Zines zum Lehren und Lernen

Schon länger wollte ich etws über das Potential von Zines im Bildungskontext schreiben. Wieder daran erinnert hat mich nun ein Artikel im Open Pedagogy Notebook. In meinem Blogbeitrag beziehe ich mich zum Teil auf diesen Artikel. Insgesamt erläutere ich, was Zines überhaupt sind und warum und wie sie sich im Bildungskontext einsetzen lassen.

Was sind Zines?

‘Zines’ ist abgeleitet von ‘Magazine’ (Zeitschrift). Kurz gefasst handelt es sich bei einem Zine um ein individuell oder in Kleingruppen selbst-produziertes Booklet, das meist in nur kleiner Auflage gedruckt und dann durch Hand-zu-Hand Verteilung verbreitet wird. Zines bieten auf diese Weise jeder Person die Möglichkeit, zum ‘Verleger’ zu werden. Mit dem Aufkommen des Fotokopierers ist es immer einfacher geworden, Zines zu verbreiten. Und auch in unserer heutigen digitalisierten Gesellschaft, in der jede Person potentiell auch über das Internet Inhalte verbreiten kann, bleiben sie bestehen. In der Geschiche und bis heute verfolgten Zines unter anderem die Ziele, die Interessen von Minderheiten zu artikulieren, Gegenhegemonie aufzubauen, Alternativen zu etablierten Medien zu bieten oder sich über Interessen (Musik, Spiele etc.) auszutauschen. Sie sind damit ein Medienformat, das auf Selbermachen setzt und vor allem in subkulturellen Kontexten beliebt war und ist.

Im Bildungskontext können Zines sowohl als Informationsquelle genutzt als auch durch Lernende selbst gestaltet werden.

Zines als Informationsquelle

Zines als Informationsquelle ermöglichen es, ein Thema aus einer spezifischen, oft sehr persönlichen Perspektive zu betrachten. Lernende können in und mit Zines zu einem bestimmten Thema recherchieren. Sie lernen dabei, Informationen auch aus weniger bekannten/ alternativen Quellen zu beziehen und einzuordnen/ zu bewerten. Gerade im Kontext einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE), die auf Multiperspektivität setzt und thematisch unter anderem den Bereich des Globalen Lernens, von Geschlechtergerechtigkeit oder Antirassismus umfasst, ist die Einbeziehung von Zines in Lernprozesse sehr zu empfehlen.

Die wahrscheinlich beste Anlaufstelle für auch deutschsprachige Zines ist das Archiv der Jugendkulturen in Berlin. Vielleicht gibt es in einer Klasse / einem Seminar aber auch Lernende, die in einer Zine-Community aktiv sind und vor diesem Hintergrund Zines mitbringen und präsentieren können. Darüber hinaus werden immer mehr Zines auch digital verbreitet und können über eine einfache Internetsuche gefunden werden.

Zines selbst gestalten

Neben der Nutzung von Zines als Quelle lassen sich Zines auch von Lernenden selbst gestalten. Verbreitet ist das als Methode insbesondere mit jüngeren Lernenden unter der Bezeichnung ‘Buddy-Books’. Dabei wird einfach eine DINA4-Seite zu einem ‘Hosentaschen-Buch’ gefaltet und dann individuell mit Inhalten gefüllt.

Buddy-Books können zum Beispiel ein eigener ‘Spickzettel’ zu einem bestimmten Thema sein. Weil nur begrenzt Platz vorhanden ist, muss man sich auf die wichtigsten Dinge konzentrieren und diese gezielt auswählen. Zudem muss man die Inhalte sinnvoll in kleinere Portionen (so dass sie auf die Seiten des Büchlein passen) einteilen und anordnen. Auf diese Weise findet eine intensive Auseinandersetzung mit Lerninhalten statt.

Eine weitere Möglichkeit ist es, Buddy-Books von Seiten der lehrenden Person als eine Art ‘Lapbook’ zu gestalten. In diesem Fall werden bereits vorab die Überschriften/ Fragen eingetragen. Lernende füllen die Vorlage dann analog aus. Damit lassen sich zum Beispiel individuelle Portfolios oder Projekte wie Buchvorstellungen durchführen.

Für ältere Lernende ist es spannend, nicht einfach nur ‘Buddy-Books’ zu gestalten, sondern explizit auf das Konzept von Zines als alternatives und subkulturelles Medium einzugehen – und vor diesem Hintergrund auch die Vorgaben für die Gestaltung eines eigenen Zines zu überlegen.

Die Gestaltung eines Zines kann dann ein wichtiger Aspekt von Selbstermächtigung sein. Lernende können persönliche Erfahrungen im Rahmen eines Zines teilen oder ihre eigenen Interessen und Positionen aufschreiben. Anders als in Buddy-Book, das eher für die eigene Hosentasche gedacht ist, können die gestalteten Zines von Lernenden dann auch explizit zum Verteilen genutzt werden.

Auch wenn (bzw. gerade weil) ein Zine grundsätzlich ein analoges Medienformat ist, bietet sich seine Gestaltung für eine Reflexion über Informationsvermittlung in einer digitalisierten Gesellschaft an: Wie verhält sich die potentielle Unbegrenzheit von verfügbaren Informationen im Internet zur gezielten Verteilung von Zines in analogem Format und nur an Insider? In welchem Kontext kann das hilfreich/ wünschenswert sein? Wie nachhaltig und dauerhaft sind Online-Informationen versus Zines? Was lässt sich bei der Gestaltung von Online-Inhalten von der Gestaltung von Zines lernen? Und: Wie funktioniert Remix analog und wie digital?

Tools zur Zine-Erstellung

Ein rein analoges Zine ist aus einem DinA4-Papier schnell gefaltet und geschnitten. In dieser Faltanleitung ist die dazu verwendete Technik beschrieben. Wer das Zine digital gestalten und dann ausdrucken will, kann diese Online-Vorlage dazu verwenden. Viele hilfreiche Hinweise und Anregungen zur Zine-Erstellung erhält man auch in der Online Community: We make Zines

Eine spannende Verknüpfung von analog und digital bietet die im eBildungslabor übersetzte und angepasste Zine Vorlage auf Glitch. Mit dieser Vorlage wird das eigene Zine zum einen als Website gestaltet (inklusive selbst gewählter URL). Zum anderen kann das Zine ausgehend von der Online-Version ausgedruckt werden. Gerade auf diese Weise lassen sich die oben aufgeworfenen Reflexionsfragen zu digital-analog-vernetzter Informationsverbreitung gut thematisieren. Auch im schulischen Kontext ist es einfach nutzbar. da keine Registrierung/ Anmeldung benötigt wird. Eine Erläuterung zur Nutzung ist in der Vorlage mit enthalten. Auf diese Weise kann das Tool direkt eingesetzt werden.

Ein Zine-Beispiel zum Verteilen: OER zum Einstieg

Ein Buddy-Book bzw. Zine zum Selbstdrucken und Verteilen haben Martin Ebner und Sandra Schön bereits vor einiger Zeit zu OER (und als OER) gestaltet. Hier kannst Du es Dir herunterladen und an alle verteilen, die Du von offener Bildung überzeugen willst. Und wenn Du daran Freude findest, dann weißt Du jetzt ja auch, wie Du Dein eigenes Zine erstellst und dann sowohl online als auch offline verbreiten kannst.


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