Making-of: So gestalte ich Mini-Online-Selbstlernkurse

In den letzten Wochen habe ich mit dem Einstiegskurs in OER, dem Online-Kurs zur Gestaltung von Online-Bildungsangeboten und dem Online-Kurs zum Thema ‘Digitalisierung verstehen und gestalten’ drei Online-Lernangebote zum Selbstlernen und für Remix veröffentlicht, die alle dem gleichen Prinzip folgen: Mit möglichst geringem Aufwand ein möglichst gutes Lernangebot erstellen!

Der Hintergrund der Lernangebote ist, dass ich mehr und mehr von klassischen Einstiegswebinaren wegkomme und stattdessen zunächst Flipped Materialien zur Verfügung stelle. Darüber habe ich hier gebloggt. In den meisten Fällen gestalte ich das ganz einfach (z.B. via Glitch oder als Pad mit CodiMD). Wenn aber nur etwas mehr Zeit da ist, dann lässt sich solch eine kuratierte Zusammenstellung relativ simpel in einen Online-Kurs umgestalten, der um einiges schicker aussieht, allen zum Selbstlernen zur Verfügung steht und der auch gut remixt werden kann. Diese Art der Online-Kurse – ich nenne sie Mini-Online-Selbstlernkurse – sind also bewusst ein Mittelding zwischen aufwendig gestaltetem Kurs und ganz einfacher Kuratierung. Da ich sie persönlich gerne mag und als nützlich empfinde, veröffentliche ich hier ein kurzes Making-of dazu.

In 10 Schritten zum Mini-Online-Selbstlernkurs

Schritt 1: Thema und Gliederung festlegen

Da es sich bei mir meist um ‘Auftragsarbeiten’ handelt, ist das Thema in der Regel festgelegt. Ich beginne dann im ersten Schritt damit, das Thema zu untergliedern. Für mich hat es sich dabei als sinnvoll herausgestellt, Fragen als Überschriften der einzelnen Lerneinheiten zu wählen. Das ist aus der Perspektive der Lernenden gedacht, die sich dann gezielt die Frage auswählen können, die für sie interessant ist. Je nach Thema ist solch ein Kurs mehr oder weniger chronologisch angelegt. Immer plane ich aber so, dass einzelne Lerneinheiten auch unabhängig voneinander nutzbar sind. Zu den einzelnen Lerneinheiten ergänze ich eine Willkommens- und eine Abschlusseinheit.

Schritt 2: Rahmen klären

Ganz zu Beginn lege ich einige Sachen fest, die für den gesamten Kurs relevant sind: Dazu gehört insbesondere:

  • die Lizenz: Wenn es sich überwiegend um kuratierte Inhalte und Videos mit mir selbst handelt, dann wähle ich zur Veröffentlichung meist CC0 1.0, d.h. Weiternutzung ohne weitere Bedingungen (Denn, wenn ich ohnehin überall im Kurs auftauche, braucht es im Prinzip ja keine formale Namensnennung. Da sieht ja auch so jeder, dass der Kurs von mir ist, wenn er weiter genutzt wird.). In anderen Fällen wähle ich manchmal auch CC BY 4.0. In beiden Fällen ist so eine einfache Weiternutzung möglich. Und der geplante Kurs ist in diesem Sinne nachhaltig.
  • die Begleitung: Ich überlege mir, wie ich den Kurs als betreuten Kurs gestalten will. Dazu richte ich häufig ein einfaches Etherpad ein. Auch Telegram-Gruppen haben sich als sehr gut funktionierend erwiesen. Zum Support gibt es meine Mailadresse bzw. den Verweis auf Twitter.
  • die Formalia: Meist als Remix gestalte ich Impressum und Hinweise zum Datenschutz.

Schritt 3: Theme auswählen

Die oben verlinkten Kurse habe ich alle mit den offen weiternutzbaren Templates von HTML5Up gestaltet. Sie sind CC BY lizenziert – ein Verweis auf den Urheber reicht aus. Um sie zu nutzen, sind minimale HTML-Kenntnisse hilfreich. Da es aber überwiegend darum geht, ein bestehendes Template zu remixen, muss man wirklich kein Profi sein. Alternativ sind z.B. auch Bootstrap-Vorlagen hilfreich. Ich suche meist ein Theme aus, das mindestens wine Navigation hat, so dass Lernende einfach zwischen Lerneinheiten springen können. Toll bei HTML5Up ist das responsive Design, d.h. auch auf dem Smartphone lässt sich der Kurs gut lesen.

Schritt 4: Vorlagen gestalten

Bevor ich mich an die eigentliche Ausgestaltung der Inhalte mache, etwickle ich eine Vorlage für die Lerneinheiten. Es erspart später sehr viel Arbeit und macht insgesamt den Kurs übersichtlich, wenn man hierfür ein festes Raster hat. Bei mir steht oben das Video zum Einstieg, dann die Inhalte und zum Abschluss Aufgaben zum Selbst aktiv werden. In die Vorlage können in diesem Sinne schon alle Überschriften rein. Außerdem natürlich die Navigation, die festgelegte Lizenz und weitere übergreifende Elemente. Unter die Inhalte packe ich in die Vorlage auch einen ‘Zur nächsten Lerneinheit’-Link, so dass man sich einfach durchklicken kann.

