Ich bin auf der Rückfahrt von 1,5 Tagen Workshop mit Kolleg*innen der Gewerkschaft ver.di. Der Anlass war ihre Klausur im Bereich Ansprache, Aktivierung und Bildungsarbeit. Die Kolleg*innen hatten hier bereits im letzten Jahr mit einer Produktentwicklung nach dem Design Thinking begonnen. Dabei wurde deutlich, wie komplex die Herausforderungen sind, in denen agiert wird und wie wichtig gemeinsame und transparente Verantwortlichkeiten. Nun ging es darum, in diesem Prozess weiter zu kommen. Ich gestaltete diesen Workshop nach dem von mir so benannten ‚Kastanienbaum-Prinzip‘. Aus meiner Sicht hat das ganz wunderbar geklappt und ich kann es zum Weiternutzen empfehlen, weshalb ich meine Konzeption und unser Vorgehen hier teile.
Was ist das Kastanienbaum-Prinzip?
Das Kastanienbaum-Prinzip umfasst zwei wichtige Aspekte:
- Wenn an einem Kastanienbaum neue Früchte wachsen, dann blüht der Baum erst einmal wunderschön. Ein Workshop nach einem Kastanienbaum-Prinzip soll alle Beteiligten diese Schönheit erleben lassen. Es geht also immer auch darum, gemeinsam eine gute Zeit zu haben und sich gegenseitig für anstehende Herausforderungen zu stärken.
- Wenn Kastanien gewachsen sind, dann können damit ganz unterschiedliche Dinge passieren:
- Sie können auf den Boden fallen und verrotten. Das ist dann aber kein ‚Fehler‘, sondern sorgt für fruchtbare Erde, aus der wiederum etwas Neues entstehen kann. Ein Workshop nach dem Kastanienbaum-Prinzip bietet Raum für solch eine Offenheit im Sinne von ‚Lasst uns miteinander arbeiten und darauf vertrauen, dass fruchtbare Erde entsteht.‘ Er fordert alle Beteiligten heraus, dass mit vielen Prozessen und im Austausch erst einmal ’nur‘ etwas angestupst wird, was sich vielleicht auch erst viel später auszahlt.
- Aus Kastanien können zugleich natürlich auch direkt neue Kastanienbäume wachsen. In einem Workshop nach dem Kastanienbaum-Prinzip soll neben Offenheit im Sinne von fruchtbarer Erde in diesem Sinne auch Raum für ganz konkrete Ergebnisse sein.
- Kastanien werden drittens auch oft gesammelt und es wird dann etwas aus ihnen gebastelt. Ein Workshop nach dem Kastanienbaum-Prinzip fordert in diesem Sinne durchgehend genau zu solch einer Kreativität heraus: Was könnten wir vielleicht auch ganz anders machen?
Ich habe es als wichtig erlebt, dieses Prinzip zu Beginn des Workshops als gemeinsame Grundlage vorzustellen. Das ermöglichte es allen Beteiligten, sich auf den Prozess einzulassen und ermutigte sie dazu.

