Heute Abend habe ich an der Uni Halle zu Herausforderungen im Kontext von Digitalisierung und Digitalität in der Bildung gesprochen. Da viele Menschen nicht teilnehmen konnten, stand die Frage nach einer Aufzeichnung im Raum. Das wäre sicherlich eine Möglichkeit gewesen. Allerdings kenne ich es von anderen Veranstaltungen, dass solche Aufzeichnungen nur sehr wenig aufgerufen werden, es sei denn sie werden gezielt geschnitten/ aufbereitet, was dann einiges an Arbeit ist. Außerdem fühlen sich die teilnehmenden Menschen während einer Aufzeichnung oft gehindert, ihre Kamera anzulassen oder Fragen zwischendurch zu stellen. Darum habe ich dieses Mal in Absprache mit den Kolleginnen einen anderen Weg versucht:
- Ich habe nur das Audio aufgenommen und daraus ein Transkript erstellt.
- Das Transkript habe ich mithilfe eines KI-Sprachmodells in eine ‚Lesefassung‘ gebracht.
- Ich habe ein paar manuelle Änderungen vorgenommen – und kann den Text dann jetzt hier teilen.
Mein Vorgehen im Einzelnen
Schritt 1: Audio-Aufzeichnung und Transkript
Die Audio-Aufzeichnung funktionierte lokal auf meinem Rechner. Für das Transkript habe ich das Online-Tool Transkriptor verwendet, was in der Basis-Version meist ausreichend ist. Ich habe direkt Einleitung und Abschluss (= meine Vorstellung, Erläuterungen zum Ablauf und am Ende Überleitung zu den Fragen) rausgelöscht.
Schritt 2: Lesefassung generieren lassen
Für die Generierung der Lesefassung habe ich ChatGPT genutzt. Mein Prompt lautete:
Ich habe heute einen Vortrag gehalten zum Thema Herausforderungen in der Pädagogik im Kontext von Digitalisierung und Digitalität. Ich gebe dir im folgenden ein Transkript, zu dem Vortrag. Gesucht ist nun eine Aufbereitung dieses Transkripts in eine gut lesbare Textform. Du solltest dabei auf eine gute Strukturierung und Übersichtlichkeit und Vollständigkeit achten. Dabei soll eine Umwandlung in eine prägnante Schriftsprache stattfinden. Die Teilnehmenden hatten zwischendrin immer Reflexionsfragen. Das kannst du in der Schriftform komplett streichen.
Du könntest so starten: Wenn wir zu Herausforderungen im Kontext von Digitalisierung und Digitalität in der Bildung reflektieren, stellen sich vor allem drei Fragen: Worum geht es eigentlich genau? Was wird wichtig(er)? Und: Was können wir tun? Lasst uns diese Fragen nacheinander betrachten. Bei der Frage ‚Was können wir tun?‘ lässt sich als erstes feststellen, dass seit gut 2 Jahren der große Fokus bei der Digitalisierung im Bildungsbereich auf dem Thema künstliche Intelligenz liegt. …
Hier ist das vollständige Transkript: (eingefügtes Transkript)
Schritt 3: Manuelle Bearbeitung
ChatGPT hat auf diesen Prompt hin eine erste Version generiert. Für die Bearbeitung habe ich vorgeschlagen, in den Canvas-Modus zu switchen. Das sieht dann so aus, dass ich direkt am Text arbeiten und/ oder ChatGPT ankommentieren kann und z.B. schreiben kann: ‚Hier fehlt, dass Technologie sich verändert. Früher, z.B. der Taschenrechner, war ein Werkzeug. Jetzt gibt es mehr Änderung bei der gesellschaftlichen Tiefenstruktur. Bitte solch einen Absatz basierend auf dem Transkript ergänzen.‘ ChatGPT arbeitet dann direkt die Änderungen an der jeweiligen Stelle ein.
Aufbereitung: Ergänzung mit Folien
Nach der Fertigstellung des neuen Textes habe ich noch passende Folien meiner Kritzelpräsentation eingefügt, so dass sich Lesende auch ein visuelles Bild machen können.
Reflexion: Ist das sinnvoll und welche Fragen stellen sich?
