3 Praxisbeispiele für aktives Online-Lernen

In diesem Blogbeitrag möchte ich drei Online-Lernangebote vorstellen, die ich in der letzten Zeit konzipiert und durchgeführt habe. Da sie für spezifische Lernzwecke und Zielgruppen gestaltet sind, werden sie sich wahrscheinlich nicht direkt übernehmen lassen. Gedacht sind sie vielmehr als Inspiration. Ich möchte damit zeigen, wie zeitgemäßes (weil aktives, kollaboratives und selbstgesteuertes) Lernen auch im Online-Kontext gut funktionieren kann. Im Gegenzug freue ich mich von anderen Beispielen guter Praxis zu erfahren (oder natürlich auch gerne von gescheiterten Versuchen, denn daraus lässt sich vielleicht sogar noch mehr lernen.)

Good Practice 1: Werkstatt zur Gestaltung interaktiver Online-Bildungsmaterialien mit H5P

Das erste Lernangebot war ein Einstieg in die Open Source Software H5P beim JFF (Institut für Medienpädagogik – Jugend, Film Fernsehen). Mir hat das Lernangebot sehr viel Spaß gemacht, so dass ich den Aufbau direkt danach twitterte:


Mit diesem Tweet ist das Lernangebot schon ganz gut beschrieben. Wichtig scheint mir vor allem die Flipped-Orientierung, für die ich diese Materialien vorbereitete. Es war den Teilnehmenden freigestellt, wann sie sich damit auseinandersetzten. Er stand bereits vor dem Workshop-Tag zur Verfügung – wir begannen aber auch am Workshop-Tag erst eine Stunde später. Auf diese Weise konnte der Input auch noch direkt an diesem Morgen angesehen werden.

Durch die Flipped-Orientierung kamen die Teilnehmenden schon direkt mit ersten Fragen und Ideen in die Videokonferenz. Wir hatten diese auch in einem Etherpad gesammelt. Nach der Beantwortung der Fragen teilten wir uns in BreakOut Räume auf, in denen jeweils eine praktische Idee verfolgt wurde (bzw.. in einem Raum auch einfach offenes Ausprobieren). Ich blieb im Hauptraum und stand hier für Fragen zur Verfügung. Nachmittags kamen wir nochmals alle zu einer abschließenden Präsentation der Ergebnisse zusammen.

Mein Fazit zu diesem Lernangebot ist: Gerade im Vergleich mit klassischen Einstiegswebinaren (in denen man über ein bisschen Ausprobieren meist nicht hinaus kommt), gelang es hier durch die Flipped Variante gleich sehr konkret einzusteigen und es sind schon an diesem Tag tolle Ergebnisse entstanden. Hilfreich war dafür sicherlich auch, dass in den Flipped Videos mit Beispielen aus dem Institut gearbeitet wurde. So war direkt greifbar, was man mit H5P ausgehend von der eigenen Lehrpraxis machen kann.

Good Practice 2: Community-Building und Vernetzung mit gemeinsamer Themensammlung

Das im folgenden beschriebene Lernangebot war für mich das erste Lernangebot, das ich rein mit dem Videokonferenztool Wonder durchgeführt habe. Bis dato hatte ich Wonder lediglich als Zwischen-Tool z.B. zur Vernetzung in der Mittagspause eingesetzt. Das Lernngebot fand im Rahmen des Netzkinder Online Mediencamp statt. Akteure, die zu Kinderwebseiten arbeiten oder diese nutzen waren eingeladen, sich auszutauschen und zu vernetzen. Gemeinsam sollten Themen gesammelt und fokussiert werden, die in einer nun anschließenden asynchronen Werkstatt-Phase in Kleingruppen weiter bearbeitet werden.