Wie ist die Struktur eines Workshops nach dem Kastanienbaum-Prinzip?
Die Struktur eines Workshops nach dem Kastanienbaum-Prinzip lässt sich grob in drei Bereiche einteilen. Wir haben diese an 1,5 Tagen durchgeführt: Vormittag, Nachmittag und ein weiterer Vormittag.
- In der ersten Phase geht es darum, allen Beteiligten Komplexität zuzumuten und darin zu erkunden.
- In der zweiten Phase geht es darum, die eigene Rolle und Möglichkeiten in dieser Komplexität gemeinsam mit anderen zu reflektieren.
- In der dritten Phase geht es um die Herausarbeitung der konkreten Ergebnisse, an denen weiter gearbeitet werden soll.
In der somit ermöglichten Kombination aus Komplexitäts-Zumutung mit ganz viel Offenheit und konkreten Handlungsschritten liegt für mich der besondere Reiz eines solchen Workshops.
Methodische Umsetzung
Im folgenden stelle ich meine methodische Umsetzung der drei Teile des Workshops nach dem Kastanienbaum-Prinzip vor. Eine direkte Übertragung ist sicherlich nicht sinnvoll, sondern es wird immer darum gehen, dass an die jeweilige Zielgruppe und das Workshop-Thema anzupassen. Vielleicht ermöglicht dir die Darstellung aber ein bisschen Inspiration.
Teil 1: Wir muten uns Komplexität zu!
Die Anfrage, die ich zu diesem Workshop erhalten habe, bezog sich auf unterschiedliche Herausforderungen. Ich hätte damit nun so umgehen können, dass ich einfach einen bestimmten Aspekt, der mir relevant erscheint, herausgreife, das mit den Auftraggeberinnen abstimme und wir dann dazu arbeiten. Im Sinne des Kastanienbaum-Prinzips erschien es mir aber zielführender (und zugleich sehr viel herausfordernder) diese Komplexität ganz bewusst nicht rauszunehmen, sondern diese allen Beteiligten bewusst zuzumuten. Denn die Reflexionen dazu sind dann erstens ein wichtiger Teil der oben erwähnten ‚fruchtbaren Erde‘. Zweitens entsteht auch nur so eine gemeinsame Grundlage für eine Ideen- und Produktentwicklung, die diese Komplexität berücksichtigt.
Wir haben Komplexität auf drei Wegen in den Workshop geholt:
Schritt 1: Kartenaustausch
Der erste Schritt war ein Rückgriff auf das zuvor Erarbeitete. Ich habe die im letzten Workshop entwickelten Ideen auf Karten gedruckt. Jede Person erhielt eine Karte. Dann bewegten sich alle durch den Raum und tauschten sich immer paarweise zu ihren Karten aus: Was denke ich zu dieser Idee? Inwieweit wurde die Idee umgesetzt? Was ist meine Rolle dabei? Danach wurden Karten getauscht und das nächste Gespräch gesucht.
Zum Abschluss des Kartentausches machten wir noch eine Raumaufstellung. Zunächst positionierten wir uns an den Polen ‚machen wir schon‘ und ‚machen wir noch nicht‘. Danach dann an den Polen ‚machen wir schon oder wissen, dass wir es machen sollten‘ und ‚machen wir noch nicht‘. Ziemlich viele Menschen bewegten sich bei der zweiten Abfrage näher in Richtung des ersten Pols. So wurde für alle sichtbar: Einfach nur etwas aufzuschreiben, wird nicht reichen, um etwas zu verändern. Oder auch: Wir wissen schon deutlich mehr, als wir machen.
Schritt 2: Blick nach Innen
Der zweite Schritt, um Komplexität hinein zu holen, war ein Blick nach Innen auf die Strukturen und Herausforderungen der eigenen Arbeit. Wir starteten hier mit einem Silent Writing: Jede Person hielt für sich fest, was in ihrer Tätigkeit nicht optimal läuft bzw. nicht sinnvoll ist für gute Ansprache, Aktivierung und Bildungsarbeit. Diese individuellen Betrachtungen wurden dann mit der Methode 1-2-4 erweitert. Das bedeutete, dass die ursprüngliche 1-2-4 Methode (= jede Person notiert für sich, fasst dann mit einer anderen Person zusammen und dann wird in Vierergruppen noch weiter verdichtet) umgekehrt wurde. Anstelle von Verdichtung ging es um Diversifizierung. Die Missstände sollten also im Prozess nicht zusammengefasst werden, sondern erst einmal so viele wie möglich auf den Tisch kommen.
In den Vierer-Gruppen erhielten dann alle eine ‚Warum‘-Vorlage:

Alle trugen hier zunächst den für sie am wichtigsten empfundenen Missstand ein. Dann wurde mit jedem Missstand in der Vierer-Gruppe die 5-Why Methode angewandt. Das bedeutete, dass man immer wieder nach dem ‚Warum‘ fragte und so versuchte dem Missstand auf den Grund zu gehen und mögliche Ursachen zu identifizieren.
Diese Reflexion mündete dann in eine Sammlung von ‚Wie können wir …?‘-Fragen, um eine gemeinsame Handlungsperspektive zu eröffnen. Bei der Sammlung dieser Fragen sollte erst einmal alles aufgeschrieben werden. Die Karten wurden dann zunächst nur gesammelt, aber noch nicht weiter bearbeitet.
Schritt 3: Blick nach Außen
Der dritte Schritt war dann ein Blick nach Außen. Ich hatte hierfür mehrere Aspekte zu gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen vorbereitet, die in Hinblick auf gewerkschaftliche Arbeit aus meiner Sicht relevant sind. Diese Aspekte klebte ich in die Mitte eines Flipchart-Papiers und verteilte die Blätter auf dem Boden im Raum.