Ich bin diesen Weg gegangen, um einen Online-Vortrag für mehr Menschen zugänglicher zu machen. Ob das geklappt hat, lässt sich wohl erst im Nachhinein auf Basis von entsprechenden Rückmeldungen der Teilnehmenden (und vor allem der Nicht-Teilnehmenden) klären.
Für mich selbst ziehe ich ein gemischtes Fazit.
Positive Aspekte:
- Das Vorgehen ist unkompliziert und funktioniert schnell. Insbesondere durch den Canvas-Modus konnte ich beim entstehenden Text sehr gut nachbearbeiten, wenn etwas fehlte oder nicht passte.
- Die Videokonferenz selbst verlief ohne die ‚Störung‘ durch eine Aufzeichnung, die nachträglich veröffentlicht werden soll. Wir hatten viele angestellte Kameras während des Vortrags.
- Der entstandene Text ist prägnant und übersichtlich formuliert. Ich kann mir vorstellen, dass nicht-teilnehmende Menschen sich damit zumindest einen schnellen Überblick verschaffen können, über was ich gesprochen habe.
Schwierige Aspekte:
- Ich finde mich in dem entstandenen Text trotz Weiterbearbeitung nicht wirklich wieder. Das liegt oft an kleinen Formulierungen oder Schwerpunktsetzungen. Weder ist es mein ‚geredeter‘ Vortrag, noch wirklich ein geschriebener Text von mir. Um das zu erreichen hätte ich sehr viel mehr Zeit investieren müssen (Und dann hätte ich besser gleich direkt einen ‚richtigen‘ Blogbeitrag geschrieben.)
- Erst bei der Aufbereitung mit den Kritzelfolien ist mir aufgefallen, dass wichtige Aspekte bei der generierten Zusammenstellung fehlen.
- Ich bin mir bei der gewünschten offenen Lizenzierung unsicher. Meine Idee ist: ‚Der Text ‚Herausforderungen der Digitalisierung und Digitalität in der Bildung‘ ist Public Domain, generiert von ChatGPT in der Canvas-Version mit Bearbeitungen durch Nele Hirsch und auf Basis eines Vortrags-Transkripts von Nele Hirsch, beides unter der Lizenz CC BY 4.0.‘
- Die Zusammenstellung bleibt insgesamt eher oberflächlich. Es fehlt der wesentliche Part eines Vortrags (= durch die Art und Weise des Redens Menschen für das Thema begeistern und Resonanz erzeugen)
In der Abwägung und Reflexion dazu komme ich zum Schluss, dass sich der entstandene Text vor allem für eine kollaborative Weiterbeschäftigung eignet. Nicht-teilnehnmende und teilnehmende Menschen am Vortrag könnten zusammen kommen, gemeinsam den generierten Text als Grundlage nehmen, um dann darüber zu sprechen und nächste Schritte zu überlegen. Ich habe mit meinem hier experimentierten Vorgehen den Vortrag somit zum Weiternutzen hauptsächlich in die Hände der teilnehmenden Menschen gelegt. Auf diese Weise kann mehr Zugänglichkeit entstehen, wenn der Inhalt für weiteren Austausch genutzt wird. Dazu hätte es aber vielleicht gar nicht solch eine Aufbereitung gebraucht, sondern es hätten auch die Folien gereicht.
Fazit
Ich bin gespannt, welche Einschätzungen mich aus dem Teilnehmendenkreis erreichen. Ich freue mich, wenn du auch KI-Experimente in Vorträgen gemacht hast und deine Erfahrungen teilst und/ oder Feedback zu meinem Experiment beisteuern willst.
Wenn du dir selbst ein Bild machen willst, hier ist das Ergebnis:
Herausforderungen der Digitalisierung und Digitalität in der Bildung
Wenn wir über Herausforderungen im Kontext von Digitalisierung und Digitalität in der Bildung nachdenken, stellen sich vor allem drei zentrale Fragen: Worum geht es eigentlich genau? Was wird wichtiger? Und: Was können wir tun? Gehen wir diese Fragen nacheinander durch.