Wer Wonder noch nicht kennt: Es handelt sich dabei um ein Videokonferenztool, das von aktiven Teilnehmenden ausgeht und diesen die Möglichkeit gibt, ihren Avatar über den Bildschirm zu bewegen. Sobald sie dabei andere Avatare ‘anstupsen’, entsteht ein so genannter ‘Circle’, für den sich eine Videokonferenz öffnet. Weitere Teilnehmende können ihren Avatar ebenfalls in diesen Circle bewegen – und sind dann auch Teil der Videokonferenz. Ebenso können sie auch für sich bleiben oder einen anderen Circle beginnen. Die Circles können jederzeit wieder verlassen, umgebildet und neue begonnen werden. Am besten lassen sie sich somit wahrscheinlich als selbstorganisierte und zeitlich nicht festgelegte BreakOut Räume bezeichnen. Als Host des Raumes hat man die Möglichkeit zum Broadcasten. Das bedeutet, dass man das eigene Video anstellt, damit alle anderen Gespräche unterbricht und Teilnehmenden auf diese Weise eine Mitteilung machen kann.

Ich habe Wonder in Kombination mit einer Mentimeter-Umfrage genutzt. Diese war im Presenter-Mode eingestellt, d.h. dass ich entscheiden konnte, wann Teilnehmende welche Folie sehen. Auf diese Weise konnte ich die Diskussionen strukturieren und jeweils eine Aufgabe oder Leitfrage vorgeben. Die Ergebnisse der Diskussionen konnten direkt in das Menti eingegeben werden. Per Broadcast habe ich mich jeweils zu Wort gemeldet, wenn ich zur nächsten Folie wechselte. Damit alle den Menti-Code zur Verfügung hatten und Menti z.B. auch über ihr Smartphone nutzen konnten während sie mit dem Laptop/ Rechner bei Wonder waren, habe ich ihn als QR-Cde auf das Hintergrundbild in Wonder eingefügt – und außerdem natürlich den Link im Chat geteilt.

Inhaltlich orientierten sich die Fragen der Mentimeter-Umfrage am ersten Teil eines Design Thinking Prozesses: zunächst ein eher offenes Brainbstorming – anschließend der Versuch einer Fokussierung. Zusätzlich konnte ich über Menti und Broadcast auch Aufgaben ohne Dokumentation (z.B. ‘Stellt Euch gegenseitig vor’ oder ‘Jetzt ist Kaffeepause’) weitergeben. Den Aufbau und die gesammelten Inhalte siehst Du hier in den Ergebnissen.

Mein Fazit zu diesem Lernangebot ist: Mir gefällt daran vor allem die Kombination von maximalem Austausch in Verbindung mit Dokumentation über Mentimeter (was niederschwellig genug war, dass die TN es nutzten) und einer Design Thinking-orientierten schnellen zeitlichen Taktung, um möglichst offen zu brainstormen. In Zukunft würde ich noch mehr Zeit für das Ankommen und technische Erkunden einplanen. Einige Teilnehmende hatten hier zu Beginn Schwierigkeiten – und konnten z.B. keine Circles bilden und/ oder Audio nicht aktivieren. Bei mindestens einer Teilnehmerin war mein Ton beim Broadcasten nicht hörbar. Es bietet sich somit an, die Broadcast-Inhalte auch in Kurzform für den Chat vorzubereiten und auch hier zu teilen.

Good Practice 3: OER Remix Training

Die NGO ‘Gemeinsam für Afrika’ hat in den letzten Monaten mehrere OER erstellt. Ihr Ziel war es nun, Lehrende dabei zu unterstützen, diese oder auch andere OER zum Globalen Lernen im Unterricht zu nutzen und hierfür bei Bedarf auch anpassen zu können. Zielgruppe des hierfür geplanten Lernangebots waren Lehrkräfte und Akteure aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, die OER noch wenig bis gar nicht kannten und auch mit den verwendeten Tools zur Erstellung (H5P und CodiMD) wahrscheinlich keine Erfahrung hatten.