Die Teilnehmenden waren dann eingeladen, sich dem gesellschaftlichen Aspekt zuzuordnen, der sie besonders beschäftigt. Zusätzlich war es natürlich auch möglich, eigene Aspekte vorzuschlagen, was aber von niemandem als nötig erachtet wurde.
Alle Teilnehmenden, die bei einem Flipchart-Papier standen bildeten eine Gruppe und arbeiteten anschließend in dieser an einem ‚Zukunftsrad‘ zu ihrem Aspekt. Das Zukunftsrad ist eine Methode aus dem Design Futuring. Hier wird ausgehend von einem gesellschaftlichen Trend (= bei uns waren das meine vorbereiteten Aspekte) zunächst reflektiert, was die direkten Auswirkungen sind. Danach werden dann Auswirkungen der Auswirkungen überlegt. Je mehr man das Zukunftsrad ausweitet, desto umfassender wird die Perspektive.
Nachdem die Reflexionszeit für die Entwicklung vorbei war, blieb eine Person der Gruppe bei ihrem jeweils entwickelten Zukunftsrad. Die anderen schwärmten an die anderen Tische aus und bekamen das dortige Zukunftsrad vorgestellt. Ihre Aufgabe war es, auch hier ‚Wie können wir …‘-Fragen zu formulieren.
Zusammen mit den im vorherigen Schritt geschriebenen ‚Wie können wir …?‘-Fragen hatten wir nun einen großen Stapel an Fragen und mussten uns an die Arbeit damit machen.
Abschluss Teil 1: ‚Wie können wir …?‘-Fragen clustern, sortieren und priorisieren
Den Schritt der Clusterung von geschriebenen Karten finde ich immer besonders herausfordernd, weil er für die Weiterarbeit grundlegend ist und es zugleich sehr leicht passieren kann, dass Teilnehmende einer Gruppe sich rausziehen und die anderen machen lassen. Am besten kann man das aus meiner Sicht verhindern, wenn man nicht im Plenum diskutiert, sondern jede Person ein oder mehrere Karten in die Hand bekommt, für die sie zuständig ist.
Wir sortierten mit diesem Prinzip zunächst alle Karten aus, die lediglich Appell waren, aber zu denen die Beteiligten nichts beitragen konnten. Danach wurden die verbliebenen Karten nach Konkretheit sortiert und dabei geclustert. Der letzte Schritt war dann noch die Übertragung auf ein Koordinatensystem mit den Achsen: Wie viele Antworten haben wir schon dazu? Und: Wie relevant finden wir das für unsere Arbeit?
Nachdem dann alle Karten hingen, verteilte ich an jede Person drei Klebepunkte, die sie an die Cluster oder Einzelkarten anbringen konnte, wozu sie besonders gerne weiter denken wollte. Diese Priorisierung ermöglichte es mir in der dann folgenden Mittagspause das Programm für den Nachmittag vorzubereiten.
Teil 2: Wir reflektieren unsere eigene Rolle!
Der Nachmittag war als offene Reflexion im Barcamp-Stil gestaltet, gefolgt von einem Walk & Talk und einem individuellen und gemeinsamen Abschluss im Plenum.
Hier siehst du das in der Mittagspause von mir auf Basis der Priorisierung am Vormittag erstellte Programm:

(Ich mache gute Erfahrungen damit, in Workshops zunächst sehr offen zu starten und nicht gleich die fertige ‚Tagesordnung‘ anzukündigen. Nach einiger Zeit mit schnell wechselnden Methoden kann es dann aber auch hilfreich sein, mehr Orientierung und vor allem auch einen klareren Zeitplan zu bieten. Das hat dann den zusätzlichen Vorteil, dass Menschen mit Bedarf nach einer kurzen Auszeit diese planen können, weil sie auch direkt sehen, wann sie danach wieder sinnvoll einsteigen können.)
Offene Reflexion im Barcamp Stil
Wie du auf dem obigen Flipchart-Foto siehst, hatte ich die am höchsten priorisierte Cluster in zwei Slots mit je 5 Themen parallel eingeordnet. Jede Session hatte eine Nummer, die sich auf die Kartencluster unserer am Vormittag erarbeiteten Pinnwand bezog.
Die Orte der Session waren einfach die bereits am Vormittag verwendeten Tischinseln im Raum, die ich mit dem entsprechenden Buchstabe markiert hatte.

Anders als bei einem klassischen Barcamp, wo es in jeder Session einfach 45 Minuten offene Diskussionszeit gibt, splittete ich diese Zeit in 30 Minuten und 15 Minuten. Die 30 Minuten wurde anhand der ‚Wie können wir …?‘-Fragen des jeweiligen Clusters diskutiert. Optional gab es außerdem Kreativitätsbooster-Karten mit typischen Kreativitätsmethoden, um ins kreative Denken zu kommen. Außerdem gab es die Einladung auf einem Flipchart mit zu dokumentieren. Die nächsten 15 Minuten wurden dann genutzt, um aus der Diskussion Aspekte abzuleiten, die man neu beginnen wollte, die man beenden wollte und die man fortsetzen wollte.

