Für ein Lernangebot habe ich drei Impulse zu Lerngestaltung im digitalen Wandel vorbereitet. Zum Weiterdenken habe ich für jeden Impuls drei prägnante Thesen formuliert. Veröffentlicht habe ich diese über das Online-Arbeitsmaterial für die Teilnehmenden. Ich übertrage die Thesen im Folgenden auch in meinen Blog.
1. Lernen und Digitalität
These 1: Bildungsinstitutionen reagieren auf neue Herausforderungen oft mit Abwehr, mit Anpassung oder mit Einverleibung der Veränderungen ins bestehende System. Alles drei sind keine guten Lösungen. Besser wäre es, neue Herausforderung nicht als Überforderung betrachten, sondern als Überfluss zu reframen und somit gestaltend zu handeln.
These 2: Wer gestaltend handeln will, braucht Klarheit über das Warum. Aus der Erkenntnis, dass Gestaltung in einer sich schnell verändernden Welt notwendig ist, ergibt sich der Nordstern, dass Bildung zur Gestaltung guter Zukünfte befähigen muss. Gestaltungsfähigkeit wird somit selbst zum Nordstern pädagogischen Handelns.
These 3: Das Wie des pädagogischen Handelns mit dem Nordstern der Gestaltungsfähigkeit im Blick braucht drei Säulen: Growth Mindset (= Menschen stärken und herausfordern), kollektive Wirksamkeit (= Menschen verbinden und gemeinsam handlungsfähig machen) und Resilienz (= Menschen widerständig machen). Digitalisierung wirkt hier widersprüchlich und verstärkend. Eine Shruggie-Haltung hilft uns, innerhalb von Widersprüchen zu gestalten. ¯\_(ツ)_/¯
2. KI im Kontext der Bildung
These 1: Die Technologie, die wir aktuell gesellschaftlich als ‚Künstliche Intelligenz‘ bezeichnen, basiert zu großen Teilen auf Mustererkennung in riesigen Datenmengen, aus denen mithilfe komplexer Wahrscheinlichkeitsberechnungen passender Output generiert wird. Auf diese Weise haben wir Menschen Maschinen entwickelt, mit denen wir menschenähnlich kommunizieren können, die aber nicht im menschlichen Sinne Inhalte erzeugen, sondern konfabulieren.
These 2: Eine intuitive KI-Nutzung, die große Sprachmodelle als Antwortmaschinen nutzt, lässt uns passiv konsumieren anstatt zu gestalten und programmiert uns mehr, als dass wir lernen. Anstatt uns mit solch einem ‚Rundum-Sorglos‘-Paket zufrieden zu geben und damit weder in eine gestaltende Position kommen, noch das eigentliche Potential dieser Technologie auszuschöpfen, sollten wir uns der Herausforderung einer kontra-intuitiven KI-Nutzung stellen. Wir ordnen große Sprachmodelle dann als Resonanzmaschinen ein, die uns herausfordern, unsere Perspektive erweitern und Impulse zum Weiterdenken liefern.
These 3: KI-Kompetenz ist weniger Zukunftsvorbereitung, sondern mehr Teil von ‚radikaler Gegenwart‘. Mithilfe von proaktiver Transparenz und damit verbundener Reflexion ermöglichen wir eine gestaltende und lernende Herangehensweise. Hierzu gehört auch ein gestaltender Blick auf die Technologie selbst. Denn sie ist nicht nur ein Werkzeug, sondern mit ökonomischen und politischen Machtinteressen verwoben und benötigt massive Infrastrukturen und Ressourcen, was uns vor die Herausforderung einer gemeinwohlorientierten, demokratischen und nachhaltigen Gestaltung stellt.
3. Methodischer Transfer
These 1: In Fortbildungen entsteht mindestens so viel aus dem ‚Wie?‘ der Gestaltung wie aus dem ‚Was?‘ der Inhalte. Dabei sind herausfordernde, freiwillige Angebote wirkungsvoller als verordnete Wissensweitergabe. Denn Lernen lässt sich nicht kontrollieren und Erkenntnis nicht transferieren. Ein Schlüssel kann sein, konkrete Anfragen mit formulierten ‚Fortbildungsbedarfen‘ nicht einfach abzuarbeiten, sondern als Einladung zu verstehen, gemeinsam die dahinter liegenden Bedürfnisse zu reflektieren und zu bearbeiten.
These 2: Digitalisierung ist im Kontext der Schulentwicklung nicht nur eine pädagogische Herausforderung, sondern auch ein Lerngegenstand. Pädagogik und Technik stehen dabei nicht in Hierarchie, sondern in wechselseitiger Beziehung: Technologisches Wissen und Reflexion befördern klügeres pädagogisches Handeln im Kontext von Digitalisierung und Digitalität. Zugleich bringt pädagogisches Handeln lernförderliche technologische Gestaltung voran und befähigt zu gemeinwohlorientierter Digitalisierung.
These 3: Mit ‚Knisterfragen‘ lässt sich Resonanz erzeugen und ins Gestalten kommen:
Wie geht es mir/uns? (= öffnet einen Gestaltungsraum), Wer hat dazu schon etwas gemacht? (= greift Bestehendes auf und ermöglicht innerhalb der Gruppe unter anderem mit dem Barcamp-Prinzip, Schätze zu heben), Ist das definitiv und unmissverständlich verboten? (= ermutigt zum Handeln in Graubereichen), Was brauchen wir nicht mehr? (= schafft Freiraum), Was wäre ein konkreter erster Schritt? (= bringt ins Handeln).
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