OERcamp meets Hacks & Tools als Veranstaltungsformat: eine Reflexion unter dem Aspekt Kooperation

Der folgende Blogbeitrag ist eine erste und vorläufige Reflexion zur Veranstaltung “OERcamp meets Hacks& Tools” am zurückliegenden Wochenende in Hamburg. Es geht mir dabei vor allem um die Frage des Veranstaltungsformates und spezieller um die Frage, wie finanzielle Projektförderungen und offene Veranstaltungsformate zusammenpassen können. Mein Interesse ist dabei, dass Kooperation ausgeweitet wird.

Zur Einordnung: die Idee von ‘OERcamp meets Hacks & Tools’

OERcamp meets Hacks and Tools war eine Kooperationsveranstaltung der OERcamp Werkstätten mit der Hamburg Open Online University (HOOU). OERcamp Werkstätten gab es vor Hamburg bislang zwei: einmal im Lisum bei Berlin, einmal in Bad Wildbad im Schwarzwald. Das Konzept der Werkstätten sieht vor, dass Teilnehmende in selbst organisierten Communities oder alleine offene Bildungsmaterialien erstellen. Sie erhalten dabei Unterstützung von Coaches, die ihr Wissen und Erfahrungen zu Themen wie Technik, Didaktik oder Recht in komprimierten Inputs teilen. Ich war bei beiden Veranstaltungen als Coach mit dabei – und nach meiner Einschätzung hat das Format sehr gut funktioniert.

Die Veranstaltung am Wochenende in Hamburg war wieder eine OERcamp Werkstatt – aber zugleich noch vieles mehr: Aus dem Budget der HOOU@HAW konnten Projektförderungen in Höhe von bis zu 150.000 Euro vergeben werden. Ursprünglich war Hacks&Tools unabhängig von einer OERcamp Werkstatt geplant und entwickelt. Im Laufe der Konzeption, an der ich beteiligt war, stellte sich dann aber heraus, dass eine Kooperation sinnvoll sein könnte – die dann auch umgesetzt wurde. Vor diesem Hintergrund nahmen bei OERcamp meets Hacks and Tools sowohl Menschen teil, die allein oder in Communities Bildungsmaterialien erstellen und offen teilen wollten. Zugleich gab es Menschen oder Communities, die vor Ort an einem Projekt-Pitch für eine anschließende Förderung arbeiteten.

Beispiel: Musik aus dem 3-Drucker

Ein wunderbares Beispiel dafür, wie toll die Idee von OERcamp meets Hacks& Tools aufgegangen ist, ist für mich die Community ‘Musik mit dem 3D Drucker’. Zu ihrem erfolgreichen Pitch kam es auf dem folgenden Weg:

  • eine Person, Dario, kam zu OERcamp meets Hacks & Tools mit einer coolen Idee, für die er Mitstreiter/innen suchte, um weiter daran zu arbeiten: ausrangierten 3D Druckern sollte neues Leben eingehaucht werden, indem sie zu Musikinstrumenten umfunktioniert wurden.
  • Weitere Personen fanden das spannend: Fabian, ein Musiklehrer, Michel, ein Elektroingenieur und Carolina, eine Konzepterin für Workshops (nach ihrer Selbstvorstellung in ihrem Pitch, den ich hier gewtittert habe).
  • Die Gruppe lernte sich kennen, tauschte sich aus – und arbeitete an der Projektidee, indem sie ihre unterschiedlichen Perspektiven & Hintergründe einbrachte. So ging es nicht nur um die Frage, wie sich das Projekt technisch verbessern lässt, sondern auch, wie andere damit lernen und lehren können z.B. im schulischen Musikunterricht und wie Materialien zur Verbreitung der Idee gestaltet sein könnten.
  • Die Gruppe stellte das Projekt beim Pitch vor, wurde ausgewählt – und sie und auch wir alle können sich nun über die Möglichkeit zur Umsetzung freuen.

Kooperation trotz/ wegen finanzieller Förderungsmöglichkeit ausweiten?