Ich fand diese Kombination aus offener Diskussion und Hinarbeitung auf eine gemeinsame Sammlung sehr zielführend.
Walk & Talk
Nach den beiden (sehr intensiven) Sessions war es Zeit, den Kopf ein bisschen freizubekommen. Das erfolgte in Form eines Walk & Talk mit Retrospektiven-Fragen, die dazu einluden, die bisherigen Reflexionen und die eigene Positionierung dazu Revue passieren zu lassen.
Die ver.di Bildungsstätte Berlin liegt am Wannsee und ist für solch einen Walk & Talk geradezu prädestiniert :-)

Abschluss im Plenum
Der Walk & Talk bereitete zugleich schon den anschließenden Abschluss im Plenum vor. Hier ging es darum, die bisherigen Reflexionen zusammenzuführen, dabei jeder einzelnen Person dabei helfen, ihre Rolle darin in den Blick zu nehmen und schließlich auch einen motivierenden Abschluss in der Gruppe zu schaffen.
Wir starteten dazu mit einem Troika Consulting. Während der Walk & Talk Zeit hatte ich den Raum bereits entsprechend vorbereitet, so dass die Teilnehmenden sich direkt in 3er-Gruppen zusammenfinden konnte.
Nacheinander konnte jede Person in den 3er-Gruppe ein Anliegen skizzieren, was ihr auf Basis der bisherigen Reflexion wichtig ist und wozu sie Rat sucht. Dann drehte sie sich weg, aber hörte zu, während die anderen beiden über ihr Anliegen beratschlagten. Dann war die nächste Person mit ihrem Anliegen an der Reihe und danach schließlich noch die dritte. Ich mag diese Methode sehr!
Im Anschluss an das Troika Consulting erhielt dann jede Person einen Din A4 Zettel mit 9 Feldern und sollte darauf in der ersten Zeile drei Ideen / Aspekte notieren, die sie (gegebenenfalls gemeinsam mit anderen) auf Basis der bisherigen Reflexionen angehen will. Dieser Zettel wurde dann weitergegeben und eine andere Person kommentierte die Idee in der zweiten Zeile. Nach einer erneuten Weitergabe kommentierte dann noch eine dritte Person. Danach ging der Zettel wieder zurück an die erste Person.
Der Erhalt der Kommentierungen zu den eigenen Ideen war ein erster Motivationsschub, da die Regel bei den Kommentierungen war, dass man mit ‚Ja, und …‘ oder mit ‚Ja, oder …‘, aber nicht mit ‚Nein, weil …‘ kommentieren sollte.
Um neben diesem individuellen Erlebnis auch noch einen motivierenden Gruppenabschluss des ersten Tages zu erreichen, gestalteten wir eine kollaborative ‚Honig-Dusche‘. Dazu stand die ganze Gruppe auf. Eine Person begann und teilte etwas, das die Gruppe ihrer Wahrnehmung nach gemeinsam geschafft hat und worüber sich alle gemeinsam freuen können. Dann setzte die Person sich hin. Wer nur das Gleiche sagen wollte, nahm mit Platz. Wer noch einen anderen Aspekt teilen wollte, blieb stehen. So ging es weiter bis alle saßen – und die Teilnehmenden als Gruppe motiviert und gestärkt für zukünftige Herausforderungen aus dem Tag gingen. 🙂
Teil 3: Wir arbeiten aus, wie es weiter geht!
Am nächsten Tag hatten wir nur noch 1,5 Stunden Zeit, was aber ausreichend war, um zum Abschluss noch in eine konkretere Planung zu kommen.
Ich ging dabei so vor, dass wir uns – nach einem Energizer zum Wachwerden – in Kleingruppen zusammen fanden. Auf Basis der Diskussionen am Vortag sollte nun jede Person eine möglichst konkrete Idee für nächste Schritte aufschreiben.
Jede Person nahm dann zunächst ihre Karte in die Hand und bewegte sich durch den Raum. Dabei suchte sie das Gespräch mit einer anderen Person. Beide stellten sich gegenseitig ihre Karten vor und waren dann herausgefordert insgesamt 7 Punkte zwischen den beiden Ideen aufzuteilen. Sie konnten also einer Idee alle 7 Punkte und der anderen 0 geben oder auch 3 und 4 Punkte für die beiden Ideen … Danach wurden Karten getauscht und weitere Bewertungen vorgenommen. Nach insgesamt 5 Runden wurden bei jeder Idee die Punkte zusammengezählt. Die 5 am höchsten bewerteten Ideen wurden dann noch in Kleingruppen weiter ausgearbeitet. Jede Person konnte sich dort einbringen, wo sie mit diskutieren wollte. Die Gruppenergebnisse wurden zum Abschluss noch in einem Elevator-Pitch vorgestellt.
Kleinigkeiten und Moderations-Hacks zwischendurch
Neben den oben ausführlich dargestellten Methoden und der grundsätzlichen Konzeption möchte ich noch gerne drei Kleinigkeiten und Moderations-Hacks teilen, die sich bei der Durchführung als sinnvoll erwiesen haben.
1. Time-Boxing mit ‚Erinnerungszettel‘
Bei Kreativitäts-Workshops ist ein konsequentes Timeboxing sehr entscheidend. Wenn nur eine klar begrenzte Zeit zur Diskussion zur Verfügung steht, kommt man deutlich schneller auf den Punkt und verliert sich nicht in Diskussionen. Als Moderatorin bedeutet das erstens, dass ich die zur Verfügung stehende Zeit am Anfang ankündigen muss. Zweitens hilft es, wenn ein paar Minuten vor dem Ende daran erinnert wird, dass man jetzt bald zum Schluss kommen muss.
Da ich ungern mit einem großen Timer verreise und wo möglich gerne auf einen Beamer verzichte, habe ich stattdessen früher oft eine moderierende ‚Zwischenansage‘ gemacht, was aber den Nachteil hat, dass es die Gruppen oft ganz aus ihrer Diskussion reißt. Mein ‚Hack‘ ist hier stattdessen eine handschriftliche Zettel-Erinnerung. Zum Beispiel kann ich 5 Minuten vor Ablauf der Zeit einmal durch den Raum laufen und allen Gruppen den untenstehenden Zettel zeigen. Die Gruppen werden dann nicht unterbrochen, aber wissen dennoch Bescheid.