Einen ersten Durchlauf des Lernangebots hatten wir synchron mit direktem Input gestaltet. Vor allem, weil dieser Input hier sehr viel war, haben sich alle meine Bedenken, die ich zu klassisch und rein synchron gestalteten Einstiegs-Webinaren hier aufgeschrieben habe, bestätigt: die Teilnehmenden waren entweder überfordert oder langweilten sich – und viele bemängelten, dass der Austausch auf der Strecke blieb. Beim zweiten Durchlauf gestalteten wir das Lernangebot deshalb grundlegend um. Der Fokus lag nun auf Flipped-Input und Austausch.

Teilnehmende erhielten bereits einige Tage vorab diesen Link zu niederschwellig nutzbaren Flipped-Materialien, die sie Schritt für Schritt durch den Einstieg begleiteten. Sie konnten sich bereits vor dem eigentlichen Workshop-Tag mit den Materialien auseinandersetzen – oder auch am Morgen. Per Mail erhielten sie zum Start noch einmal eine Erinnerung, dass es erst 1,5 Stunden später mit der Videokonferenz losgeht, als im Programm angegeben und dass sie den ersten Teil selbstorganisiert gestalten. Für Fragen erhielten sie Kontaktmailadressen und Telefonnummern. Davon wurde aber kein Gebrauch gemacht.

Der bereitgestellte Flipped-Input war mit einer abschließenden Aufgabe verbunden: erstens ging es um Vorstellung und Fragesammlung über eine Mentimeter-Umfrage. Zweitens wurde eine Bingo-Karte mit Teilnehmenden geteilt, über die ein Kennenlern-Bingo durchgeführt wurde, wie hier beschrieben.

Diese Elemente waren dann Grunlage für eine anschließende gemeinsame Videokonferenz. Als als Videokonferenztool haben wir BigBlueButton über Senfcall genutzt. Durch den spielerischen Einstieg über das Bingo und die dann gezeigte Menti-Präsentation, war der Einstieg und das Kennenlernen sehr schnell und aufgelockert. Im nächsten Schritt beantwortete ich dann die über Menti gesammelten Fragen.

An diesen gemeinsamen Teil schloss sich eine Praxisphase an. Wir wechselten dazu in das oben vorgestellte Tool Wonder, um Teilnehmenden die Möglichkeit zu bieten, sich selbstbestimmt zusammenzufinden und an ihren Themen und Projekten arbeiten zu können. Beim Eintritt in Wonder wurden sie nach ihrem Vorhaben in der Praxisphase gefragt. Die Antworten werden anderen TN angezeigt – und unterstützten dabei, sich einfacher zu finden. Ich war ebenfalls in Wonder vertreten – und man konnte mich leicht bei Unterstützungsbedarf in einen Circle hinzuziehen.

Zum Abschluss kamen wir nochmals in BigBlueButton zusammen für eine abschließende Feedback- und Evaluationsrunde.

Mein Fazit zu diesem Lernangebot ist: Ich mochte den vielfältigen und abwechslungsreichen Aufbau mit Selbstlernen, gemeinsamer Konferenz, Austausch und Abschluss sehr. Leider war die TN-Zahl aufgrund kurzfristiger Absagen etwas zu niedrig, so dass im Praxisteil nur wenig Verbindungen entstanden. Wahrscheinlich würde der Aufbau mit mehr TN (ca. 40 Personen) besser funktionieren, Wie auch bei anderen Flipped-Angeboten hat es sich ausgezahlt, die Videos spezifisch für dieses Lernangebot aufzunehmen – und so den Remix an den konkreten OER der Organisation vorzuführen. Außerdem war es hilfreich, dass die TN die Links zu den unterschiedlich genutzten Videokonferenzräumen und die Zeiten jeweils per Mail mitgeteilt bekamen und wir so niemanden verloren.

Deine Erfahrungen?

Ich freue mich, von weiteren Erfahrungen mit der Konzeption von Online-Lernangeboten zu lesen. Per Mail, in den Kommentaren oder auf Twitter. Über diese Kanäle erreichst Du mich auch, wenn Du Lust hast, ein solches oder ähnliches Lernangebot in Deiner Organisation und zu Deinen Themen durchzuführen :-)


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