1. Worum geht es?
Der derzeitige Fokus der Digitalisierung in der Bildung liegt stark auf dem Thema generative KI. Insbesondere große Sprachmodelle wie ChatGPT haben eine breite Aufmerksamkeit erlangt. Diese Modelle erzeugen Antworten nicht durch echtes Verständnis, sondern durch Wahrscheinlichkeitsberechnungen, was manchmal als „stochastischer Papagei“ bezeichnet wird. Die KI speichert Muster und Verbindungen aus riesigen Textmengen und erzeugt Antworten basierend auf der Wahrscheinlichkeit, was am besten passt. Diese Technik wirkt oft magisch, ist jedoch im Kern einfach eine sehr große Datenbank mit komplexen Rechenmodellen – Technik, keine Magie.
Diese Entwicklungen haben Auswirkungen auf unsere gesamte Gesellschaft und damit auch auf die Bildung. Sie verändern grundlegend, wie wir Informationen aufnehmen und produzieren. Während man früher Bücher linear durcharbeitete, ermöglicht die Digitalisierung nun einen interaktiven Zugang zu Texten: Inhalte können verlinkt und dynamisch verarbeitet werden. KI führt das weiter, indem sie es ermöglicht, Texte in Echtzeit zusammenzufassen oder sogar als „Sparring-Partner“ beim Schreiben zu fungieren. Lernende müssen sich nicht mehr allein auf ihre eigene Gliederung und Bearbeitung verlassen, sondern können mit KI diskutieren und entwickeln dadurch ihre Texte dialogisch und flexibler.
Das beeinflusst auch die Lern- und Prüfungskultur. In einer Welt, in der es unmöglich ist, dass geballte Internet-Wissen in den Lehrplänen festzuschreiben, geht es nicht nur darum, Wissen zu reproduzieren. Vielmehr stehen Lernende vor neuen Fragen und komplexen Themenfeldern, bei denen es keine fertigen Antworten gibt. In einer immer stärker digital geprägten Welt müssen sie lernen, wie sie Wissen und Informationen aktiv nutzen und gestalten können.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die veränderte Rolle der Technologie. Früher waren Werkzeuge wie der Taschenrechner klar abgegrenzte Hilfsmittel, die einen spezifischen Zweck erfüllten. Heute jedoch hat Technologie einen viel tiefer gehenden Einfluss auf unsere gesellschaftliche Struktur. KI wirkt nicht nur als Werkzeug, sondern formt gesellschaftliche Normen und Prozesse mit. Dies bedeutet, dass Technologie nicht mehr nur etwas ist, das wir nutzen, sondern etwas, das unsere gesamte Gesellschaft mitgestaltet und beeinflusst. Auch das gilt es in der Bildung zu reflektieren – und zu einer mündigen und gestaltenden Nutzung von Technologie zu kommen.
2. Was wird wichtiger?
In dieser sich verändernden Bildungslandschaft werden bestimmte Kompetenzen immer wichtiger, um Lernende für eine Zukunft in einer digital geprägten Gesellschaft zu stärken:
Anti-Verdummungskompetenz: Lernende müssen verstehen, wie sie KI sinnvoll nutzen können, ohne die eigenen Denkprozesse zu vernachlässigen. Es geht darum, die Technik kritisch und reflektiert einzusetzen und nicht bei jedem Thema nur die schnelle Antwort der KI abzurufen. Die Gefahr der „Verdummung“ besteht, wenn Menschen den kreativen Prozess und die Fähigkeit zum eigenständigen Denken verlernen, weil sie sich ausschließlich auf KI verlassen oder Abkürzungen nehmen, wo Abkürzungen für das Lernen hinderlich sind.
Neugier- und Weltverstehenskompetenz: Es wird wichtiger, in der KI-geprägten Welt ein echtes Interesse daran zu haben, Dinge zu verstehen und durchdringen zu wollen. Diese Neugier ermöglicht es Lernenden, sich nicht nur von schnellen Zusammenfassungen ablenken zu lassen, sondern tatsächlich eigenständiges Wissen zu erarbeiten.
Hacking-Kompetenz: Es geht nicht nur darum, sich an Veränderungen anzupassen, sondern eigene Anliegen zu entwickeln, um die Welt aktiv zu einem besseren Ort zu machen.
