Gestalte Dir ein personalisiertes OER-Such-Tool – ohne Coding-Expertise

Open Educational Resources (OER) sind Bildungsmaterialien, die dank offener Lizenz nicht in den engen Schranken des Urheberrechts gefangen sind, sondern remixt werden können. Remix bedeutet, dass sie verändert, mit anderen Materialien vermischt und weiter verwendet werden können. Für Lehrende und Lernende haben OER den großen Vorteil, dass das Rad nicht immer wieder neu erfunden werden muss, sondern sie auf Bestehendem aufbauen können. Das Teilen sorgt zudem ganz nebenbei für mehr Kollaboration und Austausch mit Kolleginnen und Kollegen.

Was in der Theorie gut klingt, ist in der Praxis aber nicht immer einfach. Eine der zentralen Herausforderungen von OER ist ihre Auffindbarkeit. Aus Nutzenden-Perspektive stellt sich die Frage: Wie kann ich für mich hilfreiche OER in den potentiell grenzenlosen Weiten des Netzes finden? Eine mögliche Antwort darauf lautet: mithilfe einer personalisierten, dezentralen und kontinuierlich weiter entwickelbaren OER-Such-Maschine. Dazu habe ich ein erstes mögliches Tool entwickelt. Und in diesem Blogbeitrag erläutere ich Dir, wie es genau funktioniert und was ich mir dabei gedacht habe. Das Ganze ist noch als Prototyp zu sehen – also gerne mit überlegen, wie sich die Idee vielleicht auch viel besser umsetzen lässt :-)

Wer das entwickelte Tool direkt testen will: Eine Beta-Version kannst Du auf Glitch remixen (Achtung: als Quelle, die durchsucht wird, ist hier in dieser Basis-Version nur die OER-Info-Stelle eingetragen. Du findest also nicht viel. Das ist so gewollt, denn die Idee ist ja gerade, dass Du nicht schon eine ‘gefüllte’ Suchmaschine erhältst, sondern beim Remix genau Deine gewünschten Plattformen und Websites eingibst). Wenn Du ein Beispiel für eine bereits mit ersten Websites ‘gefüllte’ personalisierte OER-Suche ausprobieren willst, findest Du meine personalisierte Suche (mit Fokus auf Nachhaltigkeit und zeitgemäße Bildung) auf meiner Website

Warum ein personalisiertes, dezentrales und kontinuierlich weiter entwickelbares OER-Such-Tool?

Die Entwicklung eines persönlichen OER-Such-Tools sollte aus meiner Sicht mit dem Aufbau eines Persönlichen Lern-Netzwerks Hand in Hand gehen bzw. ein Teil davon sein: Wenn ich auf spannende Menschen treffe, über neue Projekte erfahre oder einen guten Blog entdecke, dann werde ich im Kontext des Aufbaus meines persönlichen Lern-Netzwerks den jeweiligen Akteur:innen zum Beispiel auf Twitter folgen oder den Blog in meinem RSS-Feed ergänzen. Ebenso sollte es möglich sein, die Adresse der Website in einem personalisierten OER-Such-Tool für mich zu ergänzen. Auf diese Weise würde mein OER-Such-Tool kontinuierlich erweitert und immer besser für mich personalisiert.

Ein Tool, das diese Art der Gestaltbarkeit und immer besseren personalisierten Suche erfüllt, muss demnach die folgenden Kriterien aufweisen:

  • kontinuierliche Weiterentwicklungsmöglichkeit: Es muss ohne großen Aufwand möglich sein, Quellen/ Plattformen/ Websites, die durchsucht werden sollen, zu ergänzen.
  • dezentrale Gestaltung und damit die Möglichkeit zur Personalisierung der Suche (Denn das Ziel sollte nicht sein, möglichst viel zu finden, sondern möglichst passend für die jeweils nutzende Person zu finden)
  • einfache Bedienbarkeit auch für technisch weniger affine Menschen,

Das auf Glitch als Prototyp neu entwickelte OER-Such-Tool zum Remix erfüllt all diese Kriterien. Es beinhaltet eine selbst auszufüllende Liste von zu durchsuchenden Websites – ausgelagert aus dem sonstigen Code, so dass Nutzende direkt und einfach darauf zugreifen und Änderungen vornehmen können. Durchsucht werden diese Websites gezielt nach OER-Inhalten, d.h. nach Inhalten die unter einer offenen Lizenz geteilt wurden. Programmierkenntnisse sind zur Nutzung des Tools nicht erforderlich. Durch die Remix-Möglichkeiten auf Glitch genügt ein Klick um aus der Beispiels-Anwendung ein eigenes Such-Tool zu generieren. (Zum Testen muss man nicht mal angemeldet sein. Dann bleibt das Tool aber nur für 7 Tage online, mit Anmeldung aber unbegrenzt). Gebühren fallen keine an. Wer möchte kann auch das Aussehen des Such-Tools insgesamt ändern bzw. sogar die URL anpassen. Und da es nur eine einfache Datei ist, ist man nicht auf Glitch als Plattform angewiesen. Mein personalisiertes OER-Such-Tool habe ich z.B. auf meine eigene Website eingestellt und ebenfalls gibt es hier eine Version auf Github.

Wie genau funktioniert die Anpassung?

Dein eigenes OER-Such-Tool erstellst Du in drei Schritten:

  1. Remixe das Basis-Muster-Projekt mit Klick auf die beiden Fische und ‘Remix on Glitch’
  2. Öffne die Datei list.json und ergänze die von Dir gewünschten Websites. Wichtig ist, dass Du dabei das folgende Format benutzt: site:ebildungslabor.de OR site:open-educational-resources.de OR site:edulabs.de …
  3. Klicke auf ‘Show’ – und schon kannst Du Dein persönliches Such-Tool verwenden. Wenn Du Ergänzungen vornehmen willst, kannst Du jederzeit weiter an der list.json Datei schreiben.

