Es ist inzwischen schon über zwei Jahre her, dass Beat Döbeli Honegger Text und Grafik zur Frage „Warum soll ich etwas lernen, was die Maschine (besser) kann?“ in seinem Blog veröffentlicht hat. Ich habe diesen Denkanstoß seitdem in vielen Workshops und Fortbildungen aufgegriffen und mit Lehrenden und Lernenden dazu reflektiert. Ich finde diese Frage auch weiterhin relevant — vor allem, weil viele Lernende in einem oft als fremdbestimmt erlebten Bildungskontext sich genau diese Frage stellen.
Zugleich merke ich, dass ich es aus pädagogischer Perspektive hilfreich fände, zusätzlich zur Frage nach dem Warum des Lernens im Kontext von immer leistungsfähigeren Maschinen auch die Frage nach dem Warum der Maschinennutzung im Kontext des Lernens zu stellen. Nicht, um Maschinennutzung auf diese Weise abzuwehren, sondern um zu einer pädagogisch klugen, weil lernförderlichen Nutzung zu kommen. Ich finde das vor allem deshalb wichtig, weil die vorherrschende KI-Debatte sehr stark auf Vereinfachung durch Automatisierung dank Maschinen orientiert – oft nicht aber zugleich auch auf menschliches Wachstum. Diese zusätzliche Frage lautet dann: Warum soll ich die Maschine nutzen, wenn ich etwas (wirklich) lernen will?
Hier sind ein paar Antwortmöglichkeiten:
- Weil ich in Interaktion mit der Maschine Inhalte vertiefter erschließen und verbinden kann.
- Weil es mir Freude macht.
- Weil ich mich von der Maschine sehr zielgerichtet beim Lernen unterstützen lassen kann.
- Weil ich mit neuen, technologischen Entwicklungen Schritt halten will.
- Weil ich mit der Maschine besser und schneller vorankommen kann.
- Weil die Maschine mir neue Perspektiven eröffnen kann.
- Weil mir die Maschine Zeit verschafft, um das zu lernen, was mich wirklich interessiert.
- Weil ich durch die Maschine meinen Lernprozess selbst gestalten kann.
- Weil ich durch die Maschine Inhalte so transformieren kann, wie sie für mich passend sind.
- Weil ich mit der Maschine kreative Wege beim Lernen ausprobieren kann.
Ähnlich wie bei Beats Antworten auf die ursprüngliche Frage ist auch diese Liste ganz sicher nicht abschließend, und bestimmt werden die Antwortmöglichkeiten auch hier von unterschiedlichen Lernenden als unterschiedlich sinnvoll empfunden. Das ausdrückliche Ziel der Reflexion ist deshalb ja auch, zu den je eigenen Antworten zu kommen.
Ich mag an dieser Erweiterung, dass sich die Perspektive verschiebt. Ausgangspunkt ist dann das Lernen als ein aktiver und sinnstiftender Prozess, der uns Menschen zu eigen ist.
Die Antworten auf diese Frage eröffnen zugleich auch sehr gut die Frage nach dem Wie des Lernens mit Maschinen. Denn zu fast allen hier vorgeschlagenen Antwortmöglichkeiten könnte ich auch fragen: Wie genau kann ich dazu die Maschine nutzen? Oder auch: Was brauche ich dazu? Schließlich eröffnet das Nachdenken über die Frage immer auch die Perspektive des bewussten Lernens ohne Maschinen, sofern ich in einem bestimmten Kontext keinen schlüssigen Grund dafür finde. Und auch diese Perspektive gehört ja zu einer klugen Maschinennutzung dazu.
Falls du diesen Reflexionsanstoß in Lernangeboten weiter nutzen willst, dann findest du hier Grafik und H5P-Inhalt dazu.

Wer dazu gemeinsam mit anderen Lernenden und Lehrenden weiterdenken will, ist herzlich zum Fachtag des Bundesverbandes der Freien und Alternativschulen am 23. Mai 2025 im Bildungshaus Riesenklein in Halle (Saale) eingeladen. Ich biete dort einen Workshop dazu an! Hier geht es zur Anmeldung.
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