2. ‚Offenes Flipchart‘ in der Ankommenszeit
Am Morgen des zweiten Tages habe ich ein ‚offenes Flipchart‘ in den Eingang gestellt. Darauf war die Einladung, sich einen bereits aufgemalten Blanko-Avatar zu wählen und daran weiter zu kritzeln, um die eigene Stimmung anzuzeigen. Ich habe das mit einem Avatar vorgemacht. Einige Menschen haben die Einladung angenommen und mitgekritzelt.
Ich mag solch ein ‚offenes Flipchart‘ zur Stimmungsabfrage aus mehreren Gründen:
- Es ist immer schön, wenn Menschen gemeinsam etwas Kritzeln können.
- Es entsteht für alle eine gemeinsam gestaltete Stimmungsanzeige.
- Es ermöglicht viele direkte Gespräche und ich weiß dann beim Start, was die Teilnehmenden bewegt.


3. Handschriftliche Walk&Talk Reflexionskarten
Gerade in KI-Zeiten lässt sich mit analoger Gestaltung sehr gut Wertschätzung zeigen. Ich mache das unter anderem durch handgeschriebene Reflexionsfragen für Walk & Talk Runden.
Neben der Wertschätzung der Teilnehmenden, die damit zum Ausdruck gebracht werden kann, finde ich dabei auch einen konzeptionellen Aspekt wichtig: Indem ich mich hinsetze und diese Karten selbst schreibe, durchdenke ich noch einmal meine Workshop-Konzeption und merke dabei, ob alles passt oder ob ich noch etwas ändern sollte.

Fazit
Für mich war das sicherlich nicht der letzte Workshop, den ich nach dem Kastanienbaum-Prinzip konzipiert und durchgeführt habe. Wenn du Ähnliches vorhast, dann wünsche ich dir dabei viel Erfolg!
Den Kolleg*innen bei ver.di danke ich herzlich für das entgegengebrachte Vertrauen und das damit verbundene Einlassen auf den Prozess sowie für zwei sehr intensive und zugleich sehr schöne Tage am Wannsee!
Beitrag weiternutzen und teilen
Dieser Beitrag steht unter der Lizenz CC BY 4.0 und kann somit gerne offen weitergenutzt und geteilt werden. Hier kannst du dir den Beitragslink und/oder den Lizenzhinweis kopieren. Wenn du den Beitragslink in das Suchfeld im Fediverse (z.B. bei Mastodon) eingibst, wird er dir dort angezeigt und du kannst ihn kommentieren.