Erkunden und Gestalten im offenen Netz

Zeitgemäße Bildung heißt für mich auch und vor allem offenes Ausprobieren, freies Erkunden und manchmal auch Chaos zu ermöglichen und bei den dabei entstehenden Lernprozessen zu unterstützen. Das Internet kann dafür ein wunderbarer Lernraum sein. Denn wo könnte diese Art von Lernen besser funktionieren, als auf Websites von Menschen, die genau mit dieser Haltung im Netz aktiv sind und sie vorleben. In diesem Sinne sind es oft gerade kleinere Tools und Projekte, die sehr viel Bildungspotential haben können. Fünf Funde der letzten Wochen stelle ich im folgenden vor.

1. Geschichten entfalten mit ‘Teleskop-Text’

Ein Teleskop-Text ist ein Text, der nicht linear gelesen wird, sondern Schritt für Schritt entfaltet wird. Lesende können dabei jeweils selbst entscheiden, an welchen Stellen sie zunächst entfalten wollen. Und auf die gleiche Art und Weise wird der Text auch geschrieben.

Ein Beispiel siehst Du im folgenden Screencast bzw. kannst es online ausprobieren

Teleskop-Texte lassen sich auf der Website TeleskopicText ohne Anmeldung erstellen. Für das Veröffentlichen ist eine kostenfreie Registrierung erforderlich. Man erhält dann einen Link zum Teilen.

Teleskop-Texte können genutzt werden, um auf eine nicht-lineare Art und Weise Geschichten zu entwickeln und Sprache zu erkunden. Beispielsweise könnte ein Dreiwort-Satz – im Beispiel: ‘Max trinkt Tee’ – vorgegeben werden. Lernende entwickeln daraus jeweils eine eigene Teleskop-Geschichte. Die entstandenen Geschichten können gegenseitig erkundet werden.

2. Kollaborativ alle Farben benennen

Ein sehr schönes, aktuelles Kollaborationsprojekt zum Mitmachen ist Colornames. Jede Person kann Namensvorschläge für alle verfügbaren Farben der RGB-Farbpalette machen und/ oder die Namensvorschläge von anderen bewerten/ bessere Alternativen vorschlagen. Die entstehende Liste an Farbnamen ist Public Domain, d.h. sie kann herunter geladen und offen weiter genutzt werden.

Ich sehe Colornames als gute Möglichkeit, um sich auf sehr niederschwellige Art und Weise an einem kollaborativen Online-Projekt zu beteiligen. Es ist sehr schön ersichtlich, wieviel entstehen kann, wenn viele gemeinsam an etwas denken.

3. Notizen teilen in einem sozialen Netzwerk der anderen Art

Special.Fish verwandelt die Textnotizen, Listen und (unsortierte) Gedanken der beteiligten Nutzer/innen in ein soziales Netzwerk. Profilseiten werden hier als eine Art offen gestaltbares Textdokument aufgebaut. Alle entscheiden selbst über ihre Überschriften und Inhalte – und können – ähnlich wie in einem Etherpad – jederzeit an ihren Einträgen weiter schreiben. Du kannst Special Fish nutzen, um die Profile von anderen zu erkunden – und dabei manchmal auf sehr kreative Ideen und tolle Links zu stoßen. Oder Du kannst auch Dein eigenes Profil anlegen – und z.B. Deine Ideen und Netz-Fundstücke, für die Du sonst nirgends so wirklich Platz findest, von Deinem Rechner ins Netz verlagern.

Das Netzwerk ist initiiert von Elliott Cost und soll perspektivisch von der Community getragen werden. Vorgeschlagen wird eine freiwillige Spende von 1-5 Dollar.

4. Flip-Geschichten malen

Flickgame gehört zu den Websites, die erst recht unscheinbar erscheinen, aber dann immer mehr Spaß bringen können. Zunächst ist es einfach eine pixel-artige Malfläche, auf der mit unterschiedlichen Farben und Strichstärkenm etwas aufgemalt werden kann, Der Clou ist dann die Möglichkeit zur Verlinkung: Für die benutzten Farben kann jeweils festgelegt werden, zu welchem anderen Bild sie auf Klick führen sollen. Am besten startet man mit Flickgame, in dem man sich ein paar Beispielgeschichten anschaut und durchspielt und es dann selbst versucht.

Der Editor des Flickgame kann offen genutzt werden. Zum direkten Teilen der Geschichte benötigt man einen Account bei Github. Aber auch ohne Anmeldung kann man die erstellte Geschichte als HTML-Datei herunterladen und dann beliebig im Netz veröffentlichen oder auch einfach im Browser öffnen und spielen. Die Funktionsweise von Flickgame zeige ich im folgenden kleinen Screencast:

Danke an Increpare für dieses Tool. Von dieser Person gibt es übrigens noch ein paar andere schöne kleine Browser-Spiele. Wer z.B. eine simple Alternative zu Twine zum Schreiben interaktiver Geschichten sucht, könnte sich TinyChoice ansehen.

5. Mit der Tastatur zeichnen

ENTROPX ist ein minimalistisches Zeichenprogramm, das sehr viel Spaß macht. Gezeichnet wird mit der Tastatur. Der Buchstabe gibt die Richtung des Pixelsetzens vor. Mit Sonderzeichen kann die Farbe gewechselt oder die Pinselform angepasst werden. Es gibt einige Muster, die man sich ansehen kann, um das Prinzip zu verstehen – und dann probiert man es am besten aus. Ein fertiges Bild lässt sich mit Maus-Rechtsklick anzeigen und herunterladen.

Viel Spaß beim Ausprobieren!


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