Das obige Beispiel ist nur eines von insgesamt 12 erfolgreichen Pitches. Ich habe es ausgewählt, weil es für mich mit das beste Beispiel ist, wie Kooperation mit der Veranstaltung gefördert wurde. Die Frage ist: Wie kann dieser Aspekt – Kooperation ausweiten – noch besser unterstützt werden? Erste Ideen von mir dazu sind die folgenden:

  • Transparenz: Kooperation kann aus meiner Sicht nur entstehen, wenn alle wissen, wer zu was arbeitet. Bei Hacks & Tools gab es dazu Community-Vorstellungen im Plenum – einige der Pitches hatten sich hier aber vorab gar nicht beteiligt. Im Sinne von Ideen frühzeitig teilen und andere zum Mitmachen einladen, könnte das aber durchaus gezielt eingefordert werden. Auch Projektideen, die später entstehen, sollten für alle während der Veranstaltung irgendwo transparent sichtbar sein – und alle sollten die Möglichkeit haben, sich einzuklinken.
  • Kooperation belohnen: Bei der Auswahl der Projekte könnte es einen Zuschlag geben für Projekt-Teams, die sich vor Ort gefunden und als Community gebildet haben, gegenüber individuellen Projekt-Pitches oder Projekt-Pitches, die ihre Projekt-Teams mit Menschen aus ihrem Umfeld oder erst später bilden. (Ich war nicht Teil der Jury, vielleicht hat die Jury das ohnehin so gemacht)
  • Material-Erstellung und Projekt-Pitch trennen: Im Vorfeld der Veranstaltung fand ich das Zusammenbringen von Hacks& Tools mit den OERcamp Werkstätten eine wunderbare Möglichkeit für mehr Kooperation. In der Umsetzung haben Material-erstellende Personen und Pitch-vorbereitende Personen meiner Einschätzung nach aber eher nebeneinander her statt miteinander gearbeitet. Im Rückblick würde ich deshalb eher für einen der beiden Foki plädieren. Eine Pitch-Vorbereitung könnte dabei durchaus im Sinne einer ‘Werkstatt’, d.h. mit Coach-Unterstützung etc. gestaltet sein.
  • Wertschätzungs-Mechanismen ausbauen: Im Kontext offener Bildung arbeiten sehr viele Menschen mit sehr viel Idealismus und zum Teil auch sehr viel ehrenamtlich. Deshalb braucht es aus meiner Sicht gerade hier und noch mehr, wenn plötzlich einzelne für ihre Aktivitäten eine Menge Geld erhalten, einen Ausbau von wertschätzenden Mechanismen für all jene, die ‘leer ausgingen’ oder erst gar nicht gepitcht haben. Gerade Aktivitäten, die Kooperation unterstützen, könnten hier wertgeschätzt werden. Bei der hier betrachteten Veranstaltung z.B. eine Wertschätzung für großartige Community-Koordination.

Und sonst?

Drei weitere Aspekte zum Nachdenken:

  • Ich fand es auffällig – auch schon beim vorherigen OERcamp – wie wichtig das Thema ‘Geld verdienen trotz/ wegen Teilen’ war. Ich selbst experimentiere hier viel mit einem ‘Geschäftsmodell des Teilens’. Ich denke, dass wir alle hier mehr Austausch und Offenheit brauchen, wenn das gut funktionieren soll – und werde versuchen, das bei zukünftigen Barcamps/ OERcamps in Sessions aufzugreifen.
  • Weiter nachdenken möchte ich an der von Jöran getwitterten Geschlechter-Dikrepanz bei den geförderten Projekten. Denn während die Teilnehmenden-Zahl bei der Veranstaltung ausgeglichen war, sind unter den 12 geförderten Projekten nur 4, die von Frauen eingereicht wurden. Weitere Projekt-Einreichungen von Frauen gab es nicht. Meine erste Überlegung ist, dass die Umsetzung der obigen ‘Kriterien zur Kooperations-Ausweitung’ vielleicht zu einer höheren Frauenbeteiligung führen könnte. Vielleicht ist es aber auch so, dass das Format ‘Projekt-Pitch’ für Frauen weniger attraktiv ist, als für Männer. Bei mir trifft das zu. Es wäre gut, darüber mehr im Rahmen der Veranstaltungsevaluation erfragen zu können.
  • Ich wünsche mir mehr niederschwellige Möglichkeiten zur auch finanziellen Förderung bei der Erstellung von offenen Bildungsmaterialien. Hilfreich wäre eine Art Prototypefund für OER.


Beitrag merken & teilen

Hier kannst Du dir den Link zum Beitrag kopieren - beispielsweise um ihn für Dich zu speichern oder mit anderen zu teilen. Wenn Du den Link in den Suchschlitz im Fediverse einfügst, kannst Du den Beitrag von dort aus kommentieren. Die Kommentare erscheinen dann nach Freigabe hier auf der Website.