Wenn Du noch mehr ändern willst, kannst Du zusätzlich die index.html Datei öffnen und hier zum Beispiel eine andere Überschrift eintragen. Auch kannst Du eine spezifische URL (anstelle der zufallsgenerierten Glitch-URL) wählen. Und natürlich kannst Du Dein Such-Tool jederzeit mit anderen teilen. Dazu gibst Du einfach seine URL weiter.

All diese Schritte sind im folgenden Screencast kurz erklärt.

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Wie könnte der Aufbau und die Weiterentwicklung eines personalisierten OER-Such-Tools z.B. in Fortbildungen aussehen?

Mit der Gestaltung eines personalisierten OER-Such-Tools könnte bereits in OER-Einstiegs-Fortbildungen begonnen werden. Teilnehmende würden hier dann den Grundstein für ihre personalisierte OER-Suche legen. Sie könnten das begonnene Tool aus der Fortbildung ‘mitnehmen’ und daran dann bei Bedarf immer weiter entwickeln. Gut denkbar in diesem Sinne wäre die Präsentation einer Liste möglicher OER-Plattformen während der Fortbildung. Auf diesen Plattformen könnten Teilnehmende recherchieren, eine persönliche Bewertung vornehmen und dann eine Entscheidung über Aufnahme oder Nicht-Aufnahme in das persönliche Such-Tool treffen. Zum Einstieg in die OER-Suche und für einen Gesamt-Überblick finde ich auch die zentrale OER-Suche über das OERhörnchen eine gute Sache. Gerade als OER-Neueinsteiger:in kann ich mich hier informieren, was es überhaupt alles an OER-Projekten gibt. Die Anlaufstellen, die mir gut gefallen und die ich häufiger nutze, könnte ich dann nach und nach in mein personalisiertes OER-Such-Tool übertragen.

Neben für einen selbst personalisierten Such-Tools ist es natürlich jederzeit auch möglich, spezifische OER-Such-Tools für bestimmte Themen zu erstellen – und dann auch mit anderen zu teilen. Eine Englischlehrerin könnte zum Beispiel ‘ihr’ OER-Such-Tool mit empfehlenswerten Blogs und Plattformen mit OER-Materialien zum Englischunterricht mit einer Kollegin teilen. In der Community für Bildung für Nachhaltige Entwicklung könnte ein inhaltliches Such-Tool zu Nachhaltigkeitsthemen erstellt werden …

Für die OER-Community insgesamt finde ich diesen dezentralen Ansatz vor allem deshalb von Interesse, weil für mich bei der OER-Suche gar nicht nur große Plattformen von Bedeutung sind – sondern mindestens ebenso wichtig kleinere Initiativen oder individuelle Blogs. Diese OER würden sich über den Ansatz von zahlreichen dezentralen und personalisierten Tools wahrscheinlich besser einsammln und nutzen lassen – als über eine zentrale Suche. Auch mag ich sehr gerne den bildungsbereichsübergreifenden Ansatz der OER-Community. Bei der Entwicklung von nur zentralen Suchen kann es dagegen schnell zu bildungsbereichsspezifischen Suchtools kommen. Das kann bei dezentralen Suchen zwar ganz genau so passieren (und ist zum Teil ja auch sinnvoll), aber durch auch bestehende Such-Tools mit größerer Flexibilität und Personalisierung erwarte ich insgesamt mehr Bewegung und damit Offenheit.

Wo ist der Haken?

Bis jetzt klingt das alles ziemlich perfekt. Gibt es einen Haken? Leider ja! Er liegt darin, dass OER im Netz nicht immer als OER erkennbar sind, weil nach wie vor viel zu oft eine maschinenlesbare Lizenz fehlt. Ohne maschinenlesbare Lizenz erkennt eine Suchmaschine aber nicht, dass es sich um ein OER handelt – und durchsucht dann zwar die Website nach dem eingegebenen Suchbegriff, aber meldet nichts zurück, weil kein OER erkannt wird. Jöran hat über dieses Problem in einem Meinungsbeitrag für OER Info gebloggt.

Beim Aufbau des personalisierten OER-Such-Tools ist es deshalb der erste nötige Schritt, eine gewünschte Website oder Plattform mit einem Beispiel-Inhalt auf die Maschinenlesbarkeit der Lizenz zu überprüfen. Dazu kann der URLcheck genutzt werden: URL eingeben, testen – und direkt das Ergebnis erhalten. Sofern die Rückmeldung lautet, dass die Lizenz nicht maschinenlesbar ist, wird erklärt, wie man das reparieren kann. Und nicht nur im Interesse des Aufbaus Deines personalisierten Such-Tools, sondern auch im Sinne einer besseren Verbreitung und Auffindbarkeit von OER insgesamt wäre es super, wenn Du die Betreiber_innen der Website/ der Plattform auf diesen Mangel aufmerksam machst.

Fazit: Weiterdenken und Feedback erwünscht!

Die Idee für dieses personalisierte Such-Tool ist mir recht spontan bei der Vorbereitung des #OERcamp bei #wildcampen am kommenden Wochenende gekommen. Matthias, der das OERhörnchen entwickelt, hat dankenswerterweise bereits erstes Feedback gegeben und will weiter mitdenken. Über weitere Anregungen freue ich mich. Wer kommendes Wochenende beim #OERcamp bei #Wildcampen ist: auch hier wird sicherlich Raum zum Ausprobieren und Weiterdenken sein.

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