Bauchgefühl-Kompetenz: Die Fähigkeit, auf soziale und emotionale Signale zu achten und intuitiv Entscheidungen zu treffen, ist etwas, das Maschinen fehlt. Es wird wichtiger, in der Bildung auf soziale Resonanz und ein authentisches „Bauchgefühl“ zu setzen. Eine originär menschliche Kompetenz ist die körperliche Intelligenz, wie etwa das Gefühl von Resonanz. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist der Resonanzlauf: Wenn eine Gruppe ohne vorgegebenes Signal gemeinsam in Bewegung kommt und schließlich wieder synchron zum Stillstand kommt, zeigt dies eine Form der körperlichen und sozialen Intelligenz, die Maschinen nicht besitzen.
Umdenk-Kompetenz: Lernende müssen sich auf sich verändernde Situationen einstellen und die Fähigkeit entwickeln, alte Denkweisen loszulassen und neue Wege zu gehen. Reflexion der eigenen Lernprozesse und Anpassungsfähigkeit gehören zu den zentralen Kompetenzen, die dabei unterstützen. Dies ermöglicht die kontinuierliche Verbesserung und Entwicklung der Selbstlernkompetenz.
3. Was können wir tun?
Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen lassen sich einige grundlegende Ansätze formulieren, die eine zukunftsfähige Bildungsarbeit unterstützen:
Selbstlernende Haltung: Pädagogische Fachkräfte sollten sich selbst als Lernende begreifen und neuen Technologien offen gegenüberstehen. Es geht darum, sich auf den digitalen Wandel einzulassen und selbst neugierig und offen zu bleiben, um die eigenen Lehrmethoden zu bereichern.
Offenheit und Experimentierräume: Bildung sollte Freiräume schaffen, in denen Lernende und Lehrende neue Lehr- und Lernansätze ausprobieren können. Eine feste Methode oder Anleitung wird es im Kontext von Digitalisierung und KI nicht geben. Stattdessen brauchen wir eine Lernkultur, die für flexible Ansätze und Experimente offen ist.
Förderung eines Herausfinden-Modus: Anstatt fertige Antworten zu liefern, sollten Lehrende Lernende unterstützen, eigene Fragen zu entwickeln und Antworten zu finden. Es geht darum, Lernende zu ermächtigen, eigenständig zu denken und zu forschen.
Geduld: Der digitale Wandel und die damit verbundenen Veränderungen brauchen Zeit. Es ist wichtig, den unterschiedlichen Bedürfnissen und Geschwindigkeiten von Lernenden und Lehrenden gerecht zu werden – und angesichts von zu starren Strukturen nicht zu verzweifeln.
Technologie als Lerngegenstand: Neben der Nutzung von Technologien sollten auch ihre gesellschaftlichen, ethischen und politischen Implikationen thematisiert werden. KI ist ein Teil unserer Welt, und um handlungsfähig zu sein, müssen Lernende verstehen, wie diese Technik funktioniert und welche Konsequenzen sie hat. Dazu gehören Fragen zur Nutzung, den ethischen Standards und zur globalen Perspektive auf KI, die in die Bildung einfließen sollten.
Zusammengefasst bedeutet der digitale Wandel, dass sich die Bildungslandschaft nicht allein durch neue Werkzeuge, sondern durch eine umfassende Neuausrichtung der Lern- und Lehrkultur verändert. Ziel ist es, Kompetenzen für eine zunehmend technisierte Gesellschaft zu vermitteln und Lernende zu einer reflektierten, handlungsfähigen Haltung zu befähigen, um die Zukunft aktiv und kritisch mitzugestalten.
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2 Kommentare
@nele das kann eine eine Alternative sein, aber nachdem ich das Ergebnis gesehen habe, würde ich doch die Aufzeichnung deines Inputs vorziehen.
GPT macht aus deinem wunderbaren Stil einheitsbreiigen Slob. Und der macht das Nachvollziehen anstrengend und ehrlich gesagt ätzend.
Vielen Dank für diese sehr klaren Worten :-)
Das hilft bei der Einordnung, weil ich selbst natürlich nicht so sehr ‚von außen‘ auf meine Texte schaue und demzufolge eine Einschätzung beim Vergleich mit einem KI-Text schwer fällt.