Schritt 5: Einstiegsclips aufnehmen

Zum Einstieg in die inhaltliche Gestaltung nehme ich zu jeder Lerneinheit und auch für Willkommen und Abschluss einen kurzen Einstiegsclip auf. Die Idee dieser Einstiegsclips ist es, dass Lernende ‘persönlich’ begrüßt werden und vor allem sich schnell orientieren können, um was es in der Lerneinheit geht. Es hilft mir, wenn ich diese Videos alle an einem Stück aufnehme. Und gerade hier ist es aus meiner Sicht hilfreich, dass man sich an das Prinzip ‘Sowenig Aufwand wie nötig; soviel Nutzen wie möglich’ erinnert. Ein paar Tipps, wie ich hier praktisch vorgehe, erläutere ich in diesem Clip, den ich so aufgenommen habe, wie ich das sonst mit Einstiegsclips tue:

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Schritt 6: Materialien kuratieren

Nachdem ich das jeweilige Einstiegsvideo in die Vorlage eingesetzt habe, gestalte ich Schritt für Schritt die Lerneinheiten und starte hier mit der Weiternutzung von bestehenden Inhalten. Meistens gehe ich dabei so vor, dass ich zunächst (noch ohne weiterführenden/ verbindenden) Text, alle kuratierten Materialien in die jeweils passende Lerneinheit einsetze.

Schritt 7: Ergänzende Materialien gestalten

Zum Teil ist es so, dass bestimmte Inhalte fehlen. Oft liegt das daran, dass bestehende Inhalte nicht passend gestaltet und nicht einfach remixbar sind. Man könnte dann natürlich mit aufwändiger Bearbeitung beginnen. Der einfachste Weg ist für mich allerdings oft, selbst etwas zu gestalten. Wenn ich für solche entdeckten Lücken weitere Videos/ Screencasts aufzeichne, dann bemühe ich mich darum, diese für mich selbst und auch für andere möglichst einfach weiternutzbar zu machen. Dazu gilt: Möglichst nur wenig Inhalt/ einen klar begrenzten Inhalt in ein Video packen – und nicht für den jeweiligen Kurs kontextualisieren, sondern direkt inhaltlich einsteigen. Mit jedem Kurs wächst dann mein Fundus, auf den ich bei der Gestaltung von Kursen zurückgreifen kann.

Schritt 8: Texte und Aufgaben formulieren

Nachdem mit den bisherigen Schritten der ‘Rahmen’ des Kurses und der Inhalte steht, mache ich mich daran, verbindenden Text zu formulieren, d.h. die einzelnen Clips anzuteasern, wo nötig noch etwas ausführlicher zu erklären und vor allem – im letzten Abschnitt – Erkundungsaufgaben zu formulieren. Hier kommt es sehr auf das Thema an: zum Teil können Abfrageaufgaben mit H5P hilfreich sein, zum Teil sind es eher Praxisanregungen, um etwas auszuprobieren.

Schritt 9: Als begleitetes Angebot veröffentlichen

Erstellte Kurse veröffentliche ich meist zunächst im Rahmen eines betreuten/ begleiteten Angebots. Oft kommen über die Lernenden hier noch weiterführenden Anregungen, Fehlerkorrektur oder Fragen, auf deren Basis ich den Kurs verbessern kann. Ich veröffentliche meist auf einer Unterseite meiner Website. Da es sich bei den HTML5Up Vorlagen um statische Webseiten handelt, sind Anpassungen sehr einfach.

Schritt 10: Als offenes Angebot veröffentlichen

Der letzte Schritt ist dann schließlich die Veröffentlichung als offenes Angebot, das ich z.B. über Twitter bekannt mache. Diese ‘ganz offenen’ Kurse bereinige ich oft um die Austauschmodule, die der betreute Kurs hat, also z.B. das Etherpad. Zum Teil habe ich auch einfach ein anderes Etherpad eingerichtet, das TN dann selbst nutzen können. (Meine Erfahrung bisher ist aber, dass das kaum angenommen wird. Besser scheint es mir hier zu sein, wenn eine Lerngruppe sich findet und selbst ihre Kollaborationsumgenbung einrichtet).

Bisher habe ich noch nicht damit experimentiert, ein begleitetes Angebot zeitlich nach außen zu öffnen – und hier z.B. auch das selbe Etherpad zu verwenden. Da viele Lernende sich ‘unter sich’ erst einmal sicherer fühlen, gab es dazu aber auch noch keine Gelegenheit.

Wie groß ist der zeitliche Aufwand?

Der zeiliche Aufwand zur Gestaltung solcher Kurse ist natürlich größer, als er wäre, wenn ich nichts vorab gestalte, sondern nur direkt im Online-Workshop Input gebe, allerdings ist er dennoch überschaubar.

Die Aufzeichnung der Clips braucht durch die dargestellte Einfachheit der Technik und den Verzicht auf Bearbeitung nur ca. 1,5 mal so lang, wie die aufgenommenen Minuten sind. Die Vorlagen sind mit etwas Übung auch schnell gestaltet. Damit verbleibt hauptsächlich die Kuratierung und Bereitstellung der Inhalte. Hier findet die allermeiste Arbeit nicht direkt im Kontext der Kurserstellung statt. Stattdessen investiere ich immer und kontinuierlich Zeit für aktive Twitter-Lektüre, Teilnahme an Barcamps und Verfolgen von Blogs/ Podcasts. Darauf baue ich dann bei der Kurserstellung auf, weshalb ich eigentlich nie ganz neu anfange, nach möglichen Materialien zu recherchieren. (Für die Abrechnung solcher Angebote ist das dann natürlich kompliziert)

Nachmachen und teilen!

Ich habe dieses Making-of aufgeschrieben, weil ich mich erstens darüber freue, wenn es noch mehr offene Lernangebote gibt. Mit dem Beitrag kann ich vielleicht zum Nachmachen ermutigen. Zweitens freue ich mich, von Deinen Erfahrungen bei der Gestaltung offener Lernangebote zu lesen. Nutze dazu gerne die Kommentare oder diskutiere mit auf Twitter.


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