuell und zuvor genannten Einschränkungen zu berücksichtigen.
Wenn ich 'Stopp' schreibe, ist das Spiel zu Ende. Du gibst mir auf Grundlage des Chats
a) eine Liste mit allen Aufgaben aus, die du nicht kannst, aber ich kann.
b) eine Liste mit Dingen aus, die ich lernen/ machen könnte, um mehr originär menschliche Aufgaben bewältigen zu können, die du nicht bewältigen kannst.
c) eine Liste mit Dingen aus, die ein KI-Modell doch kann, obwohl man es vielleicht erst anders eingeschätzt hätte.
Ist dir das Spiel klar?
Ich habe den Prompt mit ChatGPT in der Version 4.0 ausprobiert.
Schritt 3: Ich fand den Chat sehr spannend – und wie erhofft – auch tatsächlich denkanregend für mich selbst. Besonders spaßig fand ich es, Aufgaben von ChatGPT mit anderen KI-Modellen zu ‚testen‘ – und so belegen zu können, dass ein KI-Modell, sie eben doch bewältigen kann. Ein Beispiel war hier die Aufgabe von ChatGPT: ’spontan und ohne rationale Begründung die Lieblingsfarbe nennen‘. Genau das habe ich bei Llama eingegeben – mit der Antwort ‚blau‘. In anderen Fällen, wenn es darum ging eine Einschränkung zu finden, musste ich zum Teil länger überlegen, was denn jetzt wirklich die benötigte Besonderheit des Menschen bei einer bestimmten Aufgabe ist. Zum Beispiel bei der Aufgabe: „Erkenne, ob eine abstrakte Zeichnung eine positive oder negative Stimmung vermittelt.“
Mit der Zeit lief der Chat sich dann etwas aus, weil ChatGPT immer wieder etwas vorschlug, was eigentlich schon unter eine bestimmte, genannte Einschränkung fiel – aber bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich viel Freude mit dem Chat.
Ergebnis und Reflexion
Nachdem ich ‚Stopp‘ geschrieben habe, bekam ich die gewünschten Listen generiert. Wenn man diese einfach so liest, dann sind sie wahrscheinlich wenig überraschend:
Es ging mir aber tatsächlich eher um den Prozess. Das wichtigste Ergebnis finde ich deshalb auch den entwickelten Prompt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, diesen Prompt in KI-Workshops so zu nutzen, dass sich Kleingruppen zusammen finden und mit dem Prompt in eine Interaktion mit einem KI-Sprachmodell gehen – und dann jeweils ihre Reaktion in der Kleingruppe reflektieren. Im Plenum könnte dann geteilt werden, was einen besonders überrascht hat oder was man für sich mit nimmt.
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